Über Auskunftsverlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz entscheiden Gerichte öfter. Bei Anfragen in eigener Sache aber zeigt so manches Bundesgericht sich zögerlich. Zumindest in Teilen zu Unrecht, meint die Bundesdatenschutzbeauftragte.
Unternehmen, Organisationen und Interessenverbände sponsern Stellen innerhalb der Bundesverwaltung, darunter auch solche im Geschäftsbereich des Bundesjustizministeriums (BMJV) und des Bundesarbeitsministeriums (BMAS). Um das Sponsoring transparent zu machen, erstellt das Bundesinnenministerium (BMI) alle zwei Jahre den Sponsoringbericht des Bundes.
Der aktuellste Bericht wurde Anfang Juli veröffentlicht. Detaillierte Angaben enthält er allerdings nur zu Sponsorings mit einem Wert von über 5.000 Euro. Laut der Sponsoringvorschrift des Bundes müssen Leistungen unterhalb dieser Grenze nicht einzeln im Sponsoringbericht ausgewiesen werden, bleiben also der Öffentlichkeit vorenthalten.
Im Ressort des BMJV gab es in den Jahren 2015 und 2016, dem Berichtszeitraum dieses 7. Sponsoringberichts, insgesamt 6.522 Leistungen Dritter, davon 19 im Wert von über 5.000 Euro, welche insgesamt einen Wert von rund 336.200 Euro haben. Laut dem Bericht gingen diese größeren Leistungen sämtlich an oberste Gerichtshöfe des Bundes. Hinzu kamen im Geschäftsbereich des BMJV weitere 6.503 – im Bericht als Kleinleistungen bezeichnete - Sponsorings von jeweils unter 5.000 Euro im Wert von weiteren insgesamt rund 318.600 Euro. Keine Leistungen über 5.000 Euro haben das Bundesarbeitsgericht sowie das Bundessozialgericht erhalten, welche zum Geschäftsbereich des BMAS gehören.
Schwerpunkt des Sponsoring im Bereich des BMJV war nach Angaben des BMI die Unterstützung von Bibliotheken in Gestalt von Büchern und anderen Medien. Tatsächlich betreffen sämtliche einzeln ausgewiesenen Leistungen über 5.000 Euro kostenlose Publikationen und stammen weit überwiegend von Verlagen und Informationsdienstleistern, u.a. von der Wolters Kluwer Deutschland GmbH, zu der auch LTO gehört.
Kein öffentliches Interesse?
Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) gibt jedermann das Recht, Informationen von öffentlichen Stellen zu erhalten. Fragt man die einzelnen Bundesgerichte im Geschäftsbereich des BMJV nach Details zu den Sponsorings, die sie erhalten haben, zeigen diese sich allerdings wenig auskunftsfreudig.
Keins der Bundesgerichte legte die erhaltenen Spenden unmittelbar offen. Unisono teilen sie auf Anfragen sowohl zum aktuellen als auch schon zum Sponsoringbericht aus dem Jahr 2015 mit, in den Akten seien personenbezogene Daten enthalten, Betroffene müssten angeschrieben und um Zustimmung zur Herausgabe ihrer Namen gebeten werden. Das ist rechtlich gesehen nur teilweise richtig, meint zumindest die Bundesdatenschutzbeauftragte.
Einig waren die Bundesgerichte sich auch darin, dass die Bearbeitung der Anfragen – unterschiedlich hohe - Gebühren auslösen würde. Keines von ihnen war auf Nachfrage bereit, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, diese zu erlassen oder zu mindern. Ein öffentliches Interesse an der Transparenz von Sponsoring an Bundesgerichte sieht man in Karlsruhe, Leipzig und München offenbar nicht.
BMJV: Hin und Her, aber schließlich Infos ohne Gebühren
Ähnlich reagierte man auch beim BMJV. Auf Nachfrage betreffend die Jahre 2011 bis 2014 erklärte man, zu seinen Sponsorings unter 5.000 Euro Einzellisten vorliegen zu haben, die "Daten zu rund 80 natürlichen Personen und einigen privaten Unternehmen (Spender, sonstige Beteiligte)" enthielten. Diese unterlägen den §§ 5 (Schutz personenbezogener Daten) und 6 (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) IFG.
