Die Stadt Annweiler muss ihre Stadthalle der AfD-Bundestagsfraktion für eine Veranstaltung überlassen. Die Stadt hatte dies verhindern wollen mit dem Argument, die Partei stelle eine konkrete Gefahr für Rechtsstaat und Demokratie dar.
Die Entscheidung ist unanfechtbar: Die Stadt Annweiler muss ihre Stadthalle der AfD-Bundestagsfraktion für eine Veranstaltung zur Verfügung stellen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz auf Antrag der Partei hin entschieden (Beschl. v. 20.03.2024, Az. 10 B 10273/24). Zwar gebe es keinen Mietvertrag und auch keine gültige Reservierung. Da die Stadt aber auch anderen Parteien den Saal überlasse, müsse dies auch für die AfD gelten, so das Gericht im Eilverfahren.
Die Stadt hatte mit eigenen Juristen versucht, die Überlassung der Stadthalle zu verhindern. Zwar hatte es zunächst eine Reservierungszusage für den sogenannten Hohenstaufensaal gegeben – diese war aber unstreitig abgelaufen, ein Mietvertrag nicht zustande gekommen. Unter Hinweis auf die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv sagte die Stadt, die AfD stelle eine konkrete Gefahr für den Rechtsstaat und die demokratische Grundordnung dar. Die Stadt mit einem parteilosen Bürgermeister wollte die Halle der Partei nicht überlassen. Vor dem Verwaltungsgericht bekam die Stadt noch Recht, das OVG hob die Entscheidung der Vorinstanz nun aber auf und verpflichtete die Stadt, die Halle zur Verfügung zu stellen.
Zu lösen ist der Fall über die Zweistufen-Theorie: Das "Ob" der Nutzung ist öffentlich-rechtlich zu beurteilen. Danach dürfen städtische Einrichtungen grundsätzlich genutzt werden, § 14 Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz. In der zweiten Stufe geht es dann um die privatrechtliche Nutzung (das "Wie") des Saales: Unstreitig hat die Stadt den Saal auch bisher politischen Parteien zur Verfügung gestellt, die Widmung der Halle ist nicht etwa auf kulturelle Veranstaltungen beschränkt.
Politisch bekämpfen ja, benachteiligen nein
Aus dem Parteienprivileg nach Art. 21 Grundgesetz (GG) und dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG folgt auch das Recht der Nutzung durch die Opposition. Dies gilt so lange, wie eine Partei nicht vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft ist. Bis dahin dürfen sich auch extremistische Parteien politisch betätigen und haben die gleichen Rechte wie andere Parteien. Sie dürften zwar politisch bekämpft, aber nicht bei der Vergabe kommunaler Einrichtungen benachteiligt werden, so das OVG nun in seiner Entscheidung. Die Kommune sei daher zum Abschluss eines Mietvertrages verpflichtet.
Die Stadt hatte sich laut der Mitteilung des OVG überlegt, die Halle im Falle eines Obsiegens der Partei anderweitig vergeben zu wollen – das wird juristisch aber nicht haltbar sein. Denn die Stadt ist nun mit der OVG-Entscheidung verpflichtet, die Halle zur Verfügung zu stellen und kann sich jetzt nicht mehr auf ihr – grundsätzlich bestehendes – Auswahlermessen bei mehreren Interessenten berufen.
Rechtsmittel können gegen diese im Eilverfahren ergangene Entscheidung nicht mehr geltend gemacht werden, es gibt hier lediglich zwei Instanzen.
Ähnliche Streitigkeiten hatte es im hessischen Wetzlar vor einigen Jahren gegeben, als die rechtsextreme und inzwischen als verfassungsfeindlich – aber wegen Unbedeutsamkeit nicht verbotene – NPD eine Stadthalle mieten und die Stadt dies verweigerte. Verfassungsrechtler zeigten sich damals fassungslos, dass sich Kommunen den gesetzlichen und gerichtlichen Vorgaben widersetzt hatten. Bei der NPD und auch jetzt bei der AfD hatten die Parteien übrigens eigene Mitglieder als ihre anwaltlichen Parteivertreter.
Annweiler muss Hohenstaufensaal vermieten: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54175 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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