Die NPD wird nicht verboten. Sie ist zu unbedeutend, um die von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele erreichen zu können. Und das werde sich auch nicht ändern, so das BVerfG soeben in Karlsruhe.
Es war dem Bundesrat gelungen, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) davon zu überzeugen, das Hauptverfahren zum Verbot der ältesten aktiven rechtextremen Partei Deutschlands einzuleiten. Das ist keine Kleinigkeit, ist dem eigentlichen Verbotsverfahren doch ein Verfahren vorgeschaltet, in dem der Senat die Erfolgsaussichten nach Aktenlage bewertet.
Die NPD strebt auch die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung an, das steht für den Senat fest. Aber die Verfassungsfeindlichkeit der Partei reicht nicht aus, so Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Ihre Bestrebungen werden nicht zum Erfolg führen. Es sei kein bestimmender Einfluss der Partei auf die politische Willensbildung vorhanden oder zu erwarten.
"Ein Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschaulichkeitsverbot", stellte der Senatsvorsitzende klar. Es bedürfe nicht der scharfen Waffe des Parteiverbots, wenn die Partei gar nicht die Möglichkeiten hat, ihre Ziele auch zu erreichen. Es sei zwar keine konkrete Gefahr erforderlich, aber der Senat sehe kein planvolles Vorgehen zur Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auch ein Versuch der Erreichung der Ziele sei nicht in hinreichendem Umfang feststellbar.
Weder parlamentarisch noch faktisch von Bedeutung
Im parlamentarischen Bereich bestehe keine Aussicht, eigene Mehrheiten zu gewinnen oder durch Koalitionen Gestaltungsräume zu schaffen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Partei, die nur in Kommunal- und mit einem Sitz im Europaparlament vertreten ist, sich in dieser Entwicklung verändern würde.
Auch außerhalb des parlamentarischen Handelns habe die NPD keine Möglichkeit, in absehbarer Zeit ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen. Sie habe wenige Mitglieder und eine nur geringe Wirkkraft in die Gesellschaft, dass sie diese strukturellen Defizite kompensieren könnte, sei nicht ersichtlich. Der Senat sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie die Grenzen zulässigen politischen Meinungsstreits überschreite, eine Grundtendenz zu Gewalt könne ihr letztlich nicht nachgewiesen werden.
Auch wenn punktuell einschüchterndes oder kriminelles Verhalten festgestellt wurde und Besorgnis auszulösen geeignet sei, erreicht das nicht die von Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz markierte Schwelle. Auf solche Auswüchse sei mit den Mittel des Polizeirechts und des Strafrechts rechtzeitig und umfassend zu reagieren, um die Freiheit des politischen Prozesses zu schützen.
Der Senat wird nun weitere zwei Stunden lang sein Urteil begründen. Dabei geht es auch um die Problematik der V-Leute, die ein Verbotsverfahren im Jahr 2003 scheitern ließ. Darüber hinaus will das BVerfG mit seinem Urteil konkrete Voraussetzungen für ein Parteiverbot definieren, die auch sicher stellen sollen, dass das Verbotsverfahren mit den Maßstäben des Europarechts übereinstimmt. Auch die hier entscheidende Bedeutung der Partei, die verboten werden soll, ist ein Kriterium aus dem Europarecht.
Mehr zur Begründung und eine Analyse der Entscheidung gibt es später auf LTO.
pl/LTO-Redaktion
Pia Lorenz, BVerfG verbietet die NPD nicht: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21788 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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