Wer als Gefährder aus Deutschland in einen Drittstaat abgeschoben werden soll, darf unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise in einer normalen Haftanstalten untergebracht werden. Der EuGH sah darin keinen Verstoß gegen Unionsrecht.
In Deutschland werden Gefährder, die in einen Drittstaat abgeschoben werden sollen, bis zu ihrer Abschiebung im Normalfall getrennt von anderen Strafgefangenen in speziellen Hafteinrichtungen untergebracht. Der Bundesgerichtshof (BGH) wollte vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wissen, ob eine deutsche Ausnahmeregelung mit der EU- Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG (RL) vereinbar ist, nach der Abzuschiebende zwar getrennt von gewöhnlichen Gefangenen, aber nicht in speziellen, sondern gewöhnlichen Hafteinrichtungen untergebracht werden dürfen. Der EuGH hat am Donnerstag entschieden, dass die RL einer solchen nationalen Regelung wie der deutschen nicht entgegensteht (Urt. v. 02.07.2020 Az. C-18/19).
Hintergrund ist ein Fall aus Hessen, in dem das Land die Abschiebung eines Tunesiers angeordnet hatte. Der Mann sei unter anderem wegen seiner radikal-islamistischen Gesinnung, der Einstufung durch den Verfassungsschutz als "Schleuser und Rekrutierer" für den sogenannten Islamischen Staat und seiner Tätigkeit für den IS in Syrien eine besondere Gefahr für die nationale Sicherheit, befanden die Behörden damals - und brachten ihn deshalb unter Berufung auf die Ausnahme nach § 62a Abs. 1 S. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zwar getrennt von anderen Gefangenen, aber in einer gewöhnlichen Justizvollzugsanstalt unter. Gegen diese Unterbringung in der Haftanstalt hatte der Mann, der mittlerweile abgeschoben ist, rechtliche Schritte eingelegt.
Der Betroffene müsse, das betonten nun die Luxemburger Richter am Donnerstag, zwar von den übrigen Strafgefangenen getrennt werden. Die Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sei aber in einer Ausnahmesituation nicht zwingend erforderlich. Grundsätzlich stehe das EU-Recht damit einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach illegal im Land befindliche Drittstaatenangehörige zur Sicherung der Abschiebung getrennt von Strafgefangenen auch in einem normalen Gefängnis untergebracht werden dürfen. Voraussetzung dafür müsse allerdings sein, dass "eine tatsächliche, gegenwärtige oder hinreichend erhebliche Gefahr" etwa für die innere Sicherheit von der Person ausgehe.
vbr/dpa/LTO-Redaktion
EuGH billigt deutsche Ausnahmeregelung: . In: Legal Tribune Online, 02.07.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42079 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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