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Umstrittene Urheberrechtsrichtlinie: EuGH-Gene­ral­an­walt hält Upload­filter für zulässig

15.07.2021

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Koukichi Takahashi - stock.adobe.com

Nach der umstrittenen EU-Urheberrechtsrichtlinie müssen Plattformbetreiber wie Youtube die von Nutzern hochgeladenen Inhalte überwachen und gegebenenfalls filtern. Laut EuGH-Generalanwalt ist dies zulässig. 

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Der stark umstrittene Art. 17 der EU-Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (EU-RL 2019/790 vom 17. April 2019 "Digital Single Market", kurz DSM-Richtlinie), ist nach Ansicht von Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit vereinbar. Dies geht aus seinen Schlussanträgen zur Rechtssache C-401/19 hervor, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag veröffentlichte. 

Art. 17 der Richtlinie sieht vor, dass große Plattformbetreiber wie Youtube und Facebook für die von Nutzern rechtswidrig hochgeladenen Inhalte grundsätzlich haften. Um einer Haftung zu entgehen, müssen die Plattformen entweder Lizenzverträge mit den Rechteinhabern abschließen, oder die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte aktiv überwachen. In vielen Fällen erfolgt diese Überwachung in Form einer Filterung, die mit Hilfe von Tools zur automatischen Inhaltserkennung ("Upload-Filter") durchgeführt wird. Polen sieht in der Regelung eine Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung der Informationsfreiheit und hat beim EuGH Klage auf Nichtigerklärung von Art. 17 erhoben. 

Gerfahr des "Overblockings"

Nach Auffassung des Generalanwalts greife die Regelung zwar in die Freiheit der Meinungsäußerung ein, genüge aber den Anforderungen der EU-Grundrechtecharta. Dem Unionsgesetzgeber stehe ein weites Ermessen zu, um die Freiheit der Meinungsäußerung und die Rechte der Inhaber des geistigen Eigentums miteinander in Einklang zu bringen, heißt es in den Schlussanträgen. 

Laut Generalanwalt berge Art. 17 gleichwohl die Gefahr des "Overblockings" zulässiger Informationen. Um Haftungsrisiken zu vermeiden, könnten Plattformen demnach dazu neigen, systematisch das Hochladen aller Inhalte zu verhindern, bei denen urheberrechtlich geschützte Werke wiedergegeben werden. Dies würde jedoch auch Inhalte mit einer zulässigen, etwa durch Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts gedeckten, Nutzung umfassen. Damit dies nicht passiert, müsse der Unionsgesetzgeber ausreichende Schutzvorkehrungen treffen, heißt es in den Schlussanträgen. 

Solche Vorkehrungen seien in Art. 17 jedoch getroffen worden, heißt es weiter. So dürften die Plattformen nicht präventiv alle urheberrechtlich geschützten Inhalte sperren. Außerdem habe der Unionsgesetzgeber betont, dass Art. 17 den Plattformen keine Pflicht zur allgemeinen Überwachung auferlegen darf. Laut Generalanwalt dürfen die Anbieter daher "nicht zu Schiedsrichtern der Online-Rechtmäßigkeit gemacht werden, die komplizierte Fragen des Urheberrechts entscheiden müssen". 

Plattformen dürfen nicht präventiv blocken

Vielmehr müssten die Plattformen nur solche Inhalte ausfindig machen, bei denen eine Urheberrechtsverletzung als "offenkundig" angesehen werden könne. In allen zweifelhaften Situationen dürfen die betreffenden Inhalte nicht präventiv gesperrt werden, um die Gefahr des "Overblockings" zu minimieren. Die Rechteinhaber müssten die Entfernung und Sperrung der Inhalte mittels eines begründeten Hinweises beantragen oder sogar ein Gericht anrufen, so die Schlussanträge. 

Julia Reda, Koordinatorin des Projekts control © der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und ehemalige Europaabgeordnete der Piratenpartei bedauerte, dass der Generalanwalt nicht die Streichung von Art. 17 empfiehlt. "Die Mitgliedstaaten sind bei der Umsetzung von Artikel 17 verpflichtet, den Einsatz von Uploadfiltern auf eindeutig illegale Inhalte zu beschränken. Kommerzielle Plattformen dürfen nicht die Rolle eines Gerichts übernehmen, wenn es um die Beurteilung von Inhalten geht", so Reda. Die Umsetzungsgesetze, die einige Mitgliedsstaaten bereits verabschiedet haben, erfüllen diese Anforderungen laut Reda jedoch nicht. "Lediglich die deutsche Umsetzung enthält Ausnahmen von der automatischen Sperrung für 'mutmaßlich erlaubte Nutzungen'", sagte sie. In vielen anderen Ländern verletze die Reform des Urheberrechts aber die Meinungs- und Informationsfreiheit.

acr/LTO-Redaktion

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Umstrittene Urheberrechtsrichtlinie: . In: Legal Tribune Online, 15.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45480 (abgerufen am: 21.05.2025 )

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