Um die Namen der Sponsoren zu nennen, müssten daher Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt, also die Spender um ihr Einverständnis zur Herausgabe ihrer Namen gebeten werden. Dies führe zu einem Verwaltungsaufwand von geschätzt 20 Arbeitsstunden und mehr und damit rechnerisch zu einer Gebühr von mindestens 900 EUR, begrenzt auf maximal 500 EUR.
Schließlich gewährte das BMJV auf einen Antrag von August 2016 hin dann Anfang August 2017 den Informationszugang durch die Übersendung von Sponsorenlisten, in denen die Namen von natürlichen Personen geschwärzt wurden. Die Erhebung von Gebühren wurde nach einigem Hin und Her dort dann doch nicht mehr für notwendig erachtet. Im Berichtszeitraum des 7. Sponsoringberichts gab es in den Jahren 2015 und 2016 341 direkt vom BMJV angenommene Sponsorings unter 5.000 Euro im Wert von insgesamt 36.854,22 Euro.
Die Einschätzung der BfDI und die Gebühren nach dem IFG
Die im Rahmen ihrer Ombudsfunktion um Vermittlung gebetene Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) stellte später fest, dass die Bearbeitung des IFG-Antrags durch das BMJV "teilweise nicht korrekt" war. Grund: Das Ministerium behauptete, dass auch im Fall von juristischen Personen die - mit möglichen Gebühren verbundenen - Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt werden müssten.
Tatsächlich sind solche Drittbeteiligungsverfahren nach Ansicht der Datenschutzbeauftragten aber nur durchzuführen, wenn es um personenbezogene Daten geht (§ 5 IFG). Diese sind legaldefiniert in § 5 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) als "Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)", juristische Personen führt die Vorschrift nicht auf.
Gemäß § 10 IFG kann die Behörde für Leistungen, die sie nach dem Gesetz erbringt, Gebühren und Auslagen verlangen, nach der IFG-Gebührenordnung gedeckelt auf 500 Euro. Allerdings normiert das IFG keinen strengen Kostendeckungsgrundsatz, es gilt vielmehr das Äquivalenzprinzip. Danach darf eine Gebühr nicht so hoch sein, dass sie den Antragsteller von der Beantragung der öffentlichen Leistung abhält.
2/2: BVerfG: Kein öffentliches Interesse?
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhielt ausweislich des Sponsoringberichts in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt 2.693 Kleinleistungen von Dritten in Höhe von insgesamt 78.512,92 Euro, Leistungen über 5.000 Euro erhielt das höchste deutsche Gericht nicht. Verwendungsschwerpunkt war laut Sponsoringbericht die Ergänzung der Ausstattung der Bibliothek.
Auf eine IFG-Anfrage teilte man dort mit, dass in den Jahren 2011 bis 2014 Sponsorings im Wert von 172.415 Euro angenommen wurden. Darunter 2.590 Bücher, Zeitschriften und Dissertationen, aber auch ein Fahrsicherheitstraining für Kraftfahrer von BMW und Mercedes. Die Namen der Zuwender, so Sprecher Dr. Michael Allmendinger, könne man wegen des zu hohen Verwaltungsaufwands nicht nennen, auf weitere Nachfrage gab das Gericht "stichprobenartig" einige wenige Gönner heraus.
Für weitergehende Auskünfte veranschlagte Karlsruhe – nicht näher bezifferte - Gebühren. Auch auf Anfrage erklärte man sich nicht dazu bereit, hiervon, wie in der Gebührenordnung des IFG vorgesehen, aus Gründen des öffentlichen Interesses abzusehen. Das BVerfG vermag ein öffentliches Interesse am Thema Sponsoring nicht zu erkennen. Es komme höchstens eine Ermäßigung in Betracht oder, worauf sich etwa Hartz-IV-Empfänger berufen können, ein Absehen von Gebühren "aus Gründen der Billigkeit".
