Bei der Unterhaltungsshow sei nicht jeder Teilnehmer ein Künstler. Die Profitänzer bei "Let's Dance" seien vielmehr Tanztrainer, die ihrem Sport nachgehen, urteilte das BSG. Eine Künstlersozialabgabe falle deswegen nicht an.
Die Produktionsfirma der TV-Shows "Let’s Dance" und "Dancing on Ice" muss für die professionellen (Eis-)Tänzer, die in dem TV-Format mit Prominenten auftreten, keine Künstlersozialabgabe bezahlen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag entschieden. Die Tänzer Massimo Sinato & Co seien als Sportler und nicht als Künstler im Sinne der Künstlersozialversicherung zu qualifizieren (Urt. v. 28.09.2017, Az. B 3 KS 1/17 R).
In dem jahrelangen Rechtsstreit klagte die Künstlersozialkasse (KSK) gegen die ITV Studios Germany, welche die RTL-Tanzshows "Let’s Dance" und "Dancing on Ice" in den Streitjahren 2006 und 2007 produzierte.
Nach § 1 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung versichert. Dementsprechend müsste ein Teil der Versicherungsbeiträge auch durch den Arbeitgeber – also das Unternehmen, welche die Tätigkeit verwertet - bezahlt werden.
BSG: In der Unterhaltungsshow ist nicht jeder Künstler
Die KSK vertrat dabei die Auffassung, dass die mitwirkenden Profitänzer als Künstler anzusehen seien und forderte die Produktionsfirma deswegen auf, die Künstlersozialabgaben – immerhin 22.225 Euro - zu zahlen. Vor dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen scheiterte die Klage bereits.
Das BSG hat die Klage der KSK nun auch abgewiesen. Dabei hielt der 3. Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Nicht jeder werde automatisch zum Unterhaltungskünstler, wenn er in einem Unterhaltungsformat eine eigenständige Leistung erbringe, stellten die Kasseler Richter klar. Entscheidend sei vielmehr, wie die konkrete Tätigkeit der Akteure im Kontext der Fernsehshows zu beurteilen sei.
In den Tanzshows treten Prominente zusammen mit einem professionellen Tänzer als Tanzpaar gegeneinander in einem Wettbewerb an. Das BSG vergleicht die Tätigkeit der Tanzprofis mit derjenigen von Tanztrainern: In den genannten Shows präsentierten sie schwerpunktmäßig ihren Tanz als Sport. Professioneller Leistungs- beziehungsweise Freizeitsport falle aber grundsätzlich nicht unter die Künstlersozialversicherung.
Für den Tanz sei dies nur ausnahmsweise möglich, wenn er als eine Form der darstellenden Kunst ausgeübt werde. Genau davon ging der Senat allerdings nicht aus. Der wesentliche Unterhaltungswert der TV-Shows läge nämlich gerade in der Inszenierung der prominenten Showteilnehmer, die sich an den Regeln des Turniertanz- beziehungsweise Eistanzsports messen lassen müssten, so die Sozialrichter.
2/2: CSD-Veranstalter ist kein "professioneller Kunstvermarkter"
In einer weiteren Entscheidung vom Donnerstag entschied das BSG außerdem, dass auch der Veranstalter des jährlichen Christopher Street Day keine Sozialabgabe für diejenigen Künstler bezahlen muss, die im Anschluss an die politische Demonstration im Rahmen des Abendprogramms des CSD auftreten (Urt. v. 28.09.2017, Az. B 3 KS 2/16 R).
Weil die auftretenden Künstler teilweise Honorare erhielten, erhob der Deutsche Rentenversicherung Bund gegenüber dem gemeinnützigen eingetragenen Verein für die Jahre 2002 bis 2006 Künstlersozialabgabe. Dagegen setzte sich der CSD-Veranstalter gerichtlich zu Wehr.
Wie auch schon die Vorinstanzen gab das BSG der Klage statt. Der CSD-Trägerverein unterliege nicht der Abgabepflicht nach dem KSVG. Er sei nämlich kein "professioneller Kunstvermarkter", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.
Im Vordergrund seiner gemeinnützigen Vereinstätigkeit stehe der Abbau von Vorurteilen gegenüber sexuellen Minderheiten und die Bekämpfung von Diskriminierungen, die sich gegen diese Menschen richten. Das künstlerische Abendprogramm flankiere dieses eigentliche Ziel, so die Kasseler Richter.
Für eine Abgabepflicht eine gewisse Nachhaltigkeit der Unternehmenstätigkeit und nicht nur eine "gelegentliche" Vergabe von Aufträgen erforderlich, urteilte der Senat. Dafür reiche es aber nicht aus, wenn nur einmal pro Jahr für wenige Stunden selbstständige Künstler gegen Entgelt beauftragt würden.
mgö/LTO-Redaktion
BSG zur Sozialabgabe: "Let's Dance"-Profitänzer sind keine Künstler . In: Legal Tribune Online, 28.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24771/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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