Druckversion
Samstag, 30.09.2023, 14:48 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-mietvertrag-agb-autobatterie-elektro-fernabschaltung-unzulaessig-unangemessene-benachteiligung/
Fenster schließen
Artikel drucken
49995

Bundesgerichtshof: Kein Abschalten von Miet-Auto­bat­te­rien aus der Ferne

26.10.2022

Elektrofahrzeug wird geladen.

Die Interessen der Vermieter von Autobatterien seien schon ausreichend geschützt, meint der BGH. Foto: New Africa - stock.adobe.com

Mietvertrag gekündigt, Batterie tot: Genau das darf nicht passieren, meint nun der BGH. Vermieter von Batterien für Elektroautos dürften diese nach einer Vertragskündigung nicht ferngesteuert abstellen.

Anzeige

Vermieter von Batterien für Elektroautos dürfen diese nach einer Vertragskündigung nicht per digitalem Fernzugriff abschalten. Eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist unzulässig. Das entschied der unter anderem für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am Mittwoch (Urt. v. 26.10.2022 – XII ZR 89/21).

In dem Urteil beschäftigte sich der Senat mit den AGB der Bank des französischen Autoherstellers Renault, die Batterien für von ihren Kunden gekaufte oder geleaste Elektrofahrzeuge verkauft. Ein Verbraucherverein hatte gegen eine Klausel geklagt, die der Bank als Vermieterin die Möglichkeit einräumte, bei einem außerordentlichen Vertragsende nach vorheriger Ankündigung - womöglich in einem Zug mit der Kündigung - die Wiederauflademöglichkeit für die teuren Batterien zu sperren.

Nachdem die Vorinstanzen die Vermieterin zur Unterlassung einer Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern verurteilt hatten, bestätigte der BGH die Entscheidung im Ergebnis nun. Nach Ansicht des Gerichts stellt die streitgegenständliche Klausel eine einseitige Vertragsgestaltung dar, mit der die Vermieterin missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. 

Zwar liege es grundsätzlich im berechtigten Interesse des Vermieters, dass er nach wirksamer Beendigung des Mietvertrags die weitere Nutzung der Batterien unterbinden kann. Denn das mindere deren Ladekapazität - und somit ihren Wert.

Ungerechtfertigte Risikoabwälzung auf den Mieter

Auf der anderen Seite stehe aber das Interesse des Mieters, sich die weitere Vertragserfüllung zu sichern. Das sei jedenfalls dann berechtigt, wenn die Wirksamkeit der Kündigung zwischen den Vertragsparteien streitig ist ­- etwa wenn sich der Mieter auf eine Mietminderung oder ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln beruft.

Zudem sei die gesetzliche Risikoverteilung bei Mietverhältnissen zu berücksichtigen. Diese sei dadurch geprägt, dass der Vermieter aufgrund der Überlassung des Mietobjekts grundsätzlich das Risiko der nach Mietvertragsbeendigung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trage. Dagegen könne er sich durch die Vereinbarung einer Mietkaution absichern. Außerdem stehe ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB zu. Seine Interessen seien damit hinreichend geschützt.

Mit dem allein in der Macht des Vermieters liegenden Abschalten der Batterie sei das gesamte Auto nicht mehr nutzbar, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Dose. Dadurch, dass die Batterie herstellergebunden und mit dem E-Fahrzeug verknüpft sei, habe der Mieter auch keine zumutbare Möglichkeit, die gesperrte Batterie durch ein anderes Fabrikat zu ersetzen. Das könne etwa bei einem beruflich genutzten Fahrzeug zu einem Problem werden, könne aber auch die private Lebensführung erheblich einschränken. Eine solche Gestaltung lasse sich nicht durch das Interesse der Beklagten an der Sicherung gegen den mit der Abnutzung der Batterie nach Vertragsbeendigung verbundenen Vermögensschaden rechtfertigen.

pab/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

 

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Bundesgerichtshof: Kein Abschalten von Miet-Autobatterien aus der Ferne . In: Legal Tribune Online, 26.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49995/ (abgerufen am: 04.10.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Zivil- und Zivilverfahrensrecht
    • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
    • Auto
    • BGH
    • Mietvertrag
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
    • Oberlandesgericht Düsseldorf
    • Landgericht Düsseldorf
02.10.2023
Mietvertrag

Geplanter Wegfall der Schriftform bei Gewerbemieten:

Formlos ins Chaos?

