Die Entlassung eines verurteilten Mörders aus der U-Haft sorgte im Dezember für Wirbel im Brandenburger Landtag. Nach mehr als einem Monat in Freiheit muss der Mann nun wieder ins Gefängnis. Der BGH hat seine Revision verworfen.
Nach seiner Freilassung aus der Untersuchungshaft wegen zu langer Verfahrensdauer muss ein verurteilter Mörder wieder ins Gefängnis. Wie das Landgericht (LG) Potsdam mitteilte, hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil gegen Michael A. wegen Mordes bestätigt und die Revision verworfen (Az. 4 StR 512/18). Die Staatsanwaltschaft Potsdam habe nun wieder die Strafvollstreckung bei dem 64-Jährigen eingeleitet, erklärte das LG am Freitag.
Der Mann aus Stahnsdorf wurde im Februar vergangenen Jahres vom LG Potsdam wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt (Urt. v. 05.02.2018, Az. 21 Ks 5/17). Nach Überzeugung der Potsdamer Richter ist der Mann am ersten Weihnachtsfeiertag 2015 absichtlich mit seiner Frau im Auto auf einer Landstraße gegen einen Baum gefahren. Während der damals 63-Jährige schwer verletzt überlebte, starb die 57-Jährige an den Folgen ihrer Verletzungen. Das Gericht ging davon aus, dass der Mann wegen schwerer Depressionen einen erweiterten Suizid geplant hatte. Gegen das Urteil legte er Revision ein.
Obwohl der Mann weiterhin dringend verdächtig war, die Tat begangen zu haben, kam er Anfang Dezember nach einem Jahr und neun Monaten in Untersuchungshaft auf freien Fuß. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hob nämlich den Haftbefehl und die Haftfortdauerentscheidung auf (Beschl. v. 06.12.2018, Az. 1 Ws 184/18). Der Grund dafür war die überlange Verfahrensdauer.
Ladung zum Haftantritt noch nicht zugegangen
Nach dem landgerichtlichen Urteil, das am 5. Februar verkündet worden war, wurde das Hauptverhandlungsprotokoll erst am 27. Juli fertiggestellt, Urteil und Protokoll wurden den Verteidigern danach erst am 8. August zugestellt. Das OLG hielt das für mit dem verfassungsrechtlich zu beachtenden Beschleunigungsgebot unvereinbar, der Fortgang des Revisionsverfahrens sei dadurch erheblich verzögert worden.
Der Verteidiger des 64-Jährigen, Sven Oliver Milke, erklärte am Freitag, sein Mandant habe noch keine Ladung zum Haftantritt an seine Potsdamer Adresse erhalten. Milke verwies darauf, dass der BGH davon ausgegangen sei, dass sein Mandant noch in Haft sitze. Denn dies sei auf dem Beschluss des BGH vermerkt.
Innerhalb kürzester Zeit hatte das Brandenburgische OLG bereits den zweiten Verurteilten Straftäter aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß setzen lassen müssen. Anfang des Jahres hat das OLG entschieden, dass auch der ehemalige NPD-Politiker Maik Schneider wegen eines zu langen Verfahrens aus der Untersuchungshaft entlassen werden müsste. Schneider war – ebenfalls vom LG Potsdam - wegen eines Brandanschlags auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Februar 2017 zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Gegenüber LTO machte Schneiders Rechtsanwalt – ebenfalls Seven-Oliver Milke – dafür Versäumnisse bei der Verhandlungsdichte am LG Potsdam verantwortlich. "In dem Verfahren haben wir nur alle 14 Tage mal einen halben Tag gefunden." Die Richter am LG Potsdam hätten einfach nicht mehr Termine organisieren können. Diese Missstände am Gericht seien auch ein offenes Geheimnis, so Milke. "Irgendwann knallt es dann".
dpa/mgö/LTO-Redaktion
Nach Entlassung aus der U-Haft wegen überlanger Verfahrensdauer: . In: Legal Tribune Online, 18.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33313 (abgerufen am: 03.11.2024 )
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