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BVerfG zum Auskunftsrecht der Presse: Keine zu hohen Anforderungen an Eilrechtsschutz

28.10.2014

Bereits ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung begründen die Gewährung von Eilrechtsschutz. Es ist grundsätzlich die Presse selbst, welche über den Zeitpunkt der Berichterstattung entscheidet. Im Einzelfall kann so auch das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache begrenzt werden, stellte das BVerfG klar.

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Die Freiheit, die das Presserecht genießt, ist nicht nur im Grundgesetz verankert, sondern muss auch durch korrekte Rechtsanwendung gewährleistet werden. Das heißt auch, dass an den presserechtlichen Auskunftsanspruch für die Gewährung von Eilrechtsschutz keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, machte das Bundesverfassungsgericht mit einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung deutlich (BVerfG, Beschl. v. 08.09.2014, Az. 1 BvR 23/14).

Wenn dieser auf unaufschiebbare Fälle begrenzt würde - als Beispiel nannten die Richter die Aufdeckung von schweren Rechtsbrüchen staatlicher Stellen -, läge darin ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit.

Der Beschwerdeführer, ein Redakteur einer Tageszeitung, bat den Bundesnachrichtendienst (BND) im September 2013 um Auskunft bezüglich des in der Zeit von 2002 bis 2011 nach Syrien erfolgten Exports sogenannter Dual-Use-Güter, welche für die Herstellung von Waffen geeignet sein können.

Grundsatz: Ungehinderter Zugang zu Informationen

Als der BND das Ersuchen verweigerte, weil er dazu ausschließlich der Bundesregierung und den zuständigen Gremien des Bundestags berichte und der Ausfuhrausschuss der Bundesregierung nicht
öffentlich tage, forderte der Beschwerdeführer im Oktober 2013 vorläufigen Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Dieses lehnte erstinstanzlich seinen Antrag ab.

Nun korrigierte Karlsruhe: Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gegen Akte der öffentlichen Gewalt gebiete es den Gerichten, der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit erfordere grundsätzlich einen ungehinderten Zugang zu den erwünschten Informationen, so die 3. Kammer des Ersten Senats.

Das könne auch den verwaltungsrechtlichen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache begrenzen. Auch soweit diese nur bei Vorliegen eines schweren Nachteils zulässig ist, müsse dabei auch die Bedeutung der Auskunftsansprüche für eine effektive Presseberichterstattung hinreichend beachtet werden.

 

Die Presse bestimmt auch über den Publikationszeitpunkt selbst

Dabei rügten die Verfassungsrichter die Annahme des BVerwG, eine gewisse Aktualitätseinbuße sei von der Presse regelmäßig hinzunehmen. Die Gestaltung der Berichterstattung einschließlich des möglichst selbstbestimmten Zeitpunkts ihrer Publikation sei Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse.  Das BVerwG habe mit seinen zu hohen Voraussetzungen für die Gewährung eilrechtlichen Schutzes die Pressefreiheit bezüglich des vorläufigen Rechtsschutzes unverhältnismäßig begrenzt.

Zwar genüge es, wenn Eilrechtsschutz nur gewährt wird, wo ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Das könne jedoch nicht deshalb verneint werden, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschiebbare Berichte ziele und auch später möglich bleibe. Vielmehr kann die Presse nach Ansicht der Verfassungsrichter ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktion nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz in Auskunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.

Für den konkreten Fall beanstandete das BVerfG die Entscheidung des BVerwG jedoch nicht, da der Beschwerdeführer nicht hinreichend deutlich gemacht hatte, warum seiner Anfrage eine solche Eile zukäme, dass hierüber nur im Wege einstweiligen Rechtsschutzes entschieden werden könne (Beschl. v. 08.09.2014, Az.: 1 BvR 23/14). Die Entscheidung ist unanfechtbar.

avp/LTO-Redaktion

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BVerfG zum Auskunftsrecht der Presse: Keine zu hohen Anforderungen an Eilrechtsschutz . In: Legal Tribune Online, 28.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13615/ (abgerufen am: 09.08.2022 )

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