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Gesetzentwurf für Rechtsdienstleistungen: FDP will Legal Techs lega­li­sieren

von Pia Lorenz

15.04.2019

Roboterhand hält Gerechtigkeitswaage

© Alexander Limbach - stock.adobe.com

Legal-Tech-Unternehmen wie Flightright & Co. gibt es längst, aber das Recht kam nicht hinterher. Die FDP will nun Rechtssicherheit für sie schaffen. Und dabei die neuen Geschäftsmodelle auch für Anwälte öffnen. 

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Die Digitalisierung hat auch den Rechtsmarkt längst erreicht. Fakten haben das Recht überholt, längst bieten sogenannte Legal-Tech-Unternehmen Verbrauchern Plattformlösungen im Netz an, um ihre Probleme zu lösen. Die bekanntesten unter den häufig noch jungen Firmen mit Startup-Charakter machen es möglich, kleine Forderungen ohne Kostenrisiko geltend zu machen und/oder zu überprüfen. Ihr Image: Sie erschließen einen Rechtsmarkt, den es bis dahin nicht gab, weil der einzelne Verbraucher seinen Anspruch wegen Missverhältnisses von Aufwand und Ertrag nicht geltend gemacht hat (rationales Desinteresse).

Das betrifft Fluggastentschädigungen (z.B. fligthright.de), Schadensersatzzahlungen nach dem Dieselskandal (myright.com), unzulässige Mieterhöhungen (wenigermiete.de) oder auch die Überprüfung von Hartz-IV-Bescheiden. Als Legal-Tech-Modelle definiert die FDP auch die Anwaltssuchmaschinen, die Verbrauchern ermöglichen sollen, den besten Anwalt für ihr rechtliches Problem zu finden (z.B. anwalt24.de).

Allen Modellen ist gemeinsam, dass sie sich nach aktuell geltendem Recht in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Die Freien Demokraten wollen das beenden und rechtssichere Bedingungen für die Arbeit von Legal-Tech-Unternehmen schaffen. Um die Modernisierung des Rechtsdienstleistungsrechts nicht allein dem Richterrecht zu überlassen, schlägt die FDP ein Gesetz vor, das weitgehend die Forderungen der Legal-Tech-Unternehmen aufgreift- und das tiefgreifende Änderungen auch für das anwaltliche Berufsrecht bedeuten würde.

Eine RDG-Lizenz extra für Legal-Tech-Plattformen

Die Partei will die automatisierte Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) explizit erlauben. Das RDG statuiert ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, verbietet also Rechtsdienstleistung grundsätzlich - es sei denn, sie ist erlaubt. Erlaubt ist sie zum Beispiel Anwälten oder registrierten Inkassodienstleistern. 

Die Legal-Tech-Unternehmen beantragen derzeit eine Inkassolizenz, um ihre Dienstleistungen anzubieten; die passen aber häufig nicht so recht zu dem, was sich der Gesetzgeber unter einer Inkassolizenz so vorgestellt hat. Zudem haben die Plattformen damit erhebliche Vorteile gegenüber den Anwälten, deren berufsrechtliche Beschränkungen es ihnen verbieten, auf der Basis von Erfolgshonoraren zu arbeiten oder Gerichtskosten und - im Falle des Unterliegens im Prozess - die Kosten der Gegenseite zu übernehmen, auch nicht teilweise.

Die Liberalen wollen nun einen Nachweis über besondere Sachkunde für den Legal-Tech-Bereich zur Voraussetzung der Erteilung einer geeigneten, auf die Startups zugeschnittenen Lizenz machen. Es brauche hinreichende Rechtskenntnisse im jeweiligen angebotenen Rechtsgebiet (z.B. Reise- oder Mietrecht), aber auch hinreichende technische Kenntnisse, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Der sieht zudem eine Aufklärung der Verbraucher über die durch Algorithmen verursachten Risiken vor und verlangt die Anwesenheit einer im Sinne des RDG qualifizierten Person bei der Erstellung und Überwachung der automatisierten Systeme.

