Druckversion
Samstag, 17.05.2025, 22:39 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/eugh-schrems-facebook-generalanwalt-verletzung-grundrechte-datenschutz
Fenster schließen
Artikel drucken
16980

Facebook-Streit: Kritische Schlussanträge des Generalanwalts: USA sind kein "sicherer Hafen" für Daten

23.09.2015

Serverraum in den USA (Symbolbild)

© Sashkin - Fotolia.com

Die irische Datenschutzbehörde darf die Übermittlung von Facebook-Nutzerdaten in die USA untersagen. Die entgegenstehende "Safe-Harbour"-Entscheidung der EU-Kommission, auf welche die Iren sich beriefen, hält Generalanwalt Yves Bot für ungültig.

Anzeige

Es ist kein kleiner Etappensieg für Max Schrems, der den Umgang von Facebook mit Nutzerdaten seit Jahren öffentlich kritisert und vor die Gerichte bringt. Yves Bot, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgt in seinen heute veröffentlichten Schlussanträgen Schrems' Ansicht,  dass die sogenannte Safe-Harbor-Entscheidung der EU-Kommission die irische Datenschutzbehörde nicht daran hindert, die Übermittlung der Daten europäischer Nutzer von Facebook an Server in den Vereinigten Staaten auszusetzen (Schlussanträge vom 23.09.2015, Az. C-362/14).

Die Daten von europäischen Facebook-Nutzern werden von der irischen Tochtergesellschaft des sozialen Netzwerks auf Server in den USA übermittelt. Gegen diese Praxis legte Schrems bei der irischen Datenschutzbehörde Beschwerde ein. Das Recht und die Praxis in den USA böten in Anbetracht der von Edward Snowden enthüllten Tätigkeiten der Nachrichtendienste keinen tragfähigen Schutz gegen den Zugriff etwa durch dortige Geheimdienste; europäische Nutzerdaten dürften daher gar nicht erst auf die amerikanischen Facebook-Server übertragen werden. Die irische Behörde wies die Beschwerde unter anderem mit der Begründung zurück, dass die EU-Kommission im Jahr 2000 das Datenschutz-Niveau der Vereinigten Staaten als angemessen ("sicherer Hafen") eingestuft habe. Schließlich legte der irische High Court dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob diese Entscheidung die nationale Behörde binde.

Kommissionsentscheidung beseitigt nationale Befugnisse nicht

Die Entscheidung der Kommission beruht auf der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten (Rl. 95/46/EG). Sie erlaubt deren Übermittlung in ein Drittland nur dann, wenn dieses ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet. Dass das der Fall ist, kann die Kommission nach der Richtlinie feststellen.

Für die USA tat sie das im Jahr 2000 (2000/520/EG). Europäische Unternehmen, die Daten in die Vereinigten Staaten übermitteln wollen, können dies seitdem tun, indem sie zuvor eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Safe-Harbor-Grundsätze abgeben. Facebook Inc., die ihren Sitz in den USA hat, ist seit dem 5. Oktober 2007 auf der offiziellen Safe-Harbor-Liste der USA zu finden.

Generalanwalt Yves Bot hält die safe-harbor-Entscheidung der Komission jedoch für nicht bindend und sogar für ungültig. Sie könne die Befugnisse der nationalen Kontrollstellen nach der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten weder beseitigen noch verringern, so Bot am Dienstag in Luxemburg. Die irische Datenschutzbehörde könne also unabhängig von der Teilhabe Facebooks am safe-harbor-Status Maßnahmen ergreifen.

Die Eingriffsbefugnisse der nationalen Kontrollstellen müssten angesichts der Bedeutung ihrer Rolle im Bereich des Datenschutzes unangetastet bleiben, findet der Generalanwalt. Wären die nationalen Kontrollstellen durch die Entscheidungen der Kommission vollends gebunden, würde dies unweigerlich die ihnen nach der Richtlinie zustehende völlige Unabhängigkeit einschränken. Ist eine nationale Kontrollbehörde der Ansicht, dass eine Datenübermittlung den Schutz der Unionsbürger in Bezug auf die Verarbeitung ihrer Daten beeinträchtigt, darf sie die Datenübermittlung aussetzen, und zwar unabhängig von der allgemeinen Bewertung durch die Kommission.

