Mit einem Gesetzesentwurf will die Bundesregierung dem Verfassungsschutz die Möglichkeit geben, künftig verschlüsselte Chats lesen zu können. Die Opposition hält davon wenig.
Die Bundesregierung hält es angesichts der aktuellen Ereignisse im Bereich Rechtsextremismus für notwendig, dass neben der Polizei auch der Verfassungsschutz die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) einsetzen darf. Die Quellen-TKÜ setzt im Endgerät an, bevor die Nachrichten technisch verschlüsselt werden bzw. wenn sie wieder entschlüsselt sind und ermöglicht so die Überwachung von Chats. Gemäß § 100a Strafprozessordnung (StPO) steht die Quellen-TKÜ schon seit 2017 als Ermittlungsmaßnahme zur Verfügung, wird aber offenbar wenig genutzt.
Thorsten Frei (CDU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, sagte: "Wir wollen verhindern, dass unser Verfassungsschutz und unsere Sicherheitsbehörden blind werden in der digitalen Welt". Es sei niemandem zu erklären, weshalb für die Nachrichtendienste die Überwachung per Telefon und SMS erlaubt, das Abhören und Mitlesen von Kommunikation über Messenger-Dienste wie Skype oder Whatsapp aber verboten sei. Auch der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch argumentierte für den Gesetzesentwurf: "Wir können nicht von unseren Behörden erwarten, mit Methoden aus der Vergangenheit Anschläge in der Zukunft zu verhindern". Die Quellen-TKÜ werde nicht gegen unbescholtene Bürger eingesetzt, sondern nur innerhalb enger Grenzen und nur nach einer unabhängigen Prüfung. Oberstes Ziel der geplanten Reform sei die Bekämpfung des Rechtsterrorismus, so Görsch.
Aus der Opposition kommt hingegen deutliche Kritik. In der ersten Lesung des Entwurfs forderte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes und eine bessere Kontrolle des Einsatzes sogenannter V-Personen, also Menschen, die typischerweise einem bestimmtem Mileu angehören und zur Erkenntnisgewinnung angeworben werden. Jens Maier (AfD) sagte, das Vorhaben stelle einen weiteren Schritt "in Richtung Totalüberwachung der Gesellschaft" dar.
Der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser warnte, es sei fahrlässig, Sicherheitslücken in der Messenger-Software nicht zu schließen, damit diese Verfassungsschutz und Polizei den Zugriff ermöglichten. Denn diese Lücken könnten dann auch von Cyberkriminellen und ausländischen Nachrichtendiensten ausgenutzt werden.
jb/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Gesetzentwurf der Bundesregierung: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44914 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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