Druckversion
Freitag, 14.11.2025, 10:40 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bverwg-6b151-18-zweites-examen-durchgefallen-klausur-zweitkorrektor-begruendung
Fenster schließen
Artikel drucken
32195

BVerwG zur Bewertung einer Examensklausur: Wenn der Zweit­kor­rektor durch­fallen lässt

von Maximilian Amos

22.11.2018

Korrektorin bei der Arbeit (Symbolbild)

© schab - stock.adobe.com

Wer im Examen vom Erstkorrektor noch mit vier, vom Zweitkorrektor aber mit drei Punkten bewertet wird und schließlich durchfällt, darf sich ärgern. Besonders begründen muss der Zweitprüfer seine Ansicht aber nicht, so das BVerwG.

Anzeige

Endgültig durchgefallen im zweiten Examen - das bedeutet: kurz vor dem Ziel gescheitert. Und als ob das nicht schon bitter genug wäre, hat der Erstkorrektor der entscheidenden Klausur diese ursprünglich noch mit den rettenden vier Punkten bewertet, bevor schließlich der Zweitkorrektor intervenierte und den Prüfling durchfallen ließ. So geschehen im Fall eines gescheiterten Examenskandidaten aus Hessen, der vor Gericht gegen die Bewertung seiner Klausuren vorging.

Doch nur weil der Prüfling damit das Examen letztlich nicht besteht, muss der Zweitkorrektor seine Bewertung nicht in gesteigertem Maße begründen, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss (v. 24.10.2018, Az. 6 B 151.18). Somit kann der Mann nicht mehr Assessor werden.

Im Juni 2014 hatte er den Bescheid des Justizprüfungsamtes (JPA) erhalten, der ihm die schlechte Nachricht offenbarte: Zum zweiten und damit letzten Mal war er im Assessorexamen durchgefallen, da sieben Aufsichtsarbeiten mit weniger als vier Punkten, also bestenfalls mit mangelhaft, bewertet worden waren. Um seine letzte Chance auf die berufliche Zukunft als Volljurist zu wahren, legte er Widerspruch gegen die Bewertung der Klausuren ein.

VG: Besonderes Rechtfertigungsbedürfnis fürs Durchfallenlassen

Dabei rügte er unter anderem die Bewertung der ersten Klausur im öffentlichen Recht (ÖI), bei der der Erstkorrektor ihm noch eine mit vier Punkten gerade so ausreichende Leistung bescheinigt hatte. Die Zweitkorrektorin war allerdings deutlich härter mit seiner Leistung ins Gericht gegangen und bestand auf einer Bewertung mit drei Punkten (nicht bestanden), wozu es schließlich auch kam.

Nachdem das JPA seinen Widerspruch zurückgewiesen hatte, klagte der Kandidat gegen die Bewertung und bekam vor dem Verwaltungsgericht (VG) sogar zunächst Recht. Dieses befand, die Zweitkorrektorin hätte schon etwas mehr begründen müssen, warum der Prüfling entgegen der Meinung ihres Kollegen die Klausur nicht bestehen sollte.

Dieser Auffassung trat in der Berufung schon das Oberverwaltungsgericht (OVG) entgegen und konstatierte, die Zweitkorrektorin habe ihre Entscheidung ausreichend begründet. Besonders rechtfertigen müsse sie sich keineswegs, auch wenn ihre abweichende Korrektur zum Nichtbestehen des gesamten Examens führe.

BVerwG: Keine Sonderbehandlung für potenzielle Durchfaller

Nun wies auch das BVerwG jegliche Kritik an der Zweitkorrektur entschieden zurück und nahm die Revision des Mannes schon gar nicht zur Entscheidung an. Dabei ließ es sich das Gericht aber nicht nehmen, in seinem Beschluss ein paar klare Worte zur Rechtsfrage zu verlieren. Es liege "auf der Hand", so die Leipziger Verwaltungsrichter, dass die Begründung der Zweitprüferin im vorliegenden Fall ausreichend gewesen sei. Schließlich habe sie bei ihrer ursprünglichen Korrektur noch gar nicht wissen können, ob der Prüfling wegen ihrer Bewertung sein Examen nicht bestehen werde.

Aber auch im nachträglichen Überdenkensverfahren, das durch den Widerspruch eingeleitet wurde und in dem die Prüferin auf einer Note von drei Punkten beharrte, habe sie sich an ihre Begründungspflichten gehalten. Das Stichwort lautete vor dem BVerwG wie auch schon vor dem OVG "Autonomie": Solange der Zweitkorrektor zeige - und das habe die Prüferin hier getan - dass er oder sie eine eigenständige Bewertung vorgenommen hat, sei diese auch nicht zu beanstanden.

Schließlich müsse für alle Kandidaten der gleiche Maßstab gelten. Der Prüfer "hat seine Bewertungen anhand der von ihm [...] autonom erstellten Maßstäbe [...] aus Gründen der Chancengleichheit auf die Bewertung aller Bearbeitungen derselben Prüfungsaufgabe anzuwenden", stellte das Gericht klar. Eine besondere Rechtfertigungspflicht, wenn der Zweitkorrektor einen Kandidaten durchfallen lässt und das gar zum Nichtbestehen des gesamten Examens führt, gibt es nach Ansicht der obersten Verwaltungsrichter also nicht.

