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OLG Nürnberg zu Corona: Keine Kün­di­gung auch bei ander­wei­tigem Ver­mögen

30.11.2020

Leere Stühle im Außenbereich eines Restaurants

(c) Jogerken/stock.adobe.com

Im Einzelhandel und in der Gastronomie hat die Corona-Pandemie zu erheblichen Einnahmeausfällen geführt. Konnte deshalb die Miete nicht bezahlt werden, darf nicht gekündigt werden – auch wenn anderweitig Vermögen bestand.

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Der Kündigungsausschluss während der Corona-Pandemie im Gewerbemietraumrecht setzt keine Vermögenslosigkeit des Mieters voraus. Das entschied das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) in einem am Montag veröffentlichten Beschluss (v. 04.09.2020, Az. 13 U 3078/20).

Der Betreiber einer Gaststätte in Nürnberg wurde wie so viele andere hart von der Pandemie getroffen. Aufgrund des Lockdowns fielen im April die Einnahmen vollständig weg, im Juni und Juli waren die Einnahmen immer noch sehr gering. Die finanziellen Reserven seien bereits in den Monaten März und April aufgebraucht gewesen, so der beklagte Gaststättenbetreiber vor Gericht, und auch die Corona-Soforthilfe habe nicht ausgereicht, um den Finanzbedarf zu decken. Daher sei es ihm nicht möglich gewesen, die Monatsmieten für Mai und Juni zu bezahlen.

Der klagende Vermieter ging daraufhin gerichtlich gegen den Gaststätteninhaber vor. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte den Gastwirt zur Räumung der Lokalität. Begründete hatte es das Urteil damit, dass der Kündigungsausschluss während der Corona-Pandemie nicht greife, da der beklagte Gastwirt den Zusammenhang zwischen der ausbleibenden Entrichtung der Miete und der Pandemie nicht glaubhaft gemacht habe. Das Urteil war vorläufig vollstreckbar, der Gastwirt hätte die Vollstreckung nur durch Leistung einer Sicherheit von 30.000 Euro abwenden können. Dagegen wehrte sich wiederum der Gastwirt vor dem OLG und beantragte die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung.

OLG zu Voraussetzungen des Kündigungsausschlusses in der Pandemie

Das OLG hat dem Antrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben, das Berufungsverfahren in der Hauptsache ist aber noch nicht abgeschlossen. Der 13. Zivilsenat kam nach summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafürspreche, dass das Urteil des Landgerichts mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden könne. Das Vorbringen des beklagten Gastwirts sowie die vorgelegten Beweismittel – eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters sowie Unterlagen aus der Buchhaltung – belegen aus Sicht des OLG nämlich sehr wohl den Zusammenhang zwischen Pandemie und Nichtzahlung der Miete. Ein weiteres Vorbringen sei darüber hinaus nicht nötig. Insbesondere müsse nicht die Vermögenslosigkeit in dem Zeitraum, in dem die Miete nicht gezahlt wurde, bewiesen werden.

Laut dem OLG kommt es für den Kündigungsausschluss im Rahmen der Pandemie, der sich in Art. 240 § 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) findet, gerade nicht darauf an, dass die Miete ggf. aus den laufenden gewerblichen Einnahmen oder sonstigen Erträgen bezahlt werden könnte. Die Tatsache, dass Gastwirte im Zeitraum zwischen dem 20. März 2020 und dem 29. Mai 2020 keinen Umsatz erzielen konnten, sei aufgrund der damaligen Rechtslage in Bayern, die eben die Schließung aller Gaststätten vorsah, offenkundig und bedürfe keines weiteren Beweises.

Gaststätten, die keinen Außer-Haus-Verkauf betreiben, konnten in diesem Zeitraum keine Umsätze erzielen. Es sei insbesondere nach dem Gesetz auch nicht erforderlich, dass der Gastwirt auf "sonstige Rücklagen" zurückgreifen muss. Deshalb reiche es für die Annahme eines wirksamen Kündigungsausschlusses aus, dass die Pandemie mitursächlich für die Nichtzahlung der Miete gewesen ist.

Dass im Juni und Juli wieder Einnahmen erzielt werden konnten, ist nach Ansicht des OLG bei der Beurteilung der Voraussetzung des Kündigungsausschlusses von untergeordneter Bedeutung. Die Miete habe im Fall des beklagten Gastwirtes jeweils zum Monatsanfang bezahlt werden müssen. Dass der Gastwirt dann zu einem späteren Zeitpunkt über Mittel verfügte, lasse sein Unvermögen, die Miete im Mai und Juni 2020 fristgerecht zu bezahlen, nicht rückwirkend entfallen.

Zum Schluss stellte das Gericht noch einmal klar: Die gesetzliche Regelung lässt die Zahlungspflichten keineswegs entfallen. Sie regele vielmehr nur, dass nicht gekündigt werden darf, wenn man im angegebenen Zeitraum nicht bezahlt. 

ast/LTO-Redaktion

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OLG Nürnberg zu Corona: Keine Kündigung auch bei anderweitigem Vermögen . In: Legal Tribune Online, 30.11.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43581/ (abgerufen am: 17.05.2022 )

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