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Grundsatzentscheidung vom OLG München: Wer darf Hand­tuch­spender befüllen?

von Antonetta Stephany

21.09.2021

Ein Kind zieht ein Papierhandtuch aus einem Papierhandtuchspender

(c) PixPartout/stock.adobe.com

Marken-Papierhandtuchspender dürfen auch mit fremden No-Name-Papierhandtüchern befüllt werden. Das entschied das OLG München. Die über 30 Jahre alte Grundsatzentscheidung zu Handtuchspendern des BGH ist damit überholt.

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Das Befüllen von Marken-Papierhandtuchspendern mit fremden Papierhandtüchern stellt keine Markenverletzung dar. Das entschied das Oberlandesgericht München (OLG) (Urt. v. 29.7.2021, Az. 2962/16), nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren an das OLG zurückverwiesen hatte (Urt. v. 17.10.2018, Az. I ZR 136/17).

Der Großhandel ZVN aus Lüneburg vertreibt neben anderen Produkten "von Papierhandtüchern bis Kassenrollen alle Produkte aus der Papierwelt", wie es auf der Webseite des Unternehmens heißt. Darunter auch Papierhandtücher, die laut Beschreibung auf der Webseite in Handtuchspender der Marke "Tork" passen.

Dagegen wandte sich das Unternehmen Tork vor Gericht. Es machte geltend, dass es eine Verletzung der eingetragenen Unionsmarke Tork sei, wenn Kundinnen und Kunden des ZVN Großhandels originale Tork-Handtuchspender mit den angebotenen nicht originalen Handtüchern befüllen würden. Außerdem dürfe der Großhandel in der Beschreibung auf der Webseite nicht den Markennamen Tork verwenden.

Auch Richterinnen und Richter benutzen Papierhandtücher

Im zweiten Punkt stimmte das Gericht dem klagenden Unternehmen Tork nun zu. Allerdings konnte der Senat keine Verletzung in der Befüllung eines Tork-Spenders mit No-Name-Handtüchern erkennen. Aus Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers – und dies konnte das Gericht selbst feststellen, da „seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören“ – sei die Bezeichnung auf dem Handtuchspender selbst unabhängig von dessen Inhalt.

Verbraucherinnen und Verbraucher seien heute an den Umstand gewöhnt, dass es viele "Grundgeräte gibt, deren Betrieb den Einsatz von Material erfordert, das nicht vom Hersteller des Grundgeräts stammt", heißt es in der Urteilsbegründung der Berufungsentscheidung des OLG. So könne man beispielsweise auch Kaffeekapseln von anderen Herstellern als dem der Kaffeemaschine kaufen und einfüllen. Es würde deshalb von normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucherinnen und -verbrauchern zwischen der Kennzeichnung des Geräts, das die Ware abgibt, und der Kennzeichnung der Ware selbst unterschieden. Daher konnte das OLG keine Verletzung der Marke Tork durch das Befüllen von Tork-Handtuchspendern mit Produkten anderer Hersteller erkennen.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision hatte jedoch Erfolg vor dem BGH. Dieser verwies die Sache an das OLG München zurück mit dem Hinweis, dass das OLG zwar von der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu Handtuchspendern auf Grundlage der tatsächlichen Verkehrsauffassung im Einzelfall abweichen könne. Allerdings greife der Vergleich mit der Kaffeekapselmaschine nicht, da Verbraucherinnen und Verbraucher Handtuchspender in der Regel nicht selbst befüllen würden. Das OLG passte seine Entscheidung daraufhin in diesem Punkt an. Es stellte fest, dass die durchschnittlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht von dem Behältnis auf den Inhalt schließen würden, da sie eine Vielzahl von verschiedenen Marken gewohnt seien und die Nachfülltücher keine eigene Markenkennzeichnung trugen. Es komme ihnen lediglich auf die Möglichkeit des kostenlosen Abtrocknen der Hände an und der Inhalt des Handtuchspenders im Verhältnis zum Spender selbst sei ihnen gleichgültig, da sie nichts mit der Befüllung zu tun hätten.*

Neue Bewertung der Verkehrsauffassung 

Das OLG wich damit auch nach der Revisionsentscheidung in seiner Bewertung der heutigen Verkehrsauffassung im Hinblick auf Papierhandtuchspender von der Verkehrsauffassung ab, die der BGH noch in seiner Grundsatzentscheidung vor über 30 Jahren zugrundegelegt hatte (Urt. v. 10.2.1987, Az. KZR 43/85 (Düsseldorf)). Damals wurden, so das Tatgericht im Fall vor dem BGH, Handtuchspender aus Sicht der Durchschnittsverbraucherinnen und -verbraucher als "Umhüllung der eingelegten Tücher" eingeordnet. "Die Benutzer verstünden die auf der Umhüllung angebrachten Warenzeichen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Handtücher", wurde aus dieser Annahme damals noch gefolgert. 

Die Entscheidung des OLG München hat laut der Kanzlei GvW Graf von Westphalen, die den Großhandel ZVN im Rechtsstreit vertrat, "hohe Bedeutung für den wirtschaftlich lukrativen 'Away-From-Home (AFH)'-Bereich", wie die Kanzlei in einer Mitteilung erklärte.

 

*Anm. d. Red., 21.9.2021, 16:52 Uhr, Präzisierung des Sachverhalts

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Grundsatzentscheidung vom OLG München: . In: Legal Tribune Online, 21.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46072 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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