Caroline von Hannover, die Ochsenknecht-Söhne und zuletzt Goetz Elbertzhagen und seine neue Freundin. Nicht nur die Klatschblätter, auch die Gerichte beschäftigen sich Jahr für Jahr mit A-, B- und C-Promis. Medienanwälte versuchen nun vermehrt, ihre Mandanten mit präventiver Pressearbeit zu schützen. Journalisten sollten sich davon nicht abschrecken lassen, meint Georgios Gounalakis.
Goetz Elbertzhagen will nicht mehr fotografiert werden. Schon gar nicht mit seiner neuen Freundin. Dies teilte sein Rechtsanwalt Ralf Höcker kürzlich in einer Pressemitteilung mit. Seine Mandanten verwahrten sich gegen jede Berichterstattung, die ihre Beziehung thematisiere. Es war da nur wenige Wochen her, dass Höckers Mandant mit seiner damaligen Frau bei RTL Exklusiv über sehr private Themen wie ihre Eheprobleme sprach.
Geht das? Erst die Filmkameras zu sich nach Hause einladen, und sich später gegen jegliche Berichterstattung verwahren? Gibt das Persönlichkeitsrecht einer Person die Befugnis, jegliche Bildberichterstattung zu steuern und zu unterbinden?
Solange es nur der Karriere förderlich ist
Solange die Berichterstattung positiv über die Mandanten ausfällt, gar für deren Karriere förderlich ist, wird sie geduldet, wenn nicht gar ausdrücklich gewünscht und gefördert. Gerne laden Prominente dann auch Kameras und Reporter zu sich privat nach Hause ein, um die Öffentlichkeit an ihrem privaten Glück teilhaben zu lassen und sich selber im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu sonnen und ihren Prominenzfaktor zu steigern.
In dem Moment aber, in dem die Berichterstattung kippt, sich also negativ entwickelt aus Sicht des Prominenten, weil nicht mehr über Familienglück, Liebe und Karriere berichtet wird, sondern vom Ende einer Beziehung, einem Rosenkrieg oder Drogenproblemen, wendet sich das Blatt. Dann werden die Informationen gestoppt, mit allen juristischen Mitteln wird versucht, gegen die jetzt missliebigen Artikel vorzugehen.
Prominente haben keine Alleinherrschaft über ihre Bildnisse
Als Hahn-auf-Hahn-zu-Theorie wurde das einmal bildlich und treffend bezeichnet. Aber kann der Prominente wirklich steuern, was über ihn berichtet wird? Und wie steht es in diesem Fall um die Pressefreiheit, wenn nicht die Presse, sondern der, über den berichtet wird, die Inhalts- und Deutungshoheit über den Artikel, die Bilder und den Filmbericht hat. Hat der Prominente also die Alleinherrschaft über sein Bildnis und den dazugehörigen Bericht?
Keineswegs. Bildnisse einer Person dürfen zwar grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, so will es § 22 S. 1 Kunst-Urhebergesetz (KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Nur der Abgebildete selbst darf entscheiden, ob und wie er in der Öffentlichkeit dargestellt wird.
Davon gibt es allerdings Ausnahmen. Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen ohne Einwilligung der abgebildeten Personen veröffentlicht werden, § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Doch was ist ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte? Die Gerichte haben diesen unbestimmten Rechtsbegriff in jahrelanger Rechtsprechung präzisiert. Die Klagebereitschaft von Caroline von Hannover hat maßgeblich dazu beigetragen.
EGMR-Urteile veränderten die deutsche Rechtsprechung
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und Bundesgerichtshof (BGH) entwickelten zunächst für § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG den Begriff der "Person der Zeitgeschichte". Dabei wurde nochmals differenziert: Eine "relative Person der Zeitgeschichte" ist durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis berühmt, durch dass sie Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Im Zusammenhang mit diesem Ereignis darf sie auch ohne Einwilligung abgebildet werden. Als Beispiel zu nennen sind etwa Teilnehmer der Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar".
Eine "absolute Person der Zeitgeschichte" findet demgegenüber bereits aufgrund ihres Status und ihrer allgemeinen Bedeutung öffentliche Aufmerksamkeit. Sie ist damit selbst Gegenstand der Zeitgeschichte und es darf über sie berichtet werden. Das sind etwa herausragende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und des Hochadels. An örtlich abgeschiedenen Plätzen in der Öffentlichkeit müssen die Medien allerdings auch diese Personen in Ruhe lassen.
Doch dieser langjährigen deutschen Rechtsprechung bereitete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), den Caroline von Monaco auf den Plan gerufen hatte, ein jähes Ende (Urt. v. 24.06.2004, Az. 59320/00). Auch absolute Personen der Zeitgeschichte dürften nicht schutzlos gestellt werden, so die Straßburger Richter.
Das Leben von Prominenten als zeitgeschichtliches Ereignis
Seit dieser Entscheidung ticken die Uhren etwas anders an den höchsten deutschen Gerichten. Bereits bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" sind die Belange der Öffentlichkeit zu beachten, ist das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gegen die Pressefreiheit sowie das Informationsrecht der Öffentlichkeit aus Art. 5 Abs. 1 GG abzuwägen. Diese Umsetzung der Rechtsprechung des EGMR durch den BGH (Urt. v. 06.03.2007, Az. VI ZR 51/06) ist bis heute maßgeblich und wurde auch später vom EGMR (Urt. v. 07.02.2012) nicht mehr gerügt.
Die Veröffentlichung darf aber, auch das ist gefestigte Rechtsprechung, kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzten, § 23 Abs. 2 KUG. So dürfen etwa keine Intimbilder, Nacktfotos, keine privaten und auch keine entstellenden Bilder verbreitet werden (sogenanntes abgestuftes Schutzkonzept).
