Mit der Abholzung eines Teils des Natura-2000-Gebietes Puszcza Bialowieska hat die Republik Polen einen der am Besten erhaltenen Naturwälder Europas teilweise zerstört - und damit gegen Europarecht verstoßen, entschied der EuGH.
Aufgrund der beständigen Ausbreitung eines Schädlings genehmigte der polnische Umweltminister 2016 für den Zeitraum von 2012 bis 2021 nahezu eine Verdreifachung des Holzeinschlags in einem Forstbezirk, welcher von der Europäischen Kommission 2007 als "Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung" ausgewiesen wurde. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun verkündete, verstieß Polen damit gegen die Habitat- und Vogelschutzrichtlinie (Urt. v. 17.04.2018, Az. C-441/17).
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten in erster Linie dazu, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von Interesse für die Union zu gewähren oder gegebenenfalls wiederherzustellen. Die Genehmigung eines Projekts, wie es die Republik Polen 2016 eingeleitet hat, hätte nach Ansicht der Luxemburger Richter nur unter der Voraussetzung erteilt werden dürfen, dass die zuständigen Behörden Gewissheit darüber erlangt haben, dass sich das Projekt nicht dauerhaft nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirkt.
Dieser Verpflichtung sei Polen aber nicht nachgekommen, so der EuGH. Die Behörden hätten nicht ausreichend überprüft, welche Folgen die Abholzung für die Tier- und Pflanzenwelt habe. Das Argument, die Abholzung sei wegen des Schädlings aus Gründen der "öffentlichen Sicherheit" erforderlich, überzeugte die Richter nicht. Zwar sei eine solche Rechtfertigung grundsätzlich zulässig, im konkreten Fall genügte der Vortrag Polens den Richtern in Luxemburg jedoch nicht.
Damit hat der EuGH der Vertragsverletzungsklage der Europäischen Kommission in vollem Umfang stattgegeben.
tik/LTO-Redaktion
EuGH zu abgeholztem Urwald: . In: Legal Tribune Online, 17.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28095 (abgerufen am: 14.12.2024 )
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