Missbrauchsskandal im Erzbistum München und Freising: Staats­an­walt­schaft stellt Ermitt­lungen ein

21.03.2023

Die Staatsanwaltschaft München I hat die Ermittlungen im Missbrauchsskandal im Erzbistum München und Freising abgeschlossen. Unter anderem wurde gegen den emeritierten Papst Benedikt ermittelt. Zu einer Anklage kommt es aber nicht. 

Im Missbrauchsskandal des Erzbistums München und Freising wird es keine Anklage gegen kirchliche Personalverantwortliche wegen des Verdachts der Beihilfe zu Missbrauchstaten geben. Die Staatsanwaltschaft München I hat am Dienstag bekannt gegeben, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind. Da die Ermittlungen jeweils keinen hinreichenden Verdacht strafbarer Handlungen ergaben, seien die Ermittlungsverfahren sukzessive gem. § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden.

Im Zusammenhang mit dem im Januar 2022 vorgestellten Missbrauchsgutachten hatte die Behörde mehr als 40 Fälle von mutmaßlichem Fehlverhalten kirchlicher Verantwortungsträger geprüft. Im Februar waren auch Räume des Erzbistums durchsucht worden. Die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), die das Gutachten im Auftrag des Bistums verfasste, hatte der Staatsanwaltschaft bereits im August 2021 die Unterlagen zur Verfügung gestellt. 

Die Staatsanwaltschaft München hatte den inzwischen verstorbenen Papst Benedikt XVI. zeitweise als Beschuldigten geführt. "Drei (damals) noch lebende kirchliche Personalverantwortliche" seien während der Ermittlungen "als Beschuldigte eingetragen" worden, hieß es. Neben dem emeritierten Papst Benedikt, der als Kardinal Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war, waren das noch sein Nachfolger Kardinal Friedrich Wetter sowie der ehemalige Generalvikar Gerhard Gruber.

Kein hinreichender Tatverdacht wegen Beihilfe zum Missbrauch

Alle Verfahren seien allerdings nach und nach eingestellt worden. Geprüft wurde laut Angaben der Staatsanwaltschaft insbesondere, ob ein kirchlicher Verantwortungsträger durch eine Personalentscheidung Beihilfe zu einer später begangenen, noch nicht verjährten Missbrauchstat eines Priesters geleistet haben könnte. Die Priester, die als Haupttäter in Betracht kommen, sind mittlerweile allesamt verstorben. 

Laut Staatsanwaltschaft war das Vorliegen einer solchen noch nicht verjährten Haupttat in sechs Fällen zunächst nicht auszuschließen. In fünf der Verfahren kamen die Ermittler jedoch zu dem Ergebnis, dass entweder keine beihilfefähige Haupttat nachweisbar war oder eine solche jedenfalls wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr verfolgbar wäre. In zwei der fünf Verfahren war auch Ratzinger unter den Beschuldigten.

In einem sechsten Verfahren ergab sich für die Ermittlungen hingegen der Verdacht zweier noch nicht verjährter Haupttaten. Daraufhin wurde den Angaben zufolge geprüft, ob einem Personalverantwortlichen in objektiver und subjektiver Hinsicht eine Beihilfe zu diesen Missbrauchstaten anzulasten ist. In Betracht kamen hier Kardinal Wetter und Generalvikar Gruber. Letztlich hätten sich aber keine Nachweise für ein strafbares Handeln der beiden Kirchenvertreter ergeben, hieß es. "Dass Kardinal Wetter bereits vorher von Missbrauchsvorwürfen Kenntnis hatte und den Priester gleichwohl im Dienst beließ, ist nicht feststellbar. Bei Generalvikar Gruber, der zum Zeitpunkt der erneuten Missbrauchstaten bereits seit rund zehn Jahren nicht mehr im Amt war, ist nicht feststellbar, dass er zu dem weit später erfolgenden sexuellen Missbrauch vorsätzlich beigetragen hat", so die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung.   

Das Missbrauchsgutachten hatte vor allem wegen der Rolle von Kardinal Ratzinger Schlagzeilen gemacht. Kritiker werfen ihm vor, als Erzbischof und später als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom nicht entschieden gegen Missbrauchstäter in der Kirche vorgegangen zu sein und den Schutz der Institution Kirche über den Opferschutz gestellt zu haben.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Missbrauchsskandal im Erzbistum München und Freising: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein . In: Legal Tribune Online, 21.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51364/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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