Im sogenannten Allgäuer Islamistenprozess hat der BGH das Urteil des LG München I bestätigt und eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 89a StGB verneint. Die Frau habe sich in Syrien nur zur Selbstverteidigung ausbilden lassen, so der 3. Senat.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat damit die Revision der Staatsanwaltschaft abgewiesen. Die Ermittlungsbehörde hatte beanstandet, dass die Angeklagte in der Vorinstanz vom Landgericht (LG) München I nicht wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Strafgesetzbuch (StGB) verurteilt worden war. Der 3. Strafsenat aber bestätigte das Münchener Urteil am Dienstag (Urt. v. 27.10.2015, Az. 3 StR 218/15).
Nach den Feststellungen das LG hatte die im Allgäu wohnhafte Angeklagte Anfang 2014 den Entschluss gefasst, mit ihren beiden minderjährigen Töchtern nach Syrien zu reisen, um sich der Jabhat al-Nusra anzuschließen, einer Gruppierung, die der Al Quaida zugerechnet wird. Den Vater der Töchter informierte sie hierüber nicht. Die 2012 zum Islam konvertierte Frau ließ sich vor Ort im Umgang mit Schusswaffen unterweisen und war bereit, die zur Verfügung stehenden Waffen bei einem Angriff der syrischen Armee oder anderer gegnerischer Kämpfer gegen diese auch einzusetzen.
Angeklagte nur wegen Entziehung Minderjähriger verurteilt
Ihr Aufenthalt im Krisengebiet währte allerdings nicht lange. Nur wenige Monate später kehrte sie aufgrund der immer größer werdenden Gefahr nach Deutschland zurück. Die Staatsanwaltschaft klagte sie daraufhin wegen Entziehung Minderjähriger nach § 235 StGB und wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB an. Das LG München I verurteilte die Frau jedoch nur wegen des ersten Delikts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Strafbarkeit nach § 89a StGB sah das Gericht indes nicht.
Zu diesem Ergebnis kam nun auch der 3. Senat, der keine Rechtsfehler seitens der Münchener Kollegen ausmachen konnte. Zwar habe sich die Angeklagte entsprechend der Strafvorschrift im Umgang mit Schusswaffen unterweisen lassen. Doch sei das Tatbestandsmerkmal "zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" nicht erfüllt. Allein, dass die Frau mit einer terroristischen Vereinigung sympathisiert und sich ihr zeitweise angeschlossen habe, reiche nicht. Denn nicht jede gegen Leib oder Leben von auf Seiten des Staates kämpfenden Personen gerichtete Gewalthandlung erfülle die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel des § 89 Abs. 1 S. 2 StGB, so die Richter.
BGH verlangt zurückhaltende Anwendung des § 89a StGB
Die Angeklagte habe sich lediglich ausbilden lassen, um im Falle eines Angriffs Selbstverteidigung leisten zu können. An einer aktiven Kampfhandlung habe sie sich nicht beteiligt und dies auch nicht vorgehabt. Besonders ins Gewicht fiel, dass die Frau nach den Feststellungen des LG mit ihren Kindern mehrfach den Wohnort gewechselt habe, um nicht in Kämpfe verwickelt zu werden, führte der BGH aus.
Bei Handlungen, die in erster Linie allein der Verteidigung und dem Schutz des eigenen Lebens dienen, liege es regelmäßig fern, die Voraussetzungen des § 89a StGB zu bejahen, heißt es in der Entscheidung. Das folge aus dem Wortlaut der Strafnorm und ihrem Sinn und Zweck, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auf die Verfolgung terroristischer Einzeltäter ziele.
Darüber hinaus hat der BGH darauf hingewiesen, dass die in Rede stehende Strafnorm auf ausländische Sachverhalte nur zurückhaltende Anwendung finden sollte. Das gelte insbesondere für Krisenregionen, die wesentlich durch massive Gewalthandlungen der beteiligten Parteien geprägt seien.
una/LTO-Redaktion
BGH verneint strafbare Vorbereitungshandlung: . In: Legal Tribune Online, 27.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17338 (abgerufen am: 15.10.2024 )
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