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Streit um Vorratsdatenspeicherung: Poli­zei­ge­werk­schaft macht Druck auf Busch­mann und Faeser

27.07.2023

Die GdP fordert von Faeser und Buschmann endlich eine Lösung

Werden sich Innenministerin Faeser und Justizminister Buschmann auf eine Neuregelung der Vorratensdatenspeicherung einigen können? Die Gewerkschaft der Polizei macht nun Druck. Foto: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Über zehn Monate ist es her, dass der EuGH die deutschen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung für unionswidrig erklärte. Doch nach wie vor konnten sich Justiz- und Innenministerium nicht auf eine Neuregelung einigen. Der GdP dauert das zu lange.

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Mit wachsender Ungeduld hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Bundesregierung an ihr Versprechen erinnert, eine praxistaugliche Regelung für die Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. Die Uneinigkeit zwischen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei diesem Thema dürfe nicht auf dem Rücken der Opfer von Straftaten ausgetragen werden, mahnte die Gewerkschaft. Die aktuelle Situation sei unbefriedigend. "Unsere Ermittlungsarbeit wird nahezu unmöglich gemacht", kritisierte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz. "Wir müssen die Täter identifizieren, bekommen dazu aber nicht die richtigen Möglichkeiten."

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, sie wollten "die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können". Laut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) dürfen Kommunikationsdaten von Bürgerinnen und Bürgern – das heißt, wer wann wo mit wem telefoniert, SMS oder E-Mails ausgetauscht hat – nicht ohne Anlass gespeichert werden. Eine gezielte und zeitlich begrenzte Speicherung der Daten ist aber bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit möglich. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könne auch eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich sein, hielt das Gericht im September 2022 fest.

GdP: Buschmann-Lösung "Quick Freeze" reicht nicht aus

Wenig später legte Buschmann dann einen Vorschlag für ein auf konkrete Verdachtsfälle beschränktes Verfahren zur Sicherung von Telekommunikationsdaten vor, das "Quick Freeze". Sein Entwurf wurde im Oktober zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung verschickt. Faeser findet allerdings, das von Buschmann vorgeschlagene Verfahren sei "kein adäquater Ersatz für eine Speicherung von IP-Adressen".

Der Streit habe dazu geführt, dass seit dem EuGH-Urteil sehr wenig passiert sei, kritisierte nun die GdP. Das von Buschmann vorgeschlagene "Speichern und Einfrieren der Verkehrsdaten zu einem bestimmten Zeitpunkt limitiert die Möglichkeiten der Polizei", sagte Poitz. Insbesondere bei komplexen Verfahren ergäben sich oft im Laufe der Ermittlungen Erkenntnisse, die bei "Quick Freeze" ins Leere laufen würden.

"Es besteht Einigkeit zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Bundesinnenministerium, dass die Ermittlungsbehörden gegenüber dem Status Quo gestärkt werden sollen", sagte ein Sprecher des Justizressorts auf Anfrage. Das Bundesjustizministerium (BMJ) habe einen Vorschlag vorgelegt, "mit dem die Befugnisse der Ermittler schnell, rechtssicher und grundrechtsschonend verbessert werden können". Die Gespräche dazu seien "konstruktiv und dauern gegenwärtig noch an".

Faeser besteht auf "echte" Vorratsdatenspeicherung

Auch im Bundesinnenministerium (BMI) betont man, das Vorhaben sei keineswegs begraben. Das Haus von Nancy Faeser befinde sich mit dem BMJ "weiterhin im Austausch, um eine Lösung zu finden, die sowohl datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten als auch den Bedarfen der Sicherheitsbehörden gerecht wird", teilte eine Sprecherin mit. Nicht ohne zu betonen, wo die Ministerin hier den Schwerpunkt sieht: "IP-Adressen und Portnummern spielen bei der Ermittlung von Straftaten, die über das Internet oder mithilfe des Internets begangen werden, eine sehr wichtige Rolle", sagte die Sprecherin.

Innerhalb der Bundesregierung wird darüber beraten, wie die Rechtsprechung des EuGH, der eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen zum Zwecke der Bekämpfung schwerer Kriminalität ausdrücklich zugelassen habe, dabei umgesetzt werden könne.

Buschmann betonte am Donnerstag im Kurznachrichtendienst Twitter, "Quick Freeze" sei der Vorratsdatenspeicherung vorzuziehen. Er schrieb: "Denn wir sollten nicht alle Bürger anlasslos unter Generalverdacht stellen. Daher ist im Koalitionsvertrag klar geregelt, dass es keine anlasslose Datenspeicherung geben wird."

Kein Streitende in Sicht – Impuls aus Spanien könnte helfen

Sein Parteikollege Stephan Thomae pries "Quick Freeze" als "rechtssicheres Instrument, das die Polizei in ihrer Ermittlungsarbeit stärkt". Der Bundestagsabgeordnete sagte der dpa: "Bundesinnenministerin Faeser darf hier nicht weiter blockieren." SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte, nach Gesprächen mit den Sicherheitsbehörden und den Providern sei klar geworden, dass es Probleme gebe, da wo nichts gespeichert werde. Er betonte: "Wir haben auch die Verantwortung, hier zu einer Lösung zu kommen."

Doch so richtig scheint kein Ende in Sicht. Buschmann selbst sagte vor zwei Wochen im LTO-Interview: "Ich kann sagen, dass wir in den Koalitionsverhandlungen über die Formulierung zu Quick Freeze lange und ausführlich diskutiert haben. [Es kann] keine anlasslose Speicherung von IP-Adressen geben." So stehe es schon im Koalitionsvertrag. "Wir sollten uns als ehrliche Kaufleute an diese Verabredung halten."

Die GdP hofft jetzt auf Brüssel: Spanien habe angekündigt, es wolle das Thema der Mindestspeicherfristen während seiner EU-Ratspräsidentschaft anpacken und für eine europaweite Harmonisierung der polizeilichen Befugnisse sorgen, sagte Poitz. Dies sei ein "Silberstreif am Horizont".

dpa/mk/LTO-Redaktion

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Streit um Vorratsdatenspeicherung: . In: Legal Tribune Online, 27.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52356 (abgerufen am: 07.11.2025 )

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