Gefragt wird heute also nicht mehr nach einer "Person der Zeitgeschichte", sondern nach einem "zeitgeschichtlichen Ereignis". Damit soll dem Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen Rechnung getragen werden, weshalb der Begriff des Zeitgeschehens i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nach dem BGH auch weit zu verstehen ist.
Doch was ist nun ein zeitgeschichtliches Ereignis? Nach der Rechtsprechung des BGH sind "nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung umfasst, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt" (Urt. v. 06.03.2007, Az. VI ZR 51/06).
2/2: Auch die Yellow Press trägt zur Meinungsbildung bei
Dabei wird betont, dass auch durch unterhaltende Beiträge Meinungsbildung stattfinden kann, da solche Beiträge die Meinungsbildung sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen können als sachbezogene Informationen. Die Presse muss bei Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Meinungsbildung einen ausreichenden Spielraum haben, nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden zu dürfen, was im öffentlichen Interesse liegt.
Auch wenn reine Unterhaltung zur Meinungsbildung beiträgt, spielt jedoch bei der Abwägung auch der Informationswert eine gewisse Rolle. Denn je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten.
Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (BGH, Urt. v. 06.03.2007, Az. VI ZR 51/06). Daraus ergibt sich, dass Beiträge zur reinen Unterhaltung und Befriedigung der Sensationsgier des Lesers, die keiner sachlichen Diskussion dienen, gegenüber der Privatsphäre des Prominenten regelmäßig nicht mehr schützenswert sein können. Diese Grenze im Einzelfall zu bestimmen, wird auch weiterhin eine Kernaufgabe der Gerichte sein.
Präventive Pressearbeit der Medienanwälte
Immer mehr Medienanwälte versuchen nun, eine etwaige Berichterstattung bereits im Vorfeld zu verhindern. Aus Sicht der Mandanten ist eine präventive Pressearbeit sicherlich wünschenswert. Allerdings hat diese Pressearbeit nur bedingt eine rechtliche Wirkung. Das einzige was sie bewirken kann ist, dass Berichte aus der Intim- und Privatsphäre, das heißt aus den eigenen vier Wänden, im Vorfeld unterbunden werden. Berichte aus der Öffentlichkeitssphäre, also vom öffentlichen Auftritt und Leben des Prominenten, können die Anwälte grundsätzlich nicht verhindern.
Der Medienanwalt Christian Schertz teilte für seine Mandanten Alessandra und Oliver Pocher gleich mit, die Presse möge doch bitte erst gar keine Fragen stellen – auch nicht an das Management. Ist das nur ein frommer Wunsch oder doch eine rechtlich bindende Unterlassungsaufforderung, die die Presse zu beachten hat?
Unerfahrene Journalisten können durch eine solche Pressemitteilung durchaus eingeschüchtert werden. Aber sie sollten sich schleunigst sachkundig machen: Denn auch wenn die Einwilligung zur Bildberichterstattung im Vorfeld verweigert wird, ist eine Reportage mit Bild gleichwohl zulässig, wenn über ein zeitgeschichtliches Ereignis (durchaus auch unterhaltend in den bunten Blättern) berichtet wird. Und dazu gehören nach wie vor Bildberichte über Prominente und deren öffentlichem Leben, etwa vom artigen Auftritt auf dem roten Teppich der Filmfestspiele bis hin zum anschließenden öffentlichen Party- und Alkoholexzess.
Informationsinteresse besteht an guten wie an tragischen Ereignissen
Daran hat sich auch nach der Entscheidung des EGMR nichts geändert. Und das ist richtig so. Denn anderenfalls bliebe von der Pressefreiheit, die für die Demokratie schlechthin konstituierend ist, wenig übrig, wenn der Betroffene selbst bestimmen könnte, was, wie, zu welcher Zeit, in welchem Zusammenhang und in welchem Umfang über ihn öffentlich berichtet werden darf. Dann hätte es auch keine öffentliche Diskussion über die Steueraffäre Hoeneß gegeben.
Welchen Rat kann man einem Prominenten dann mit auf den Weg geben? Private Dinge sollte er öffentlich so wenig wie möglich preisgegeben, sei es über seine hübsche Partnerin, seine reiche Familie, sein tolles Haus, seine schnellen Autos, seine schöne Yacht oder seine mondäne Finka. Der Prominente hat es selbst in der Hand, ob er private Bilder und Informationen von sich aus der Hand gibt.
Sind private Informationen aber erst einmal öffentlich, dann hat er selbst dazu beigetragen, dass ihn der Bumerang jetzt trifft und an seinem Privatleben ein öffentliches Informationsinteresse erweckt worden ist, das auch dann fortbesteht, wenn sich das Blatt gewendet hat und aus der schönen Story mittlerweile eine traurige Geschichte ohne Happy End geworden ist. Das öffentliche Informationsinteresse besteht nämlich an guten wie an tragischen zeitgeschichtlichen Ereignissen. Oder anders gesagt: Wer sich mit privaten Informationen und Bildern selbst an die Öffentlichkeit wendet, begibt sich in Gefahr und kommt früher oder später darin um.
Der Autor Prof. Dr. Georgios Gounalakis ist Universitätsprofessor für Medienrecht an der Philipps-Universität Marburg.
Prof. Dr. Georgios Gounalakis, Bildberichte über Prominente: Die Hahn-auf-Hahn-zu-Theorie . In: Legal Tribune Online, 03.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8664/ (abgerufen am: 28.05.2023 )
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