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LG Düsseldorf zu Preisgarantien in der Energiekrise: Preis­er­höh­ungen von Ext­ra­E­n­ergie für Strom und Gas unwirksam

30.08.2022

Strom- und Gaszähler sowie Geldscheine

Der Energieversorger ExtraEnergie hat versucht, die hohen Beschaffungskosten für Strom uns Gas an seine Kunden trotz Preisgarantie weiterzugeben. Foto: Wolfilser - stockadobe.com

Das LG Düsseldorf untersagte einem Energieversorger einstweilig, im Falle von Preisgarantien die Preise zu erhöhen. Eine Störung der Geschäftsgrundlage verneinte das Gericht trotz der außergewöhnliche Situation auf dem Energiemarkt.

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Energieversorger bleiben an ihre Preisgarantien gebunden. Das Düsseldorfer Landgericht (LG) untersagte dem Unternehmen ExtraEnergie per einstweiliger Verfügung (Beschl. v. 26.08.2022, Az. 12 O 247/22) bereits angekündigte Preiserhöhungen.

Nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatten viele Kunden Ende Juli ein Schreiben des Energieversorgers erhalten, das sie über eine Erhöhung ihres Strom- oder Gastarifes informierte, obwohl die Betroffenen Verträge mit langfristiger Preisgarantie abgeschlossen hatten, die ihnen gleichbleibende Preise garantierten.

Außergewöhnlicher Anstieg der Beschaffungskosten

Bei den angebotenen Festpreisen handelt es sich um eingeschränkte Preisgarantien. Das bedeutet, dass vertraglich lediglich Preisänderungen wegen gestiegener Steuern, Abgaben oder Umlagen zulässig sind, nicht aber wegen steigender Kosten für die Energiebeschaffung. Die Gasumlage dürfte somit von der Entscheidung nicht betroffen sein. Laut der Verbraucherzentrale zahlen Verbraucher für die Preissicherheit in der Regel einen höheren Tarif als für ein vergleichbares Angebot ohne Preisgarantie.

Die Anbieter hatten die außerplanmäßige Erhöhung mit dem Anstieg der eigenen Beschaffungskosten durch die hohen Preiseauf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas begründet. Spezielle Regelungen erhielten die Verträge aber nicht. Die Versorger beriefen sich deswegen auf die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Bewusstes unternehmerisches Risiko

Die Verbraucherzentrale hielt die Preiserhöhung für unwirksam. ExtraEnergie habe kein Recht, bestehende Verträge aufgrund steigender Beschaffungspreise anzupassen, wenn eine Preisgarantie vertraglich vereinbart worden sei, hielt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, dagegen.

Die Energieversorger hätten sich mit ihren Angeboten gezielt als krisensichere Unternehmen vermarktet, um Kunden zu werben. Damit seien sie bewusst ein unternehmerisches Risiko eingegangen. Die steigenden Beschaffungskosten könnten sie nun nicht einfach durch kurzfristige Vertragsänderungen auf die Verbraucher abwälzen.

LG: Versorger darf Preise vorerst nicht erhöhen

Die Verbraucherzentrale hat deswegen eine einstweilige Verfügung gegen ExtraEnergie beantragt. Das LG Düsseldorf schloss sich der Rechtsauffassung der Verbraucherschützer an und untersagte dem Unternehmen, die gestiegenen Beschaffungskosten für Strom und Gas auf die Kunden umzulegen, wenn die Verträge eine Preisgarantie enthalten. ExtraEnergie müsse weiter zu den vertraglich vereinbarten Preisen liefern.

Das sei eine gute Nachricht für Verbraucher und ein deutliches Signal an die gesamte Branche: "Preisgarantien dürfen wegen steigender Beschaffungskosten nicht einfach außer Kraft gesetzt werden", kommentiert Schuldzinski die Entscheidung. Vorsorglich sollten die Zählerstände zum 1. September 2022 abgelesen werden. Bei der kommenden Rechnung
sollte dann sorgfältig geprüft werden, ob die vertraglich vereinbarten Preise eingehalten wurden, rieten die Verbraucherschützer. 

Zu ExtraEnergie gehören die Marken "prioenergie" sowie "hitenergie". Eine Stellungnahme war von dem Versorger zunächst nicht zu erhalten.

Extra Energie muss Verbot sofort beachten

ExtraEnergie ist für unseriöse Geschäftspraktiken, auch versteckte Preiserhöhungen bekannt. In der Vergangenheit hat das Unternehmen trotz eines gerichtlichen Verbots rechtswidriges Handeln fortgesetzt. Entsprechend wurde vom OLG Düsseldorf auch schon ein Ordnungsgeld wegen Nichtbeachtung eines Urteils verhängt. Der Spiegel hatte kürzlich ausführlich über das Unternehmen und zweifelhafte Geschäftspraktiken berichtet.

ExtraEnergie muss die einstweilige Verfügung und damit das Preiserhöhungsverbot nach Zustellung des Beschlusses sofort beachten. Gegen die Entscheidung kann ExtraEnergie Widerspruch einlegen. In diesem Fall kommt es zunächst zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Düsseldorf.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Version vom 30.8.22, 18:30 Uhr

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LG Düsseldorf zu Preisgarantien in der Energiekrise: Preiserhöhungen von ExtraEnergie für Strom und Gas unwirksam . In: Legal Tribune Online, 30.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49474/ (abgerufen am: 26.01.2023 )

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