Druckversion
Dienstag, 17.06.2025, 01:08 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/hintergruende/h/eugh-urtiel-c56815-0180-nummern-zusatzgebuehr-service-hotline-verboten
Fenster schließen
Artikel drucken
22248

EuGH verbietet Hotlines mit Zusatzgebühr: Kein Ser­vice unter dieser Nummer

von Dr. Andreas Brommer

02.03.2017

Telefonhörer am Kabel

© Brian Jackson - Fotolia.com

0180 – mit dieser Ziffernfolge beginnen die Service-Nummern vieler Unternehmen. Dass die Anrufe der Kunden damit mehr als gewöhnlich kosten, verstößt gegen den Verbraucherschutz, so der EuGH. Andreas Brommer erläutert das aktuelle Urteil.

Anzeige

Einen telefonischen Kundenservice bieten manche Unternehmen nur über eine kostenpflichtige Service-Hotline an, typischerweise unter einer 0180-Nummer erreichbar. Für Verbraucher ist diese Praxis vor allem dann ärgerlich, wenn es bei der Vertragsabwicklung zu Problemen kommt, so etwa zu Lieferverzögerungen oder einer fehlerhaften Rechnung. Warum, so fragen sich viele Verbraucher, sollen sie auch noch besonders hohe Telefongebühren zahlen, wenn es doch ohnehin schon hakt?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) zeigt in seinem am Donnerstag verkündeten Urteil Verständnis für die Verbraucher und läutete zwar nicht für alle, aber doch für zahlreiche kostenpflichtige Service-Hotlines das Ende ein (Urt. v. 02.03.2017, Rs. C-568/15).

Auslöser des Rechtsstreits war eine beim Landgericht (LG) Stuttgart eingereichte Klage der Wettbewerbszentrale gegen ein großes Versandhandelsunternehmen. Dieses Unternehmen hatte für seine Kunden eine Service-Hotline eingerichtet, die unter einer 0180-Rufnummer zu erreichen war. Ein Anruf bei dieser kostete 14 Cent pro Minute bei einem Anruf aus dem Festnetz und sogar 42 Cent pro Minute bei einem Anruf aus einem Mobilfunknetz.

Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen § 312a Abs. 5 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach darf für einen Anruf bei einer Service-Hotline keine höhere Gebühr anfallen als "das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes". Grundlage der Regelung ist Art. 21 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (RL 2011/83/EU). Ihr Art. 21 ordnet an, dass ein Verbraucher nicht mehr als den Grundtarif zahlen muss, wenn er mit einem Unternehmer im Zusammenhang mit einem bereits geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufnimmt.

Unternehmen: Kein Gewinn trotz Zusatzgebühr

Zweifellos war ein Anruf bei der Service-Hotline des Versandhandelsunternehmens teurer als ein Anruf bei einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobiltelefonnummer. Doch aus Sicht des beklagten Unternehmens kam es darauf nicht an, da es § 312a Abs. 5 S. 1 BGB nur verbiete, mit der Einrichtung eines Telefonservices Gewinne zu erwirtschaften. Das aber sei hier nicht der Fall, da das Unternehmen seinerseits dem beauftragten Telefonbetreiber ein Entgelt für die Einrichtung der Service-Hotline zahlen müsse. Die Telefongebühren überstiegen daher nicht die Kosten für die Bereitstellung der Telefonleitung.

Viele Regelungen des nationalen Rechts gehen auf unionsrechtliche Vorgaben zurück und sind daher im Lichte des Unionsrechts auszulegen – so auch § 312a Abs. 5 S. 1 BGB. Dem LG Stuttgart kamen Zweifel, ob diese Vorschrift mit dem Begriff des "Grundtarifs" aus Art. 21 der Richtlinie in Einklang zu bringen ist. Entspricht es noch eben diesem Grundtarif, wenn ein Unternehmen mit einer Telefonleitung zwar keinen Gewinn erzielt, die Telefongebühren aber höher sind als bei einem gewöhnlichen Anruf ins Fest- oder Mobilfunknetz?

Das LG Stuttgart setzte das Verfahren daher aus und wandte sich im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens an den EuGH. In seinen Schlussanträgen vom 10.11.2016 hatte bereits der Generalanwalt Maciej Szpunar die Bedenken des LG Stuttgart geteilt. Dieser Auffassung hat sich der EuGH nun angeschlossen.

