Die Online-Branche ist in Aufruhr: Das OLG München hat mit einem jüngst verkündeten Urteil das seit Jahren etablierte Double-Opt-In-Verfahren für rechtswidrig erklärt. Was der Verifizierung von E-Mail-Adressen dienen und unzulässige E-Mail-Werbung vermeiden soll, verstößt nach Auffassung der Münchner Richter selbst gegen das gesetzliche Spam-Verbot. Das letzte Wort muss das aber nicht sein, meint Markus Robak.
Das deutsche Recht setzt dem Direktmarketing enge Grenzen. Per E-Mail und Telefon dürfen Unternehmen nur werben, wenn der Adressat vorher ausdrücklich seine Einwilligung erteilt hat. Andernfalls verletzen bereits die erste E-Mail oder der erste Anruf den Betroffenen in dessen Persönlichkeits- bzw. Unternehmensrecht und verstoßen gleichzeitig gegen § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Etwas großzügiger ist das Gesetz noch beim Telefonmarketing gegenüber Unternehmen.
Für das Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung hat sich neudeutsch der Begriff "Opt-In" eingebürgert. Allenthalben werden Internetnutzer, sei es bei der Flugbuchung, sei es bei einem Gewinnspiel, mit vorformulierten Erklärungen wie "Ja, ich möchte gerne per Telefon und/oder E-Mail über neuste Angebote informiert werden" konfrontiert, verbunden mit der Bitte, die so genannte Checkbox anzuklicken und damit ihre Zustimmung zu erteilen.
Double-Opt-In: Checkmail ohne Werbung und finale Bestätigung
Soweit die Theorie. Die Praxis kämpft aber bereits mit den Tücken simpler Newsletter-Angebote auf Websites. Das Problem: Die einfache Eintragung einer E-Mail-Adresse in die Eingabemaske bietet keine Gewähr für Authentizität. So klagen Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen gegen die Belästigung durch Spam mit dem Argument, nicht sie selbst hätten ihre E-Mail-Adresse eingetragen.
Der Werbende bleibt meist den Beweis der Einwilligung schuldig und unterliegt. Es hilft auch nichts, wenn er sofort die Adresse aus seinem Verteiler löscht, denn bereits der erste Versand des Newsletters ist rechtswidrig.
Das Problem bekamen die Unternehmen jedoch recht schnell in den Griff. Um zu verifizieren, ob der Inhaber der angegebenen E-Mail-Adresse den Newsletter tatsächlich bestellt hat, wird seit einigen Jahren im sogenannten Double-Opt-In-Verfahren zunächst eine so genannte Check-Mail an diese Adresse versendet. Diese Nachricht enthält selbst noch keine Werbung, sondern fordert nur den Empfänger auf, einen Link anzuklicken und damit die Bestellung des Newsletters endgültig zu bestätigen.
Die Rechtsprechung wertet die Antwort auf diese Check-Mail als Einwilligungsnachweis, weil sie in der Regel nur vom Inhaber der E-Mail-Adresse stammen kann. Erfolgt dagegen keine Reaktion, muss der Newsletter-Versand an diese Adresse unterbleiben.
Die Rechtsprechung akzeptierte: Eine werbefreie Mail ist sozialadäquat
Der einmalige Versand der Check-Mail an einen unfreiwilligen Adressaten war schnell Gegenstand rechtlicher Bewertung – und hielt ihr stand. Mit Urteil vom 23. Januar 2007 brach das Landgericht Berlin eine Lanze für das Double-Opt-In-Verfahren. Die Belästigung durch den einmaligen Empfang einer nicht angeforderten Check-Mail müsse als sozialadäquat hingenommen werden (LG Berlin, Az. 15 O 346/06).
Bereits kurz zuvor hatte auch das Amtsgericht München die Check-Mail als zulässig angesehen (AG München, Urt. v. 30.11.2006, Az. 161 C 29330/06). Fortan forderte die Rechtsprechung einhellig den Nachweis wirksamer Einwilligungen durch Double-Opt-In und die Praxis freundete sich nach und nach immer besser mit diesem Verfahren an.
Die Rechtmäßigkeit der Check-Mail wurde seitdem nicht mehr in Frage gestellt, das Verfahren wird ganz weit überwiegend praktiziert.
OLG München zum Double-Opt-In-Verfahren: . In: Legal Tribune Online, 23.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7631 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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