Der Beschwerdesenat des BGH hat die Vollziehung des Beschlusses seiner Ermittlungsrichterin, nach dem Snowden doch noch in Deutschland vernommen werden könnte, bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.
Zwischenerfolg für Union und SPD: Der Streit im NSA-Ausschuss um die Vernehmung des Whistleblowers Edward Snowden ist wieder offen, der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags darf vorerst nicht erneut über ein Hilfsersuchen an die Bundesregierung abstimmen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren müsse zunächst abgewartet werden (Beschl. v. 15.12.2016, Az. 3 ARs 20/16).
Weil tatsächlich mit den Vertretern von Grünen und der Linken zwei von acht Mitgliedern den Whisteblower weiter vernehmen wollten, hätte dieser Beschluss des BGH - durch Abstimmung im Ausschuss - vollzogen werden müssen, zumal die Beschwerde des Ausschusses den Vollzug gemäß § 307 Abs. 1 Strafprozessordnung nicht hemmt. Am Mittwoch hat das der 3. Strafsenat des BGH in seiner Funktion als Beschwerdesenat verhindert: Er hat die Vollziehung des Beschlusses bis zur Entscheidung über die Beschwerde ausgesetzt, welche der Ausschuss, vertreten durch den Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) eingelegt hat
Der Senat begründet die Entscheidung damit, dass das ebenfalls bei ihm anhängige Hauptsacheverfahren über die Beschwerde noch völlig offen sei. In diesem Fall überwiege das Interesse der Mehrheit Ausschusses, die mit dem Vollzug der Anordnung eintretenden Folgen zu vermeiden gegenüber dem Interesse der Minderheit, die Anordnung der Ermittlungsrichterin vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu vollziehen.
Ausschuss ein Abbild des Regierungsstreits
Damit setzt sich der Streit zwischen Regierung und Opposition im Bundestag im Ausschuss fort. Auf beiden Ebenen lehnt die schwarz-rote Mehrheit eine Vernehmung Snowdens als Zeugen ab, weil sie schwere Belastungen für die deutsch-amerikanische´n Beziehungen fürchtet, sollte der Ex-NSA-Mitarbeiter in Deutschland geladen werden. Snowden hatte 2013 das extreme Ausmaß der Internetüberwachung durch den amerikanischen Geheimdienst enthüllt.
Ein Vollzug des Beschlusses der Ermittlungsrichterin vom November hätte zwar nicht zwangsläufig zu einer Ladung Snowdens geführt. Der BGH betonte damals ausdrücklich, dass "eine Aussage dahingehend, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, dem durch den Untersuchungsausschuss zu beschließenden Ersuchen nachzukommen, [...] mit diesem Beschluss nicht verbunden" sei.
Allerdings hätte der NSA-Ausschuss dann nach der verpflichtend erfolgreichen Abstimmung ein Ersuchen an die Bundesregierung richten müssen, die Voraussetzungen für eine mögliche Vernehmung Snowdens in Deutschland zu schaffen. Eine Ablehnung, warum sie das nicht schafft, hätte die Regierung zumindest in Erklärungsnöte gebracht.
Wann im Hauptsacheverfahren entschieden wird, ist noch unklar: "Der Senat wird schnellstmöglich entscheiden, ein genauer Termin ist wegen der komplexen Sachlage aber noch nicht absehbar", erklärte BGH-Richterin und Pressesprecherin Dr. Louisa Bartel gegenüber LTO.
Marcel Schneider, BGH setzt Abstimmungsbeschluss aus: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21542 (abgerufen am: 04.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag