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BGH zur Reichweite der Unterlassungspflicht: NDR muss nicht gegen Youtube-Nutzer vor­gehen

01.10.2018

Videos in einem digitalen Fotoalbum

© metamorworks - stock.adobe.com

Der NDR muss bestimmte Äußerungen unterlassen und entfernte dazu einen Videobeitrag aus der Mediathek und der Trefferliste bei Google. Dass der Beitrag aber noch anderweitig verfügbar ist, ist nicht unbedingt Sache des Senders, so der BGH.

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Dürfen Medien bestimmte Äußerungen nicht mehr verbreiten, reicht es aus, diese von der Internetseite zu entfernen und von gängigen Suchmaschinen löschen zu lassen. Auf Dritte, die den entsprechenden Beitrag schon widerrechtlich weiterverbreitet haben, müsse hingegen nicht eingewirkt werden, solange die Verbreitung nicht wirtschaftlich vorteilig ist, so der Bundesgerichtshof (BGH) in einem nun veröffentlich Beschluss (v. 12.07.2018, Az. I ZB 86/17).

Der Entscheidung zugrunde liegt ein Fall des Norddeutschen Rundfunk (NDR), dem untersagt wurde, bestimmte Äußerungen aus einem Fernsehbericht unter dem Titel "Wirbel um belasteten Bauschutt in Hannover" in der Sendung "Markt" weiter zu veröffentlichen. Die öffentlich-rechtliche Anstalt entfernte den Beitrag daraufhin aus ihrer Mediathek und ließ diesen insbesondere bei Google löschen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Youtube-Nutzer den Bericht aber schon auf der Videoplattform eingestellt, welcher dort schon mindestens 153 Male abgerufen wurde. Davon erfuhr der NDR allerdings erst, als das Landgericht (LG) Hannover in einer einstweiligen Verfügung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro festsetzte, weil die Rundfunkanstalt gegen ihre Unterlassungspflicht verstoßen habe. Dagegen setzte sich die öffentlich-rechtliche Anstalt zu Wehr. Es stellte sich also die Frage, wie weit die Unterlassungspflicht reicht.

Der BGH kam, wie das OLG Celle in der Vorinstanz, zu dem Ergebnis, dass sich der NDR an das Unterlassungsgebot gehalten habe, weil die Rundfunkanstalt nicht dazu verpflichtet sei, die Veröffentlichung des Beitrags auf Youtube zu unterbinden.

BGH: Youtube-Nutzer hat Urheberrechte des NDR verletzt

Zwar erschöpfe sich eine Unterlassungsverpflichtung bei einer fortdauernden Störung nicht in einem bloßen Nichtstun, sondern umfasse auch jegliche Handlungen, die Störung zu beseitigen, insbesondere auch die Einwirkung auf Dritte, so der Senat.

Bei verbotenen Äußerungen in einem Fernsehbeitrag beschränke sich diese Pflicht aber grundsätzlich darauf, das Video in der Mediathek zu entfernen und bei den gängigen Suchmaschinen löschen zu lassen, heißt es in dem Beschluss aus Karlsruhe. Auf weitere Dritte müsse nur eingewirkt werden, wenn deren selbstständiges Handeln dem Unterlassungspflichtigen auch wirtschaftlich zugutekomme. Ansonsten hafte man für die Handlungen eines Nutzers einer Videoplattform jedenfalls nicht.   

Einen wirtschaftlichen Vorteil nahm der BGH im Falle des NDR aber nicht an. Zwar bewirke die Veröffentlichung auf YouTube, dass mehr Zuschauer von dem Inhalt des Fernsehbeitrags des NDR Kenntnis erlangen könnten. Ein potenziell größerer Zuschauerkreis führe allerdings alleine noch nicht zu einem relevanten wirtschaftlichen Vorteil für die Rundfunkanstalt, so der Senat. Der Beitrag auf Youtube sei vielmehr eine Konkurrenz zu dem Angebot in der Mediathek, der dessen Attraktivität schmälere und sich vielmehr negativ auswirken könne.

Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der Youtube-Nutzer die Urheberrechte des NDR verletzt habe, weil es alleine ihm obliege, wie seine Werk genutzt und wirtschaftlich verwertet würden, so der BGH.

mgö/LTO-Redaktion

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BGH zur Reichweite der Unterlassungspflicht: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31253 (abgerufen am: 13.06.2025 )

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