Bei Urheberrechtsverstößen muss Youtube dem Rechteinhaber Auskunft über "Namen und Adressen" des verantwortlichen Nutzers geben. Nach Auffassung des Generalanwalts ist damit die Postanschrift gemeint, nicht aber Mail- oder IP-Adresse.
Im Streit zwischen Constantin Film und Youtube bzw. Google vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) um die Reichweite des Auskunftsanspruchs bei Urheberrechtsverletzungen hat Generalanwalt Henrik Saugmandsgaard Øe am Donnerstag seine Schlussanträge vorgelegt. Aus ihnen geht hervor, dass Youtube keine Auskunft über Telefonnummern sowie Mail- und IP-Adressen von Nutzern erteilen muss, die widerrechtlich Kinofilme des Filmverleihers auf der Plattform hochgeladen hatten (Az. C-264/19).
Constantin Film versucht, drei Youtube-Nutzern auf die Spur zu kommen, die 2013 und 2014 die Kinofilme "Parker" und "Scary Movie 5" auf der Plattform einstellten. Damit das gelingen kann, verlangt der Filmverleiher von Youtube die Herausgabe der von diesen Nutzern verwendeten E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen.
Grundsätzlich müssen die Plattformbetreiber den Rechteinhabern "Namen und Adressen" der Rechteverletzer nennen. Das regelt Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der EU-Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Richtlinie 2004/48/EG). Zu weiteren Daten, wie etwa der Mail-Adresse, macht die Richtline aber keine Angaben. Der mit dem Fall befasste Bundesgerichtshof (BGH) hatte beim EuGH angefragt, ob der Begriff "Namen und Adressen" auch die von Constantin Film verlangten Auskünfte umfasst.
EuGH darf Begriffe nicht erweitern
Nach Ansicht des Generalanwalts ist dem nicht so. Telefonnummern fielen eindeutig nicht unter den Begriff "Namen und Adressen", heißt es in den Schlussanträgen. Zudem verweise nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, von dem bei der Auslegung auszugehen sei, der Begriff "Adresse" ausschließlich auf die Postanschrift. Auch die historische Auslegung ergebe, dass die Richtline von einem klassischen Verständnis des Begriffs im Sinne von Postanschrift ausgehe.
Die Richtline solle, so der Generalanwalt, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Rechteinhaber und den Grundrechten der Nutzer gewährleisten. "Folgte man der von Constantin Film Verleih vorgeschlagenen Auslegung, käme dies für den Gerichtshof nicht nur einer Neuformulierung von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48 gleich, sondern würde darüber hinaus das vom Unionsgesetzgeber geschaffene Gleichgewicht zugunsten der Interessen der Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums in Frage stellen", so Saugmandsgaard Øe.
Der EuGH sei daher gar nicht befugt, die Tragweite der vom Unionsgesetzgeber in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie aufgenommenen Begriffe zu ändern. Nach Einschätzung des Generalanwalts müsse er das aber auch nicht. Die Richtlinie nehme nämlich nur eine Mindestharmonisierung vor. Die Mitgliedstaaten könnten entsprechend ergänzende Maßnahmen ergreifen.
acr/LTO-Redaktion
Schlussanträge zum Auskunftsanspruch gegen Youtube: . In: Legal Tribune Online, 02.04.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41197 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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