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Nach Geschehnissen in Butscha: UN und EU wollen zu Kriegs­ver­b­re­chen ermit­teln

04.04.2022

Zerstörte Panzer in Butscha, Ukraine, am 3. April 2022.

Die Zerstörungen in Butscha nach dem Rückzug der russischen Armee waren groß, Bilder von hunderten Leichen sorgten weltweit für Entsetzen. Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Rodrigo Abd

Bilder aus dem ukrainischen Ort Butscha sorgten am Wochenende weltweit für Entsetzen. Die UN-Menschenrechtschefin fordert nun umgehende Ermittlungen und die EU kündigt an, Ermittlungsteams zu entsenden.

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Die EU will zur Aufklärung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen Ermittlungsteams in die Ukraine schicken. Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mitteilte, sind die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol zu Unterstützung bereit. So könnte demnach die Arbeit einer bereits vereinbarten gemeinsamen Ermittlungsgruppe verstärkt werden. Diese soll Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären.

Über die aus befreiten ukrainischen Städten wie Butscha gemeldeten Gräueltaten zeigte sich von der Leyen schockiert. "Diese entsetzlichen Bilder dürfen und werden nicht folgenlos bleiben", kommentierte sie. "Die Urheber dieser abscheulichen Verbrechen dürfen nicht ungestraft davonkommen."

Bilder von Einwohnern der kleinen Stadt Butscha, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten dafür verantwortlich. Selenskyj hatte bereits am Sonntag von "Völkermord" gesprochen. Moskau hingegen streitet die Schuld für den Tod der Menschen vehement ab, Russlands Ermittlungskomitee hat derweil ein Verfahren wegen der Verbreitung von angeblichen Falschmeldungen zu Morden an Zivilisten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha eingeleitet.

Von der Leyen wirbt für "globale Antwort"

Mit Blick auf das weitere Vorgehen sprach sich von der Leyen für eine "globale Antwort" aus. Ihren Angaben zufolge laufen derzeit Gespräche zwischen Eurojust und dem Internationalen Strafgerichtshof, "um Kräfte zu bündeln und den Strafgerichtshof in die gemeinsame Ermittlungsgruppe einzubinden". Ein solcher koordinierter Ansatz der ukrainischen Behörden, der EU, ihrer Mitgliedstaaten und Agenturen sowie des Internationalen Strafgerichtshofs werde es ermöglichen, die Beweismittel so vollständig und rechtswirksam wie möglich zu sammeln, zu analysieren und zu verarbeiten.

Wie eine Entsendung von EU-Ermittlungsteams in die Ukraine umgesetzt werden könnte, soll nun EU-Justizkommissar Didier Reynders mit dem ukrainischen Generalstaatsanwalt klären. "Die Kommission wird die erforderliche technische und finanzielle Unterstützung für alle EU-geführten Untersuchungen bereitstellen", erklärte von der Leyen.

Auch Exhumierung von Leichen gefordert

Vorab hatte am Montag auch UN-Menschenrechtschefin Michelle Bachelet unabhängige Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen an Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha gefordert. "Es sollte alles getan werden, um Beweise zu sichern", sagte die Hochkommissarin am Montag in Genf. Alle Leichen sollten exhumiert, identifiziert und untersucht werden. Berichte aus Butscha und anderen Gegenden würden "schwerwiegende und beunruhigende Fragen über mögliche Kriegsverbrechen" und andere Rechtsverletzungen aufwerfen, sagte Bachelet.

"Für Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaft muss alles unternommen werden, um die Vorgänge in Butscha unabhängig und erfolgreich zu untersuchen", sagte Bachelet. Sie forderte Entschädigungen und Wiedergutmachung für die Opfer und ihre Familien.

ast/dpa/LTO-Redaktion

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Nach Geschehnissen in Butscha: UN und EU wollen zu Kriegsverbrechen ermitteln . In: Legal Tribune Online, 04.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48041/ (abgerufen am: 27.09.2023 )

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