Innerhalb der Bundesregierung gibt es Überlegungen, wie beim Cannabisgesetz ein Vermittlungsverfahren vermieden werden kann. Das BMJ hat nun angeregt, den Bundesländern entgegenzukommen, was das Inkrafttreten des umstrittenen Gesetzes angeht.
Wie LTO bereits berichtet hat, graut es den Landesjustizverwaltungen vor einem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) zum 1. April. Prinzipiell fordern alle 16 Landesjustizressorts einen späteren Starttermin.
Grund dafür ist vor allem eine umstrittene Amnestieregelung im CanG für Fälle, die künftig legal wären und in denen noch nicht vollstreckte Strafen entsprechend erlassen werden müssten. Die Rede ist von mehr als 100.000 Akten, die geprüft werden müssten – und zwar händisch, weil es mit der Digitalisierung in der Justiz nicht so weit her ist. In der Kürze der Zeit sei das nicht zu stemmen, heißt es seitens der Bundesländer.
SPD-CanG-Verhandlerin Carmen Wegge MdB wies die Vorwürfe der Länder im LTO-Interview am Donnerstag zurück. "Nur ein Bruchteil der Akten, in denen es um Verurteilungen nach dem Betäubungsmittelgesetz geht, betreffen Cannabis-Delikte, die wir künftig straffrei stellen", so Wegge.
Ob der Bundesrat deswegen nun am 22. März den Vermittlungsausschuss anruft, ist noch offen. Fachausschüsse der Länderkammer hatten bereits entsprechende Empfehlungen abgegeben. In der Bundesregierung sorgt man sich offenbar, wie man unter Umständen wochenlange Verhandlungen im Vermittlungsausschuss über die Freigabe von Cannabis verhindern könnte.
BMJ: "Änderungsgesetz noch in dieser Woche"
Wie nun aus Regierungskreisen bekannt wurde, hat das FDP-geführte Bundesjustizministerium (BMJ) gegenüber dem für das Vorhaben federführende Bundesgesundheitsminister angeregt, den Ländern entgegenzukommen und das Inkrafttreten der Amnestieregelung zur verschieben. Aus Sicht des BMJ ist es möglich, noch in dieser Woche ein Änderungsgesetz auf den Weg zu bringen. "In diesem könnte der Forderung der Länder nach einer Verschiebung des Inkrafttretens des Amnestiegesetzes um sechs Monate entsprochen werden. So könnte ein Vermittlungsausschuss vermieden werden", heißt es aus Regierungskreisen.
Auf Nachfrage von LTO verweist eine Sprecherin des BMJ darauf, dass man die Hinweise und Rückmeldung der Länder zu der in Art. 13 des CanG vorgesehenen Straferlassvorschrift bzw. Amnestieregelung sehr ernst nehme.
BMJ selbst hat keine konkreten Zahlen
"Dies betrifft insbesondere die Sorge der Länder vor einer Überlastung der Justiz infolge des Inkrafttretens der Amnestieregelung. Die genaue Zahl der von der Regelung betroffenen Fälle lässt sich zwar erst nach der Auswertung der Akten sicher beurteilen. Die Identifizierung und Auswertung dieser Akten sind Aufgabe der Justiz", so die Sprecherin. Eigene Zahlen der zu überprüfenden Akten lägen dem BMJ nicht vor. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kürzlich mitgeteilt, die Bundesregierung rechne mit maximal 7.500 Prüffällen für eine Haftentlassung.
Weiter führte die Sprecherin aus, dass das BMJ unabhängig von der genauen Fallzahl das federführende Bundesgesundheitsministerium (BMG) bei der Suche nach einer konstruktiven, für die Länder tragfähigen Lösung unterstütze. "Welche Optionen hierbei gewählt werden, liegt innerhalb der Bundesregierung allerdings primär in den Händen des federführenden BMG."
Um die Bundesländer zu besänftigen: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54118 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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