BGH und BVerwG: nicht ohne die BfDI
Der Bundesgerichtshof (BGH) konnte sich laut dem aktuellen Sponsoringbericht in den Jahren 2015 und 2016 über Sponsorings von rund 155.000 Euro allein aus Einzelleistungen von jeweils mindestens 5.000 Euro freuen. Dort bestätigte man auf Anfrage, dass Listen im Umfang von ca. 60 Seiten pro Jahr existieren, die "300 bis 400 Zuwender pro Jahr" auswiesen.
Mehr wollte der BGH zunächst ohne vorherige Drittbeteiligungsverfahren und die Erhebung der Maximalgebühr nicht mitteilen. Nachdem die BfDI eingeschaltet wurde, korrigierte der BGH sich und teilte mit, Drittbeteiligungsverfahren müssten nur in den jährlich ca. 100 Fällen von Spenden natürlicher Personen durchgeführt werden. Bei 500 Euro Gebühren bleibe es jedoch, wenn man die Namen schwärze, würden 130 Euro anfallen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit knapp 42.000 Euro (nur aus Spenden über 5.000 Euro) ausweislich des Sponsoringberichts in den Jahr 2015 und 2016 verhältnismäßig wenig Leistungen erhalten. Über die Namen der Sponsoren der vergangenen Jahre wollte man dort aber zunächst überhaupt keine Auskunft geben. Weil 30 bis 210 Sponsoren pro Jahr anzuschreiben seien, sei mit Gebühren von 500 Euro zuzüglich Kopierkosten zu rechnen. Sollten alle Namen geschwärzt werden, würden lediglich 90 Euro Gebühren veranschlagt, hieß es aus Leipzig.
Nachdem die BfDI auch diese Bearbeitung des Antrags als teilweise nicht korrekt beurteilte, weil man auch in Leipzig fälschlich juristische Personen unter den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus § 6 IFG stellte, wollte das Gericht dann plötzlich gar keine Gebühren mehr haben und gab Listen betreffend die Jahre 2011 bis 2016 heraus.
Im Jahr 2016 beliefen die Literaturzuwendungen sich demnach auf insgesamt 38.160 Euro, in 2015 auf 35.264 Euro. Die Namen von natürlichen Personen hat das BVerwG geschwärzt.
BFH: Spiel auf Zeit oder neues rechtliches Argument?
Der Bundesfinanzhof (BFH), ausweislich des aktuellen Sponsoringberichts Empfänger von (Spenden von über 5.000 Euro mit insgesamt) immerhin knapp 140.000 Euro in den Jahr 2015 und 2016, erklärte auf eine IFG-Anfrage von August 2016, im Jahr 2014 Sponsoringleistungen in Höhe von 82.592 Euro (2013: 79.601 Euro) erhalten zu haben, pro Jahr von "etwa 50 bis 60 Sponsoren".
Für "mehr als 70" Drittbeteiligungsverfahren wollte man den zulässigen Höchstbetrag von 500 Euro, würden alle Sponsorennamen geschwärzt, falle eine Gebühr von "voraussichtlich 45 Euro" an.
In diesem Fall hat die Einschaltung der BfDI bislang nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Im Schriftkontakt zwischen der Voßhoff-Behörde und dem obersten Finanzgericht geht es derzeit um die Frage, ob personenbezogene Daten im Sinne von § 5 IFG durch eine Auskunft zum Sponsoring überhaupt betroffen und schutzwürdig sind, also um die Reichweite dieses Ausschlussgrundes.
Die BfDI hat gegenüber dem BFH ihre Rechtsauffassung bereits Mitte Juni dargelegt. Im Raum steht auch, wie damit umzugehen ist, dass bei juristischen Personen über den Firmennamen dahinter stehende natürliche Personen identifizierbar sein könnten. Obwohl die BfDI am 18. Juli 2017 an die Erledigung der Anfrage aus dem August 2016 erinnert hat, steht eine Stellungnahme des Bundesgerichts im Zusammenhang mit seiner Auskunftspflicht nach dem IFG noch aus.
Marvin Oppong, Spenden an die Justiz: Wie die Bundesgerichte mit Transparenz-Anfragen umgehen . In: Legal Tribune Online, 01.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24257/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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