Seite 1/2
  • Seite 1:

    Überhöhte Entgelte widersprechen dem Verbraucherschutz-Gedanken

  • Seite 2:

    Welche Art von Hotlines gehen und welche bleiben werden

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Andreas Brommer, EuGH verbietet Hotlines mit Zusatzgebühr: . In: Legal Tribune Online, 02.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22248 (abgerufen am: 17.06.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Europa- und Völkerrecht
    • Europa
    • Telekommunikation
    • Verbraucherschutz
  • Gerichte
    • Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Ein Kündigungsbutton, mit dem Verbraucher es im elektronischen Geschäftsverkehr leichter haben sollen. 13.06.2025
Verbraucherschutz

BGH zum Dauerschuldverhältnis:

Kün­di­gungs­button trotz Ein­mal­zah­lung nötig

Auch ein Abo, das einmalig 9,90 Euro kostet und automatisch endet, braucht einen nutzerfreundlichen Kündigungsbutton. Der BGH stellt auf einen weiten Begriff des Dauerschuldverhältnisses ab – anders als Teile der Literatur und Vorinstanz. 

Artikel lesen
Online Banking 03.06.2025
Banken

Beide Seiten mit Erfolgen im Revisionsverfahren:

BGH ent­scheidet zur Rück­zah­lung von Kon­to­füh­rungs­ent­gelten

Seit Jahren sind Kontoführungsentgelte immer wieder ein Thema beim BGH. Nun ging es um die Rückzahlung, wobei insbesondere auch die Verjährung relevant ist.

Artikel lesen
Die Apple Watch Series 9 steht im Fokus von Kritik bezüglich ihrer Klimaneutralitätsansprüche. 03.06.2025
Apple

LG Frankfurt a.M. sieht Werbeaussagen von Apple kritisch an:

Apple Watch doch nicht kli­ma­neu­tral?

Apple bewirbt einige seiner Produkte als klimaneutral, unter anderem auch das Apple Watch. Auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe hin befasst sich das Landgericht Frankfurt am Main mit der Frage. Die Richter äußern erhebliche Zweifel.

Artikel lesen
Das Bild zeigt die Cour de justice de l'Union européenne, symbolisch für rechtliche Entscheidungen zur Einreise und Schlepperei. 03.06.2025
Nachrichten

EuGH zur illegalen Einreise mit minderjährigem Kind:

Sch­lep­perei des eigenen Kindes nicht strafbar

Einer Kongolesin droht in Italien eine mehrjährige Haftstrafe, weil sie ihre minderjährige Tochter mit gefälschten Papieren ins Land
brachte. Nun gibt es ein Urteil des höchsten europäischen Gerichts.

Artikel lesen
Beamte der Bundespolizei bei einer Grenzkontrolle in Frankfurt/Oder im September 2023 02.06.2025
Asyl

VG Berlin fällt erste Eilentscheidungen:

Zurück­wei­sungen von Asyl­su­chenden sind uni­ons­rechts­widrig

Die umstrittene Wahlkampfforderung, alle Migranten an deutschen Grenzen zurückzuweisen, setzte die Union um. Nun bestätigt ein Gericht die Bedenken der Experten: Die Maßnahme verstößt gegen EU-Recht, eine Notlage ist nicht ersichtlich. 

Artikel lesen
Wahlplakate in Polen 30.05.2025
Nachrichten

Stichwahl in Polen am Sonntag:

Prä­si­den­ten­wahl mit­ent­schei­dend für Jus­tiz­re­form

Bei der Präsidentenwahl in Polen geht es um mehr als um ein Amt. Die Wahl könnte den Kurs der Justizreform, die Zukunft des Rechtsstaates sowie die Rolle des Landes in der EU bestimmen. Europa schaut genau hin.

Artikel lesen
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Rechts­an­walt (w/m/d) für Fi­nan­cial Li­nes

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Köln

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Logo von Deutscher Gewerkschaftsbund - DGB Bundesvorstand
Re­fe­rats­lei­ter*in (d/w/m) Ab­tei­lung Recht und Viel­falt

Deutscher Gewerkschaftsbund - DGB Bundesvorstand , Ber­lin

Logo von Gleiss Lutz
Rechts­an­wäl­te Kar­tell­recht (m/w/d)

Gleiss Lutz , Brüs­sel

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Rechts­an­walt (w/m/d) für Fi­nan­cial Li­nes

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Dort­mund

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
NomosWebinar: Cyber Resilience Act

25.06.2025

Alles nach Plan – Unternehmenssanierung durch Insolvenz- und Restrukturierungsplan (§ 15 FAO)

24.06.2025

Webinar: ChatGPT für Jurist:innen – jetzt von ChatGPT & DeepSeek profitieren!

24.06.2025

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Update EUPTD, Equal Pay und Entgelttransparenz 2025

25.06.2025

Logo von GvW Graf von Westphalen
GvW DigiTalks 2025: KI in der Vergabe

24.06.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH