Die gesetzlich angeordnete Verzinsung von Geldbußen, die eine Kartellbehörde festgesetzt hat, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies hat das BVerfG in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschieden.
Gemäß § 81 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sind seit 2005 Geldbußen wegen Kartellordnungswidrigkeiten in bestimmten Fällen zu verzinsen. Die Zinsverpflichtung betrifft nur Geldbußen, die gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen in einem Bußgeldbescheid der Kartellbehörde festgesetzt worden sind. Der jährliche Zinssatz beträgt - entsprechend der Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Verzugszinsen - fünf Prozentpunkte über dem jeweils gültigen Basiszinssatz.
Diese Regelung verstößt nach Auffassung des Ersten Senats des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Beschl. v. 19.12.2012, Az. 1 BvL 18/11). Es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber von einer Erstreckung der Verzinsungspflicht auf natürliche Personen mit beziehungsweise ohne Unternehmenseigenschaft abgesehen hat.
Die Gefahr, dass Einsprüche zur Erzielung finanzieller Vorteile durch Verfahrensverzögerung rechtsmissbräuchlich eingelegt werden, halte der Gesetzgeber bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen für besonders groß und wolle ihr entgegenwirken. Diese Einschätzung sei nachvollziehbar und bewege sich im Rahmen seines Prognosespielraums, weshalb der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht verletzt sei.
Kein Verstoß gegen Garantie auf effektiven Rechtsschutz
Auch die Garantie auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) sei gewahrt. Mit der Verzinsungspflicht für Kartellgeldbußen verfolge der Gesetzgeber das Ziel, Unternehmen von Einsprüchen gegen Kartellbußgeldbescheide abzuhalten. Die Garantie auf effektiven Rechtsschutz werde zwar insoweit berührt, als dass sich - bei zunächst ernsthaft mit dem Ziel einer gerichtlichen Sachentscheidung eingelegtem Einspruch - für das betroffene Unternehmen nachträglich ein berechtigtes Interesse an der Rücknahme ergeben kann. Eine unzumutbare rechtsschutzhemmende Wirkung sei damit jedoch nicht verbunden. Die Betroffenen können die Größenordnung der möglicherweise anfallenden Zinsen hinreichend im Voraus überschauen.
Der Entscheidung zugrunde lag ein Antrag eines Versicherungsunternehmens in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Gegen einen Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts vom 17. März 2005 über insgesamt 6,4 Millionen Euro wegen vorsätzlicher Verstöße gegen das Kartellverbot (§ 1 GWB) legte es Einspruch ein. Im Jahr 2011 forderte das Bundeskartellamt die Antragstellerin auf, weitere rund 1,77 Millionen Euro als Zinsen auf die Geldbuße zu zahlen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin an das Oberlandesgericht Düsseldorf. Dieses hat das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 81 Abs. 6 GWB zur Entscheidung vorgelegt.
plö/LTO-Redaktion
BVerfG zum Kartellrecht: . In: Legal Tribune Online, 22.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8013 (abgerufen am: 14.12.2024 )
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