Am LG Frankfurt streitet sich ein Berliner mit israelischer Staatsangehörigkeit mit einer arabischen Fluglinie. Der ist es verboten, Israelis nach Kuwait zu befördern. Eine nicht hinnehmbare Diskriminierung, meint Eva Ghazari-Arndt.
Ein israelischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Berlin wollte im Juni 2016 mit der staatlichen Fluggesellschaft Kuwait Airways vom Flughafen Frankfurt in die Hauptstadt Thailands, nach Bangkok fliegen. Die Fluggesellschaft stornierte ihm den Flug allerdings kurz vor dem Abflug. Zur Begründung teilte Kuwait Airways mit, der Fluggesellschaft sei die Beförderung des israelischen Flugpassagiers mit dem geplanten Zwischenstopp in Kuwait City nicht möglich, denn das Betreten des Emirats Kuwait sei Israelis gesetzlich verboten.
Die Flugtickets, die über das Internetreisebüro Expedia erworben wurden, beinhalteten diesbezüglich keine zusätzlichen Hinweise. Auch auf der Internetseite der Fluggesellschaft Kuwait Airways fehlte der Hinweis, dass diese Gesellschaft keine Israelis befördert. Insofern begann am 05. September 2017 der Zivilprozess gegen Kuwait Airways vor dem Landgericht (LG) Frankfurt. Der israelische Kläger möchte im Prozess allerdings keine Schadensersatzansprüche geltend machen, er strebt vielmehr seine künftige Beförderung und damit die Erfüllung des Vertrages mit Kuwait Airways an.
Eine Frage der Unmöglichkeit
Der Beförderungsvertrag ist eine spezielle Form des Werkvertrages im Sinne des § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und beinhaltet damit einen Beförderungserfolg. Daher spielt es für den israelischen Kläger im vorliegenden Fall auch keine Rolle, ob Kuwait Airways seine Pflichten aus dem Vertrag mit einem Direktflug nach Bangkok oder einem Zwischenstopp erfüllt.
Eine Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrages bestehe nach Ansicht des zuständigen Richters am Frankfurter LG allerdings nicht bei Vorliegen der Unmöglichkeit der Leistung. Denn der Anspruch auf Leistung ist beispielsweise nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
Ob aber ein kuwaitisches Gesetz mit dem Inhalt des Betretungs- und/oder Beförderungsverbots für Israelis einen Fall der Unmöglichkeit der Beförderungspflicht im Sinne des BGB begründet, ist fraglich. Denn tatsächlich besteht doch für Kuwait Airways die Möglichkeit, die Beförderung entweder im Rahmen eines Direktfluges oder mit einer Zwischenlandung an einem anderen Ort zu organisieren und durchzuführen.
Das Gericht möchte sich jedenfalls bis Urteilsverkündung erst einmal eine Übersetzung des kuwaitischen Gesetzes vorlegen lassen und den Rechtsstreit Mitte November 2017 entscheiden. Diese Vorgehensweise lässt daher vermuten, dass der zuständige Richter die vorliegende Rechtsstreitigkeit auf Grundlage des kuwaitischen Gesetzes entscheiden möchte. Sollte das kuwaitische Gesetz also tatsächlich die erwähnten Regelungen beinhalten, würde das Gericht die Unmöglichkeit der Leistung also dann bejahen?
2/2: Fall über das AGG nicht zu lösen
Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches auch einen Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverfahren bietet, greift nach den Ausführungen des Gerichts jedenfalls nicht, weil in § 19 Abs. 1 AGG die Staatsangehörigkeit nicht explizit genannt sei. Kann aber ein ausländisches Gesetz, das Menschen nach ihrer Staatsangehörigkeit ganz offensichtlich diskriminiert, Grundlage in einem deutschen Gerichtsverfahren sein?
Jedenfalls verbietet Art. 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit ganz explizit. Im deutschen Recht kommt der EMRK seit der Ratifikation im Dezember 1952 auch eine dem Bundesgesetz übergeordnete Rolle zu. Auch wenn sie keinen Verfassungsrang hat, so entsprechen die Grundrechte der EMRK überwiegend denen des Grundgesetzes. Insofern erscheint es in einem deutschen Verfahren mehr als nur angebracht, ein offensichtlich diskriminierendes Gesetz im Lichte der EMRK auszulegen.
Im Übrigen sind auch im Bereich des Luftfahrtrechts, beispielsweise nach der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union (EU), die ein hohes Schutzniveau für Fluggäste schafft und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes gerecht werden will, keine Gründe ersichtlich, die eine Nichtbeförderung des israelischen Staatsbürgers gerechtfertigt hätten. Denn in Art. 2 lit. j) dieser Verordnung werden beispielhaft als Grund für eine Nichtbeförderung lediglich die Gesundheit der Reisenden, die allgemeine oder betriebliche Sicherheit oder fehlende Reiseunterlagen genannt.
Vergleichbares schon in der Schweiz und den USA
In ähnlich gelagerten Fällen sind Israelis bereits in der Schweiz und auch in den USA gegen Kuwait Airways vorgegangen. Obgleich es sich bei diesen Fällen sogar um Nonstopflüge – also ohne einen Zwischenstopp in Kuwait City – gehandelt hat, weigerte sich die Fluggesellschaft, die Beförderung von israelischen Staatsbürgern durchzuführen. Das Department of Transportation in den USA bejahte jedenfalls im Jahr 2015 den Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz, als ein Israeli, der mit Kuwait Airways von New York nach London fliegen wollte, nicht befördert wurde.
Aber statt diese diskriminierende Geschäftspraktik zu unterlassen, haben Kuwait Airways die Flüge New York-London aus dem Flugplan gestrichen und das Programm umgestellt. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen wurden offensichtlich hingenommen. Auch die Beschwerde eines israelischen Passagiers gegen Kuwait Airways beim Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt führte dazu, dass im Jahr 2016 die Flüge von Genf nach Frankfurt am Main gestrichen wurden.
Es bleibt also abzuwarten, wie sich das LG Frankfurt in dieser Rechtssache entscheiden wird. Es sprechen aber viele Gründe im Bereich des Verbraucherschutzes und der Grundrechte dafür, die Klage des israelischen Staatsbürgers auf Erfüllung des Vertrages nicht abzuweisen.
Die Autorin Dr. Eva Ghazari-Arndt, LL.M. ist Rechtsanwältin und Dozentin auf dem Rechtsgebiet des Privatrechts.
Dr. Eva Ghazari-Arndt, LL.M., Kuwait Airways verweigerte Fluggastbeförderung: Israelis als Unmöglichkeit . In: Legal Tribune Online, 12.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24467/ (abgerufen am: 08.06.2023 )
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