Aktuelle Modelle rechtlich absichern

Ebenfalls im RDG siedelt die FDP eine Änderung an, die das Geschäftsmodell der Legal-Tech-Unternehmen mittelfristig vor dem sicheren Tod retten könnte, wenn die Rechtsprechung ihnen in den Rücken fiele. Schließlich soll der Gesetzgeber nach dem Willen der Liberalen festschreiben, dass, selbst wenn die Unternehmen einen Verstoß gegen das RDG begangen hätten, dieser keine Auswirkungen auf die Forderung des Verbrauchers hätte, konkret eine Abtretung dadurch nicht unwirksam wäre.

Hintergrund ist die derzeitige, heftig geführte Debatte im Verfahren des Anbieters myright, der die Geltendmachung von Dieselgate-Ansprüchen gegen den Autobauer VW anbietet: Gleich mehrere Gutachten renommierter Berufsrechtler nehmen an, dass das Geschäftsmodell von myright, die ebenfalls als Inkassodienstleister auftreten und bei Übergang in gerichtliche Verfahren die US-Kanzlei Hausfeld beautragen, gegen das RDG verstößt.

Was wäre die Konsequenz? Für Prof. Dr. Martin Henssler vom Institut für Anwaltsrecht in Köln, der das von myright wohl am meisten gefürchtete Gutachten erstattet hat, ist die Rechtslage klar: Die Abtretung der Forderungen der Verbraucher an die Plattform-Unternehmen wäre nichtig, die Unternehmen wären nicht aktivlegitimiert, tausende Forderungen damit zwischenzeitlich verjährt. Dieses möglicher Ergebnis für bereits laufende Modelle will die FDP verhindern.

Schließlich sollen Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verhindern, dass die großen Unternehmen, gegen die die Legal-Tech-Plattformen sich primär wenden, deren Geschäftsmodellen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen den Boden entziehen.

In ihren AGB, die den Verträgen mit den Verbrauchern zugrunde liegen, sollen Unternehmen daher nicht mehr ausschließen dürfen, dass die Verbraucher ihre Forderungen an Dritte abtreten. Verbieten will die FDP auch, dass die Unternehmen - wie Fluggesellschaften - es ihren Kunden untersagen, dass Dritte (in diesem Fall: die Legal-Tech-Anbieter) ihre Forderungen geltend machen.

Anwälte: Erfolgshonorare möglich machen, Vermittlung erlauben

Würden die Legal-Tech-Startups per eigener Lizenz nach dem RDG erlaubt, würde die Besserstellung gegenüber den Anwälten zementiert, die durch ein eher restriktives Berufsrecht reglementiert sind. Dem will die FDP dadurch begegnen, dass sie auch den Anwälten künftig Erfolgshonorare gestattet.

Die Abschaffung von § 49b Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) soll es den Anwälten gleichzeitig erlauben, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen.

Gerade im Bereich des rationalen Desinteresses basieren die Geschäftsmodelle auf der Risikolosigkeit für Verbraucher: Diese müssen für die Geltendmachung ihrer verhältnismäßig kleinen Forderung nur zahlen, wenn sie gewinnen, also etwas von ihrem Geld (zurück-)bekommen.

Zudem will die FDP es Plattformen möglich machen, Verbraucher und Anwälte zu vernetzen. Verbraucher, die nach der Lösung eines Problems im Netz suchen, sollen also an spezialisierte Anwälte vermittelt werden können. Das schon existierende Modell der Anwaltssuchmaschinen soll damit aus einer Grauzone herausgeholt und Zahlungen seitens der Anwälte für die Vermittlung von Mandaten ermöglicht werden. Die Weitergabe bestehender "Mandantschaften und Aufträge" gegen Gebühr oder sonstige Vorteile bliebe weiter unzulässig; zulässig soll nach dem Willen der Liberalen hingegen die Vermittlung von Mandantschaften und Aufträgen vor ihrer Erteilung werden.

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Gesetzentwurf für Rechtsdienstleistungen: . In: Legal Tribune Online, 15.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34923 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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