Die Regierung hat ein Eckpunktepapier zu einem "Bürokratieentlastungsgesetz" beschlossen und angekündigt das Schriftformerfordernis für gewerbliche Mietverhältnisse zu streichen. Marc Alexander Häger und Caner Ertasoglu sehen das kritisch.

Artikel lesen
20.09.2023
Berufungsverfahren

BGH rügt LG München II:

Eine Beru­fung ist keine Revi­sion

Will der Eigentümer eines Grundstücks künftig selbst dort wohnen, kann er den Mietern kündigen. Bei der Frage, ob umstrittener Eigenbedarf wirklich vorliegt, darf es sich die Berufungsinstanz aber nicht zu leicht machen, so der BGH.

Artikel lesen
03.10.2023
Mord

Neues vom Planeten Sirius:

War "Fred vom Sirius" ein Seri­en­mörder?

Juristen kennen ihn alle aus dem Studium: Den Siriusfall. Jetzt deckt eine ARD-Recherche weitere mysteriöse Todesfälle im Umfeld des Täters auf. Entstanden ist eine unglaubliche Podcast- und Doku-Serie, meint Katharina Reisch.

Artikel lesen
02.10.2023
Justiz

Staatsanwaltschaft Hamburg am stärksten unter Druck:

30 Pro­zent mehr offene Ermitt­lungs­ver­fahren in zwei Jahren

Mehr Verfahren, komplexe Ermittlungen, Personalmangel. Bundesweit kämpfen die Staatsanwaltschaften gegen die stetig wachsenden Aktenberge, wie der Deutsche Richterbund berichtet. Nur Sachsen-Anhalt trotzt dem Trend.

Artikel lesen
01.10.2023
Meinung

Eine Frage an Thomas Fischer:

Hat sich Fried­rich Merz wegen Volks­ver­het­zung strafbar gemacht?

Nachdem Friedrich Merz eine Bevorzugung von Asylbewerbern bei der Zahnarztbehandlung behauptete, hat eine Abgeordnete der Partei Die LINKE öffentlichkeitswirksam Strafanzeige gegen den CDU-Vorsitzenden erstattet. Was ist da dran, Herr Fischer? 

Artikel lesen
01.10.2023
Mitbestimmung

Betriebliche Mitbestimmung:

USA und Papst versus "rotes Hessen"

Vor 75 Jahren erschien in Wiesbaden ein seltsam zensiertes Gesetzblatt: Auf den Weg gebracht wurde ein neues Betriebsrätegesetz, dem die US-Militärregierung jedoch seine radikaldemokratischen Zähne gezogen hatte.

Artikel lesen
TopJOBS
Se­nior Di­gi­tal Pro­duct Ma­na­ger - WKO (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Probe­rich­te­rin/Probe­rich­ter (w/m/d)

Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern , Schwe­rin

Rechts­re­fe­ren­da­re (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Voll­ju­ris­tin / Voll­ju­rist Grund­satz­an­ge­le­gen­hei­ten (m/w/d)

Robert Koch-Institut (RKI) , Ber­lin

Re­fe­ren­dar*in / Dok­to­rand*in (m/w/d)

Becker Büttner Held , Ham­burg

Wis­sen­schaft­li­che*r Mit­ar­bei­ter*in / Dok­to­rand*in (m/w/d)

Becker Büttner Held , Ham­burg

Rich­ter/in auf Pro­be (m/w/d)

Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt , Mag­de­burg

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Fachanwaltslehrgang Gewerblicher Rechtsschutz im Fernstudium/online

04.10.2023

Update Sozialpartnermodell (SPM) – Reine Beitragszusage vor dem Durchbruch in der Praxis?!

04.10.2023

BrownBags Metaverse: «Blockchain-Domain-Namen und Markenrechte im Metaverse»

04.10.2023

Übersichtlich organisiert -Termine / Fristen

04.10.2023

Das kleine 1×1 der künstlichen Intelligenz: Was Chat-GPT jetzt schon für mich tun kann!

04.10.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH