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Bundesratsinitiative: Ham­burg will schär­feres Sexual­straf­recht als der Bund

16.02.2016

"Nein heißt Nein", lautet das Motto der Hamburger Initiative

© vadymvdrobot

Hunderte Frauen wurden in der Silvesternacht Opfer sexueller Übergriffe. Hamburg hat nun eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Sexualstrafrechts gestartet - und geht dabei über die Pläne des Bundes hinaus.

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Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht hat Hamburg zur Verschärfung des Sexualstrafrechts eine über die Pläne des Bundes hinausgehende Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. "Wir wollen, dass der Grundsatz 'Nein heißt Nein' bei der Reform des Sexualstrafrechts Leitformel wird", sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne) am Dienstag. Bislang schlage sich die triviale Erkenntnis, dass jede sexuelle Handlung gegen den Willen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verletze, immer noch nicht im Sexualstrafrecht nieder. "Wir brauchen (...) einen Paradigmenwechsel, damit jede Form der sexuellen Handlung gegen den erklärten Willen zukünftig unter Strafe gestellt wird."

Der Antrag soll voraussichtlich am 26. Februar in der Länderkammer beraten werden. Als Unterstützer gilt bislang das ebenfalls rot-grün regierte Niedersachsen.

Auch der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vor. Allerdings soll der Straftatbestand der Vergewaltigung künftig nur dann erfüllt sein, wenn sich das Opfer subjektiv als schutzlos empfindet oder der Täter einen "Überraschungsmoment" ausnutzt. Für Steffen geht das in die richtige Richtung. Gleichwohl bestehe die Notwendigkeit einer Reform der Strafrechtssystematik. Die Strafbarkeit dürfe nicht mehr von der Anwendung von Gewalt oder von der Gegenwehr des Opfers abhängig sein.

"Vielmehr muss das fehlende Einverständnis der oder des Betroffenen Anknüpfungspunkt sein", heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier. Sollte das weiter nicht der Fall sein, "drohen auch im Falle der Ausweitung der Sexualstrafbarkeit, wie sie die Bundesregierung bisher vorsieht, weiterhin Strafbarkeitslücken durch nicht erfasste Tatmodalitäten". Nach dem vom rot-grün regierten Hamburg vorgelegten Antrag soll Deutschland auch die sogenannte Istanbuler Konvention ratifizieren und vollständig umsetzen.

Istanbuler Konvention: Ein einfaches Nein muss reichen

Nach der "Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt" des Europarats verpflichtet Artikel 36 dazu, "jede nicht einverständliche sexuell bestimmte Handlung mit einer anderen Person unter Strafe zu stellen". Dabei solle die Strafbarkeit auch solche Handlungen umfassen, bei denen die Opfer keinen Widerstand leisten. Die Konvention war von Deutschland bereits 2011 unterzeichnet und 2014 in Kraft getreten.

Ob Hamburgs Antrag in der Länderkammer eine Mehrheit findet, ist noch unklar. Baden-Württembergs Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte zuletzt erklärt, dass sein grün-rot regiertes Land die Initiative des Bundes unterstütze. Im von SPD und CDU geführten Mecklenburg-Vorpommern hieß es, der Antrag werde derzeit geprüft. Landesjustizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) hatte jedoch wiederholt erklärt, dass ihr Maas' Reform der Paragrafen 177 und 179 des Strafgesetzbuches nicht weit genug gehe, weil für eine Strafbarkeit auch danach eine Nötigung oder die Ausnutzung einer besonderen Lage Voraussetzung bleibe. Wie Steffen verwies sie bereits mehrfach auf die Istanbuler Konvention, wonach "ein einfaches Nein reichen muss".

dpa/una/LTO-Redaktion

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Bundesratsinitiative: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18482 (abgerufen am: 12.06.2025 )

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