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OLG Frankfurt verneint Amtshaftungsanspruch: Kein Sch­mer­zens­geld für Theo Zwan­ziger

12.03.2018

Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger blickt am 22.03.2017 vor Beginn einer Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht in Frankfurt am Main in die Runde

(c) dpa

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger erhält kein Schmerzensgeld aufgrund gegen ihn laufender staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Das OLG Frankfurt konnte in der Einleitung der Untersuchungen keine Amtspflichtverletzung erkennen.

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Das Legalitätsprinzip ist Juristen, zu denen auch der in Mainz promovierte Dr. Theo Zwanziger gehört, hinlänglich bekannt. Danach sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, bei einem Anfangsverdacht Ermittlungen einzuleiten. Doch gibt es auch eine Pflicht, nicht zu ermitteln? Der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war dieser Ansicht und verlangte Schadensersatz für die Einleitung von Ermittlungen gegen seine Person. Damit scheiterte er nun auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Urt. v. 08.02.2018, Az. 1 U 112/17).

Im Zusammenhang mit den Bestechungsvorwürfen rund um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen Zwanziger unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Das Verfahren läuft seit 2015, in dem Zusammenhang wurde auch Zwanzigers Privatwohnung durchsucht. Außerdem gelangten Details der Ermittlungen an die Öffentlichkeit.

Ausgangspunkt der Ermittlungen, die noch immer laufen, waren Recherchen des Spiegel, der einen Skandal um die Zahlung von Geldern durch DFB-Funktionäre im Zuge der WM-Vergabe an Deutschland aufgedeckt hatte. Danach soll der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus 10 Millionen Schweizer Franken an den WM-Cheforganisator Franz Beckenbauer gezahlt haben. Mit dem von Dreyfus geliehenen Geld sollen Stimmen für die WM-Vergabe gekauft worden sein.

Zwanziger soll Rückzahlung von Darlehen zum Stimmenkauf freigegeben haben

Zwanziger selbst soll damals als Präsident eine Zahlung i. H. v. 6,7 Millionen Euro an den Weltfußballverband FIFA freigegeben haben, deren Verwendungszweck sich auf eine "FIFA-Gala" bezog, die aber nie stattfand. Zwanziger bestreitet, dass die Zahlung der Rückführung des Darlehens gegenüber Louis-Dreyfus dienen sollte.

Grund für die konkreten Ermittlungen der Frankfurter Ankläger ist, dass die Überweisungssumme im Jahr 2006 als steuermindernde Betriebsausgabe gebucht und im Rahmen der Bilanzaufstellung als Betriebsausgabe erfasst wurde. Die Steuererklärung für das Jahr 2006 wurde nicht von Zwanziger unterzeichnet.

Aufgrund der Einleitung und Durchführung der Ermittlungen und seinem Verdacht, die Staatsanwaltschaft habe bewusst Informationen an die Medien durchgestochen, verlangte Zwanziger aus Amtshaftung ein Schmerzensgeld i. H. v. 25.000 Euro vom Land Hessen. Sein Begehren wurde bereits vom Landgericht (LG) Frankfurt a. M. zurückgewiesen. Nun setzte es vor dem OLG die nächste juristische Niederlage für den früheren Fußball-Funktionär.

OLG: Anfangsverdacht gegeben

Dabei stellte der für Amtshaftungssachen zuständige 1. Zivilsenat zunächst einmal fest, dass die Beurteilung, ob Ermittlungen einzuleiten sind, naturgemäß der zuständigen Staatsanwaltschaft obliegt. Daher könne in einem Haftungsprozess nur überprüft werden, ob sie grundsätzlich vertretbar erschienen. Das sei immer dann der Fall, wenn nicht "bei Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege das staatsanwaltschaftliche Verhalten nicht mehr verständlich erscheint", so das OLG.

Die von Zwanziger freigegebene Millionenüberweisung biete aber durchaus Anhaltspunkte, um von einem Anfangsverdacht auf Steuerhinterziehung auszugehen, führte das Gericht weiter aus. Auch die Durchsuchung sei nicht rechtswidrig gewesen: Sie habe dem Auffinden von Beweismitteln gedient und sei im Hinblick auf den Tatvorwurf auch angemessen gewesen.

Persönlichkeitsrecht nicht nennenswert beeinträchtigt

Auch die Veröffentlichungen im Laufe der Ermittlungen boten in den Augen der Richter keinen Anlass, um Zwanziger ein Schmerzensgeld zuzusprechen. Im Prozess vor dem Landgericht hatte der Vorsitzende Richter das Durchsickern der Informationen als "Rechtsverletzung" und einen "unmöglichen Zustand" bezeichnet. Gleichwohl, so nun die Richter am OLG, fehle es an einer schwerwiegenden Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Der hier maßgebliche Medienbericht habe lediglich erwähnt, dass gegen Zwanziger ermittelt werde. Dies sei der Öffentlichkeit aber zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon bekannt gewesen.

Die Richter lehnten somit jedweden Schmerzensgeldanspruch Zwanzigers ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision zum BGH möglich.

mam/LTO-Redaktion

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OLG Frankfurt verneint Amtshaftungsanspruch: Kein Schmerzensgeld für Theo Zwanziger . In: Legal Tribune Online, 12.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27463/ (abgerufen am: 03.02.2023 )

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