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EuGH sieht keine Diskriminierung: Allianz durfte Haf­tung für Bru­st­im­plan­tate beschränken

11.06.2020

Brustimplantat

© poplasen - stock.adobe.com

Im Prozess wegen fehlerhafter Brustimplantate kann sich die Allianz als Versicherer vor deutschen Gerichten wohl schadlos halten. Dass sie ihre Einstandspflicht auf französische Fälle beschränkt hat, verstößt nicht gegen Unionsrecht, so der EuGH.

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Eine Klausel, wonach eine Versicherungsgesellschaft nur für Schäden einspringen muss, die in einem bestimmten Mitgliedsstaat entstehen, verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit. Dies hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Donnerstag entschieden (Urt. v. 11.06.2020, Az. C-581/18).

2010 war aufgeflogen, dass der französische Hersteller Poly Implant Prothèse SA, kurz PIP, jahrelang für Brustimplantate billiges und potenziell gesundheitsschädliches Industriesilikon verwendet hatte. Weltweit sollen bis zu 400.000 Frauen solche Implantate bekommen haben, in Deutschland etwa 5.000. Dazu gehört die Klägerin, die vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen will. 

Sie klagt dort gegen den Arzt, der ihr die fehlerhaften Brustimplantate eingesetzt hatte, sowie den TÜV Rheinland, welcher die Qualität bescheinigt hatte, und das Versicherungsunternehmen Allianz als Haftpflichtversicherer von PIP. Der Hersteller selbst war 2011 liquidiert worden. Der TÜV hat sich gegen Haftungsklagen im Zusammenhang mit den Implantaten bereits bis zum Bundesgerichtshof gewehrt. Auch in Frankreich sieht sich der Prüfdienst solchen Klagen ausgesetzt.

Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet

Die Allianz beruft sich nun in dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt auf eine Klausel in ihrem Vertrag mit PIP, wonach die Deckung nur für Schäden in Frankreich gilt. Das OLG hatte den EuGH gefragt, ob dies gegen das in der Europäischen Union geltende Diskriminierungsverbot auf Grundlage der Staatsangehörigkeit aus Art. 18 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) verstößt.

Der Gerichtshof kam nun jedoch zu dem Ergebnis, dass das Diskriminierungsverbot nicht geltend gemacht werden kann, um die Territorial-Klausel des Versicherers anzufechten. Dafür hätte der zugrundeliegende Sachverhalt nämlich überhaupt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen müssen, was hier nicht der Fall sei.

Dazu wiesen die Richter darauf hin, dass im EU-Recht keine Bestimmung existiere, die einen Hersteller von Medizinprodukten dazu verpflichte, eine Versicherung zur Deckung von Haftungsrisiken aufgrund seiner Produkte abzuschließen. Auch sah die Kammer keinen hinreichenden Bezug zu einer der im Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten wie der Freizügigkeit, dem freien Warenverkehr oder dem freien Dienstleistungsverkehr.

Somit bestand schon keine Grundlage, um das Diskriminierungsverbot überhaupt in Ansatz zu bringen, weshalb sich die Klägerin in ihrem Verfahren nicht darauf berufen kann. Die Entscheidung in der Sache liegt nun dennoch beim OLG.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

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EuGH sieht keine Diskriminierung: . In: Legal Tribune Online, 11.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41871 (abgerufen am: 12.11.2025 )

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