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BVerwG zur Bewertung einer Examensklausur: . In: Legal Tribune Online, 22.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32195 (abgerufen am: 16.11.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Verwaltungsrecht
    • Ausbildung
    • Examen
    • Prüfungsrecht
    • Referendariat
    • Staatsexamen
  • Gerichte
    • Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
Ein Schild „Sächsisches Oberverwaltungsgericht“ steht vor dem Gebäude auf dem Gelände der Ortenburg 10.11.2025
Referendariat

Sächsisches OVG verpflichtet Freistaat:

Bewerber mit rechts­ex­t­remer Ver­gan­gen­heit darf Jurist werden

Das sächsische OVG hat entschieden, dass ein Bewerber trotz früherer Aktivitäten in rechtsextremen Organisationen vorläufig zum juristischen Vorbereitungsdienst zugelassen werden muss. Ohne strafbares Verhalten kein Ausschluss.

Artikel lesen
Das Bild zeigt einen Mann, der nachdenklich wirkt, während er über kontroverse Themen spricht, möglicherweise im Kontext rechtlicher Diskussionen. 01.11.2025
Podcast - Die Rechtslage

Bolz-Tweet / Diskriminieren in Gottes Namen / Jura-Noten-Irrsinn:

"Im Fall Bolz ist vor allem die Empörung unver­hält­nis­mäßig"

Einmal Provozieren auf Twitter und die Polizei kommt nach Hause? Dürfen die Kirchen bei Bewerbern diskriminieren? Horror-Noten und Willkürverdacht - wie fair ist das Jura-Studium? Dies und mehr in Folge 45 des LTO-Podcasts Die Rechtslage.
 

Artikel lesen
Eine Ärztin und eine Patientin im Gespräch. 30.10.2025
Krankenversicherung

Versicherungen für Juristen im Staatsdienst:

"Pri­vate Kran­ken­ver­si­che­rungen sind verpf­lichtet, ein Angebot zu machen"

Was ist die Beihilfe, muss man sich immer privat krankenversichern, hat das Nachteile und was ist, wenn man Vorerkrankungen hat? Bei Versicherungen für Juristen im Staatsdienst gibt es viele Mythen. Andreas Becker klärt sie auf.

Artikel lesen
Frau am Schreibtisch reibt sich die Augen vom vielen Lernen 25.10.2025
Staatsexamen

16.512 Noten ausgewertet:

Die Exa­mens­klau­suren ver­langen viel – zu viel?

Von 25 Prüflingen nur ein Top-Kandidat: Jörn Griebel und Roland Schimmel haben die NRW-Examensnoten eines ganzen Jahres analysiert. Sie sind sich sicher: Was wir uns mit diesem staatlichen Prüfungswesen leisten, ist wirklich abenteuerlich.

Artikel lesen
Das Bild zeigt eine telefonische Podcast-Diskussion über Herausforderungen im Jurastudium und Strategie zur Prüfungsvorbereitung. 20.10.2025
Staatsexamen

Jura-Karriere-Podcast:

Das Examen als größter "Man­dant"

Durchs Examen gefallen – und dennoch nicht gescheitert. Heute promoviert Sina Lotfipour in Köln und arbeitet in einer Kanzlei. Er erzählt, wie er sich aus der Krise kämpfte und was mentale Stärke für den Zweitversuch bedeutet.

Artikel lesen
Das Bild zeigt einen Besprechungsraum mit juristischen Büchern, symbolisch für fehlende weibliche Prüferinnen in Gremien. 18.10.2025
Staatsexamen

Viele Juristinnen, wenige Prüferinnen:

Warum Frauen in Prü­fungs­kom­mis­sionen fehlen

Obwohl Frauen die Mehrheit unter Jurastudierenden und Examensabsolventen stellen, sitzen in den mündlichen Prüfungskommissionen weiterhin überwiegend Männer. Woran liegt das und was tun die Prüfungsämter dagegen?

Artikel lesen
ads lto paragraph
lto karriere logo
ads career people

Wir haben die Top-Jobs für Jurist:innen

Jetzt registrieren
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Mün­chen

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von ARQIS
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Re­gu­lato­ry

ARQIS , Ber­lin

Logo von BOARD CONNECT GmbH
Lei­tung des Ka­tho­li­schen Da­ten­schutz­zen­trums /...

BOARD CONNECT GmbH , Dort­mund

Logo von CMS Deutschland
Le­gal En­gineer / Le­gal Tech Spe­cia­list (m/w/d) im Be­reich „Do­cu­ment...

CMS Deutschland , Ber­lin

Logo von Clifford Chance Partnerschaft mbB
BACKS­TA­GE - Das Pro­gramm für Prak­ti­kant*In­nen am Stand­ort Düs­sel­dorf...

Clifford Chance Partnerschaft mbB , Düs­sel­dorf

Logo von Clifford Chance Partnerschaft mbB
BACKS­TA­GE - Das Pro­gramm für Prak­ti­kant*In­nen am Stand­ort Frank­furt...

Clifford Chance Partnerschaft mbB , Frank­furt am Main

Logo von ARQIS
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Re­gu­lato­ry

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland(KMK)
Re­fe­rats­lei­tung Voll­ju­rist / Voll­ju­ris­tin (m/w/d)

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland(KMK) , Bonn

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
§ 15 FAO - Krisenprävention, Insolvenzreifeprüfung und Haftungsszenarien

17.11.2025, Hamburg

Logo von AnwaltVerein Stuttgart e.V. | AnwaltService Stuttgart GmbH
Baden-Württembergischer Mietrechtstag 2025

18.11.2025

Digitale Kamingespräche: Wie arbeitet man eigentlich im DFG-Fachkollegium Privatrecht?

19.11.2025

Miet- und Bauprozessrecht I - Erstinstanzliches Verfahren

18.11.2025

Aktuelle Entwicklungen bei der Besteuerung von Personengesellschaften – MoPeG-Folgeänderungen

18.11.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH