Ein Nutzer will Facebook verklagen, schickt dazu die Klageschrift auf Deutsch an den Firmensitz in Irland. Dort sitzt aber angeblich niemand, der Deutsch versteht. Das AG Mitte kauft dem Unternehmen diese Erklärung nicht ab.
Das Amtsgericht (AG) Berlin Mitte hat in einem Versäumnisurteil entschieden, dass die Zustellung einer Klageschrift in deutscher Sprache an die in Irland ansässige Facebook Ireland Ltd. wirksam ist (Urt. v. 08.03.2017, Az. 15 C 364/16). Eine Übersetzung ins Englische sei nicht erforderlich.
Ein Nutzer von Facebook hatte Klage gegen das Unternehmen erhoben. Die Plattform sollte demnach verpflichtet werden, ihm wieder uneingeschränkten Zugang zu seinem Account zu gewähren. Diesen hatte der Mann 2008 eingerichtet, Mitte 2016 wurde er aber gesperrt. Facebook wollte die Sperrung nicht wieder Rückgängig machen, da er "zur Nutzung von Facebook nicht berechtigt" sei und verwies auf die vom Unternehmen im Internet veröffentlichte "Erklärung der Rechte und Pflichten". Leider könne man dem Betroffenen zudem "aus Sicherheitsgründen keine zusätzlichen Informationen zur Sperrung" geben.
Nachdem auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts erfolglos blieb, erhob der Mann Klage. Er reichte die Klageschrift nebst Anlagen auf Deutsch ein. Die Zustellung der Dokumente erfolgte am Sitz von Facebook in Irland, ohne dass die Dokumente zuvor ins Englische übersetzt worden waren.
Facebook Irland versteht hinreichend Deutsch
Nach der europäischen Zustellungs-Verordnung darf der Empfänger die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks normalerweise verweigern, wenn es nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates oder in einer Sprache, die der Empfänger versteht, verfasst bzw. keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist. Facebook berief sich darauf, dass die zuständige Rechtsabteilung die Sprache nicht verstehe. Dementsprechend hatte sich das Unternehmen auch nicht gegen die Klage verteidigt, da sie ihrer Auffassung nach nicht wirksam zugestellt wurde.
Das AG Berlin Mitte hat nun auf entsprechenden Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren erlassen und Facebook nach dem Klageantrag verurteilt. Es sei davon auszugehen, dass Facebook Irland hinreichend Deutsch verstehe. Dabei sei nicht auf die Mitglieder der Geschäftsführung abzustellen. Vielmehr seien die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur maßgeblich, entschied das Gericht.
Angesichts von 20 Millionen Facebook-Kunden in Deutschland könne davon ausgegangen werden, dass Facebook Mitarbeiter beschäftigt, die in der Lage sind, sich in deutscher Sprache um rechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden zu kümmern. Dementsprechend sei auch die Beschwerde des Mannes in deutscher Sprache beantwortet worden. Die Zustellung sei deshalb wirksam gewesen, so das AG. Facebook hat nun aber noch bis Ende des Monats Zeit, Einspruch einzulegen.
acr/LTO-Redaktion
AG Berlin Mitte zur Zustellung einer Klage: . In: Legal Tribune Online, 11.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22635 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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