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OVG Lüneburg: Frei­zei­t­aus­g­leich für geleis­teten Bereit­schafts­di­enst eines Poli­zei­beamten

25.01.2011

Das Niedersächsische OVG hat am Dienstag entschieden, dass die Zentrale Polizeidirektion Hannover verpflichtet ist, dem klagenden Polizeibeamten für geleistete Bereitschaftsdienste in vollem Umfang Freizeitausgleich zu gewähren.

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Der Kläger war im Jahr 2005 als Mitglied einer Hundertschaft am Standort Lüneburg tätig. Aus Anlass des Castor-Transports 2005 von der Wiederaufbereitungsanlage La Hague zum Transportbehälterlager Gorleben erließ die Polizeidirektion Lüneburg einen Einsatzbefehl, mit dem sie für die ihr unterstellten Polizeibeamten Mehrarbeit anordnete. Der Kläger unterlag diesem Einsatzbefehl und leistete während des Castor-Transports in der Zeit vom 18. bis zum 23. November 2005 insgesamt 32 Stunden Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdiensten. Diese Zeit wurde ihm mit 25 Prozent, mithin mit acht Stunden, auf die regelmäßige Arbeitszeit angerechnet. In diesem Umfang wurde dem Kläger für die geleisteten Bereitschaftsdienste Freizeitausgleich gewährt.

Mit seinem Begehren, die beklagte Zentrale Polizeidirektion zu verpflichten, ihm für die Bereitschaftsdienste in vollem Umfang Freizeitausgleich zu gewähren, war der Kläger vor dem Verwaltungsgericht nicht durchgedrungen. Seine Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte jedoch Erfolg.

Nach Auffassung des 5. Senats kann der Kläger von der beklagten Zentralen Polizeidirektion die Gewährung von weiteren 24 Stunden Freizeitausgleich beanspruchen. Die Arbeitszeitregelung für den Polizeivollzugsdienst vom 25. Mai 1992, auf deren Grundlage der Bereitschaftsdienst nur mit 25 Prozent auf die regelmäßige Arbeitszeit angerechnet worden ist, ist rechtsfehlerhaft. Die von dem Kläger geleisteten Bereitschaftsdienste sind vielmehr hinsichtlich des Freizeitausgleichs wie Volldienst zu behandeln.

Der Kläger ist nach den vorliegenden Dienstnachweisblättern zwar entgegen seiner Auffassung während des Castor-Transports 2005 nicht unter Verstoß gegen Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts rechtswidrig zu Mehrarbeit herangezogen worden. Es ist jedoch unzulässig, die geleisteten Bereitschaftsdienste hinsichtlich des Freizeitausgleichs anders als Volldienst zu behandeln, wenn der Bereitschaftsdienst - wie hier im Falle des Klägers - in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz geleistet wird und der
Beamte jederzeit während des Bereitschaftsdienstes dem Dienstherrn zur Verfügung stehen muss, um sofort seine Leistungen erbringen zu können. Der zeitliche Umfang der Dienstbefreiung muss dem zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit entsprechen. Eine lediglich anteilige Berücksichtigung der Bereitschaftsdienstzeiten und damit eine Differenzierung zwischen Volldienst und Bereitschaftsdienst bei der Berechnung eines Anspruchs auf Freizeitausgleich ist rechtswidrig. Denn die Zeiten des Bereitschaftsdienstes gelten in vollem Umfang als Arbeitszeit, die Beamten leisten somit während der gesamten Arbeitsschicht Dienst.

Von den Bereitschaftsdienstzeiten dürfen nach Auffassung des Senats auch nicht Zeiten abgezogen werden, die der Kläger nach der 2005 maßgeblichen Rechtslage ohne Ausgleich als Mehrarbeit leisten musste. Die Vorschrift des § 80 Absatz 2 Satz 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung hatte zwar bestimmt, dass ein Beamter fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne Ausgleich Mehrarbeit leisten muss. Hat ein Beamter jedoch - wie hier der Kläger - in einem Monat mehr als fünf Stunden Mehrarbeit geleistet, ist ihm eine "entsprechende" Dienstbefreiung zu gewähren. Hieraus ergibt sich, dass in einem solchen Fall für die gesamte über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit Freizeitausgleich zu bewilligen ist, das heißt ab der ersten Stunde.

Die beklagte Zentrale Polizeidirektion ist deshalb verpflichtet, dem Kläger den mit der Klage geltend gemachten Freizeitausgleich in einem Umfang von weiteren 24 Stunden zu gewähren (Urt. v. 25.01.2011, Az. 5 LC 178/09).

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob es rechtlich geboten ist, die im Rahmen einer rechtmäßigen Heranziehung zu Mehrarbeit geleisteten Bereitschaftsdienste hinsichtlich des Freizeitausgleichs wie Volldienst zu behandeln, von grundsätzlicher Bedeutung ist.

tko/LTO-Redaktion

 

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OVG Lüneburg: . In: Legal Tribune Online, 25.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2407 (abgerufen am: 13.11.2025 )

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