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Umfrage zum anwaltlichen Fremdbesitzverbot: Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rium befragt die Basis

von Hasso Suliak

19.10.2023

Häuserfassade mit dem Schriftzug "Anwaltskanzlei"

Anwaltskanzleien für Investoren öffnen?  Das BMJ hat eine Abfrage zum anwaltlichen Fremdbesitzverbot gestartet. Foto: picture alliance/dpa | Friso Gentsch

Mit Unterstützung der BRAK möchte Marco Buschmann von den Anwälten wissen, ob sie für eine Lockerung des anwaltlichen Berufsrecht sind. Konkret geht es um das geltende Verbot von reinen Kapitalbeteiligungen an Anwaltskanzleien.

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Anwältinnen und Anwälten ist es derzeit in Deutschland nicht möglich, reine Kapitalgeber als Gesellschafter in ihre Kanzlei zu holen. Sowohl die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) als auch die Patentanwaltsordnung (PAO) erlauben nur eine gemeinsame Berufsausübung mit bestimmten, abschließend festgelegten Berufsgruppen. Und die gemeinsame Berufsausübung setzt voraus, dass alle Gesellschafter ihren Beruf aktiv ausüben. Eine reine Kapitalbeteiligung ohne Berufsausübung (Fremdbesitz) ist ausgeschlossen.

Gibt es in der anwaltlichen Praxis ein Bedürfnis, diese Regeln zu ändern? Oder hält die (Patent-)Anwaltschaft das Fremdbesitzverbot für richtig, etwa weil sie bei reinen Kapitalgebern in der Kanzlei Konflikte mit der anwaltlichen Unabhängigkeit erwartet? Das möchte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) nun in einer Umfrage herausfinden.

DAV: "Fragen hätten ergebnisoffener formuliert sein können"

Dabei bedient sich das BMJ ausgerechnet der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die sich seit Jahren vehement gegen ein Aufweichen des strikten Fremdbesitzverbotes ausspricht und dafür auch von einigen Berufsrechtlern jede Menge Kritik einstecken lassen muss. Allerdings stellte die BRAK in einer Erklärung zur Umfrage klar, dass sie sich lediglich bereit erklärt habe, "die Umfrage technisch zu begleiten und das Online-Umfragetool der BRAK für die Übermittlung der Fragen des BMJ zur Verfügung gestellt habe".

Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) werde die Umfrage des BMJ an diesem Donerstag an die Mitglieder der örtlichen Anwaltvereine weiterleiten, erklärte DAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge am Donnerstag gegenüber LTO. Man hoffe dabei auf eine rege Beteiligung. Der Ansatz, die Basis zu befragen, sei sinnvoll. Allerdings äußerte der DAV auch Kritik: "Die Fragen hätten an der einen oder anderen Stelle ein bisschen ergebnisoffener formuliert sein können," so Ruge.

Wettbewerb mit LegalTechs vs. anwaltliche Unabhängigkeit

Das Thema Fremdbesitzverbot an Anwaltskanzleien beschäftigt seit Jahren die Anwaltschaft. Mit der großen Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) zum 1. August 2022 hatte es bereits eine gewisse Liberalisierung gegeben. Seither dürfen sich Rechtsanwälte mit Angehörigen anderer freier Berufe zusammenschließen. Kapitaleigner mit rein finanziellen Interessen, ohne eigene aktive Mitarbeit also, und solche, die schlicht Unternehmer sind, ohne einem freien Beruf anzugehören, sind weiterhin ausgeschlossen. Kritiker halten dieses strikte Verbot für überholt, da es die Anwaltschaft im Wettbewerb mit Legal-Tech-Unternehmen benachteilige. Diese dürfen sich für ihre Geschäftsmodelle Kapital von außen beschaffen.  

Unterdessen sorgen sich diejenigen, die wie z.B. die BRAK am Verbot festhalten wollen, um die anwaltliche Unabhängigkeit: Sollte das Verbot kippen, befürchten sie eine Kommerzialisierung des Mandats. Ausschließlich Rentabilitätsinteressen verfolgende Kapitalgeber könnten dann Einfluss darauf nehmen, ob und wie Mandate geführt werden.

Entscheidung des EuGH erwartet

Neuen Schwung bekommen hat die Diskussion um eine Lockerung zuletzt nach einer Entscheidung des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs (AGH, Beschl. v. 20.4.2023, Az. BayAGH III-4-20/21). Der AGH äußerte erhebliche Bedenken, ob das deutsche Fremdkapitalverbot europarechtlich mit der Freiheit des Kapitalverkehrs sowie der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in Einklang steht. Die Münchner Richter legten daraufhin dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die entsprechenden Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vor. Wann der EuGH entscheidet, steht noch nicht fest.

Äußerungen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatten zuletzt Gerüchte genährt, das BMJ plane eine Lockerung des Fremdbesitzverbotes. So verwies Buschmann auf dem Anwaltstag des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) auf die Entscheidung des AGH. Diese gebe "Anlass", sich mit Fragen der Finanzierung von Anwaltskanzleien näher zu beschäftigen. Einige Tage wurde er auf einer anderen Veranstaltung nach Meinung von Teilnehmern konkreter: Die Überprüfung des Fremdbesitzverbotes für Rechtsanwaltskanzleien befinde sich auf der To-do-Liste seines Hauses. Teilnehmer der Veranstaltung interpretierten auch weitere Äußerungen Buschmanns so, dass eine Liberalisierung des Fremdbesitzverbotes nur noch eine Frage der Zeit sei.

Dass jetzt allerdings erst einmal der Bedarf bei den Anwälten für eine Liberalisierung des Berufsrechts abgefragt wird, ist nicht nur ungewöhnlich, sondern dürfte dazu führen, dass mit einer BMJ-Entscheidung so schnell nicht zu rechnen ist. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass der EuGH Marco Buschmann diese abnimmt.

Die Teilnahme an der Umfrage ist bis zum 26.11.2023 unter diesem Link möglich.

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Umfrage zum anwaltlichen Fremdbesitzverbot: . In: Legal Tribune Online, 19.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52960 (abgerufen am: 17.05.2025 )

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