Seite 1/2
  • Seite 1:

    Safe Harbor beseitigt nationale Befugnisse nicht

  • Seite 2:

    Mitten in den Verhandlungen mit den USA: "kein sicherer Hafen"

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Facebook-Streit: Kritische Schlussanträge des Generalanwalts: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16980 (abgerufen am: 18.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Europa- und Völkerrecht
    • Datenschutz
    • EuGH
    • Facebook
    • Google
    • Grundrechte
    • Rechtsschutz
  • Gerichte
    • Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Die U2 der Berliner Verkehrsbetriebe 15.05.2025
Datenschutz

Cyberangriff auf Dienstleister der Berliner Verkehrsbetriebe:

Bekommen 180.000 Ber­liner U-Bahn-Kunden Scha­dens­er­satz?

Bei einem Hackerangriff haben Unbekannte persönliche Daten von rund 180.000 Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe BVG erbeutet. Die Berliner Datenschutzbeauftragte ist alarmiert. Betroffene könnten Anspruch auf Schadensersatz haben.

Artikel lesen
OpenJur-Anwälte Dr. Mina Kianfar und Dr. Lukas Mezger von der Kanzlei Unverzagt 12.05.2025
Datenschutz

LG Hamburg zur Rechsprechungsdatenbank:

OpenJur haftet nicht für Fehler der Ber­liner Justiz

Wegen der Veröffentlichung eines nicht anonymisierten Beschlusses verklagte ein Anwalt OpenJur. Das LG Hamburg wies die Klage ab. Für den Gerichtsfehler hafte OpenJur weder nach DSGVO noch BGB. Der Betrieb dieser Datenbank sei Journalismus.

Artikel lesen
Personalverwaltungssoftware "Workday" 08.05.2025
Datenschutz

BAG zu DSGVO-Verletzung nach Betriebsvereinbarung:

Scha­dens­er­satz nach Kon­troll­ver­lust von Daten über "Workday"

Ein Unternehmen nutzt Echtdaten, um eine neue Software zu testen – und übermittelt dabei deutlich mehr Informationen als vereinbart. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Betriebsvereinbarungen sind kein Persilschein für Datenschutzverstöße.

Artikel lesen
Internetauftritt von Check24 08.05.2025
EuGH

EuGH zu Vergleichsportalen und vergleichender Werbung:

Check24 darf vor­erst eigene Noten ver­geben

Darf ein Vergleichsportal wie Check24 Versicherungen mit Noten bewerten, ohne dass dies als Werbung gilt? Der EuGH sagt: Ja – solange das Portal keine eigenen Versicherungen anbietet und damit kein Mitbewerber ist.

Artikel lesen
Eine nachdenkliche Person betrachtet Dokumente, was die Ernsthaftigkeit von DSGVO-Schadenersatzansprüchen verdeutlicht. 05.05.2025
Hintergründe

BAG zu Schadensersatz nach DSGVO:

Sch­lechte Gefühls­lage reicht nicht

Neben Entschädigungsansprüchen nach dem AGG gibt es den Trend, etwa nach (provoziert) erfolglosen Bewerbungen oder Kündigungen Schadensersatz nach der DSGVO zu fordern. Wieder einmal richtet es das BAG.

Artikel lesen
Brust-OP 30.04.2025
Russland

EuGH zu EU-Sanktionen:

Bar­geld­verbot für Russ­land gilt auch für Brust-OPs

Bei Reisen nach Russland darf aufgrund der Sanktionen nur Bargeld in Höhe der Reise- und Aufenthaltskosten mitgeführt werden. Die Kosten einer medizinischen Behandlung sind davon nicht umfasst, so der EuGH.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Bird & Bird LLP
Pa­ten­t­an­walt (m/w/d) In­tel­lec­tual Pro­per­ty

Bird & Bird LLP , Mün­chen

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für al­le Rechts­be­rei­che

FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG , Ham­burg

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Rechts­an­walt (w/m/d) für Fi­nan­cial Li­nes

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Dort­mund

Logo von European XFEL GmbH
La­wy­er (f/m/d)

European XFEL GmbH , Sche­ne­feld

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Arbeitszeit im Fokus

19.05.2025

Karriere-Powerworkshops "Erfolgsfaktor Personal Branding"

20.05.2025

Juristinnen netzwerken ... - After Work live in Köln

22.05.2025, Köln

Rechnungslegung in der Non-Profit-Organisation

20.05.2025

Online Info Session Jurastudium (LL.B., EjP)

21.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH