Druckversion
Sonntag, 24.09.2023, 09:16 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-1str16519-baggerdiebstahl-kriminalbeamte-v-mann-v-leute-revision-freispruch/
Fenster schließen
Artikel drucken
43809

BGH zu V-Leute-Einsatz: Kri­mi­nal­beamte nicht wegen Bag­ger­dieb­stahls strafbar

22.12.2020

Roter Bagger vor blauem Himmel.

Petair - stock.adobe.com

Da zwei hochrangige Kriminalbeamte einen V-Mann auf eine Baggerdiebstahltour mit einer Rockergruppe schickten und ihre Kollegen dagegen nichts unternommen haben, wurden sie wegen Strafvereitelung im Amt angeklagt, aber freigesprochen.

Anzeige

Zwei hohe Kriminalbeamte des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) und weitere Kollegen haben sich durch eine Verwicklung eines V-Mannes in einen Baggerdiebstahl nicht der Strafvereitelung im Amt strafbar gemacht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und bestätigt damit die Freisprüche des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth aus erster Instanz. In Bezug auf den Vorwurf der falschen uneidlichen Aussage muss jedoch neu verhandelt werden (Urt. v. 22.12.2020, Az. 1 StR 165/19).

Dreh- und Angelpunkt des Falls ist ein Baggerdiebstahl in Dänemark. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei von sechs Kriminalbeamten des LKA vorgeworfen, sich an diesem Diebstahl in mittelbarer Täterschaft beteiligt zu haben. Ein "'Führungsbeamter'" und sein Vorgesetzter hätten einen in einer Rockergruppierung eingesetzten V-Mann angewiesen, die Mitglieder der Gruppe zu dem Diebstahl nach Dänemark zu begleiten. 

Außerdem hätten sie in einem anderen gegen denselben V-Mann geführten Strafverfahren als Zeugen unwahre Angaben über ihr Wissen um diese Diebstahlfahrt gemacht. Die anderen angeklagten Beamten hätten davon Kenntnis gehabt und weder ein Ermittlungsverfahren gegen ihre Kollegen noch gegen die Diebe eingeleitet oder gefördert. 

LG: Strafbarkeit nur in Bezug auf Falschaussagen

Das LG Nürnberg-Fürth sah zumindest die Vorwürfe in Bezug auf die Beteiligung am Diebstahl und der Strafvereitelung im Amt nicht bestätigt. Der Führungsbeamte habe durch weitere verdeckte Maßnahmen dem Verschwinden der Bagger vorgebeugt. Die Maschinen wären in Deutschland sichergestellt und der V-Mann, der auch entgegen der Anweisung einen der LKW steuerte, kurzzeitig festgenommen. Alle Beamten hätten den V-Mann für straflos gehalten. In Bezug auf die Falschaussagen verurteilte das LG die beiden Beamten jedoch zu Bewährungsstrafen.

Die entsprechenden Revisionen, die sich gegen alle Beamten allein wegen der vorgeworfenen Strafvereitelung nach Aufgriff des V-Manns richteten, hat der BGH nun als unbegründet verworfen. Die Karlsruher Richter haben laut Pressemitteilung keine Rechtsfehler erkannt. Die Feststellungen des LG würden belegen, dass die Kriminalbeamten davon ausgehen durften, dass der V-Mann sich nicht strafbar gemacht hat. Schließlich hätte der V-Mann selbst angenommen, dass die Bagger ohnehin sichergestellt werden würden. Außerdem hätten die Angeklagten die Namen der am Diebstahl beteiligten Mitglieder der Rockergruppe benannt, die inzwischen in anderen Verfahren rechtskräftig verurteilt wurden.

Regelungen zum Einsatz von V-Leuten werden kritisiert

Allerdings sei die Beweiswürdigung des LG in Bezug auf die falschen uneidlichen Aussagen nicht frei von Widersprüchen. Nur der Schuldspruch des Führungsbeamten der uneidlichen Falschaussage in zwei Fällen hätte Bestand. In den anderen Fällen muss nun neu verhandelt werden.

In Bezug auf die Regelungen zur Arbeit von V-Leuten ist schon seit längerem Kritik aufgekommen. So möchte auch die FDP im Bundestag den Einsatz von V-Leuten bei der Polizei gesetzlich klarer regeln. "Kriminelle und Extremisten als V-Leute anzuwerben und zu führen, ist auch für die Polizei ein wichtiges Instrument", sagte der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser im August der Deutschen Presse-Agentur. "Aber der Einsatz einer Vertrauensperson bleibt jedes Mal ein Drahtseilakt unseres Rechtsstaats. Für so etwas brauchen wir klare gesetzliche Regeln, die von Parlamenten beschlossen werden."

pdi/LTO-Redaktion 

Mit Material der dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BGH zu V-Leute-Einsatz: Kriminalbeamte nicht wegen Baggerdiebstahls strafbar . In: Legal Tribune Online, 22.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43809/ (abgerufen am: 24.09.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • BGH
    • Diebstahl
    • Polizei
    • Revision (Strafrecht)
    • Straftaten
    • Strafverfahren
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
21.09.2023
Körperverletzung

BayObLG verweist zurück ans LG München:

Straf­pro­zess gegen Jérôme Boa­teng geht weiter

Das LG München verurteilte den Fußballspieler wegen gewalttätiger Attacken auf seine Ex-Freundin zu einer Geldstrafe. Nun kassierte das BayObLG die Entscheidung in vollem Umfang, das LG habe es sich in einigen Punkten zu leicht gemacht.

Artikel lesen
21.09.2023
Korruption

Korrupte Mandatsträger:

Ver­schär­fung der Abge­ord­ne­ten­be­s­te­chung "auf der Ziel­ge­raden"

Seit Monaten verhandeln die Ampelfraktionen über eine Reform der Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung. Jetzt steht man offenbar kurz vor dem Durchbruch. Noch in diesem Jahr sollen Strafverschärfungen in den Bundestag eingebracht werden.

Artikel lesen
23.09.2023
Quizze

LTO-Rechtsquiz einmal anders:

Wie gut kennen Sie diese Serien und Filme mit Jura-Bezug?

Normalerweise fragen wir in unserem Rechtsquiz immer "hartes" Jura ab. Heute zeigen wir aber mal unsere weiche Seite und wollen von Ihnen wissen: Wie gut kennen Sie die folgenden Jura-Filme und Anwaltsserien?

Artikel lesen
22.09.2023
Glücksspiel

Wettbüros und Jugendschutz:

Führe uns nicht in Ver­su­chung

Wettbüros in Rheinland-Pfalz müssen 250 Meter Abstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen halten. Eine Betreiberin klagte dagegen. Ist die Abstandsregelung ein wirksames Mittel zur Suchtprävention? Die Frage entschied nun das OVG Koblenz.

Artikel lesen
22.09.2023
Staatsexamen

Tipps fürs Jurastudium:

So lernst Du mit Fällen fürs Examen

Karteikarten und Lehrbücher gehören auch dazu, am wichtigsten aber finden viele Jurastudierende das Lernen mit Fällen. Wo bekommt man für den eigenen Wissensstand geeignete Fälle her? Und was macht man dann mit denen? Hier gibt es Antworten.

Artikel lesen
22.09.2023
Beruf

Die Arbeit als Rechtsjournalist:

Über­setzer für die Gesell­schaft

Richter, Anwälte und Notare – die wohl bekanntesten juristischen Berufe. Ein weiteres Berufsfeld ist der Journalismus. Welche Aufgaben Rechtsjournalisten haben und was man dafür mitbringen muss, hat Vanessa Meilin Rolke recherchiert.

Artikel lesen
TopJOBS
Rich­ter:in­nen (w/m/d) im Rich­ter­ver­hält­nis auf Pro­be (Voll­ju­rist:in­nen...

Freie Hansestadt Bremen , Bre­men

Rechts­re­fe­ren­da­re (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Geld ver­die­nen als Te­le­fon­an­walt / Te­le­fon­an­wäl­tin

DAHAG Rechtsservices AG , 100% Re­mo­te

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Probe­rich­te­rin/Probe­rich­ter (w/m/d)

Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern , Schwe­rin

Do­zen­tur

Chinesisch Deutsches Institut für Rechtswissenschaften , Pe­king

Staats­an­wält:in­nen (m/w/d) im Rich­ter­ver­hält­nis auf Pro­be (Be­sol­dungs­grup­pe...

Freie Hansestadt Bremen , Bre­men

Rich­ter/in auf Pro­be (m/w/d)

Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt , Mag­de­burg

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Mehr Effizienz – Arbeiten mit der Textbausteinverwaltung

25.09.2023

beA von der BRAK-Oberfläche bis zur Nutzung in RA-MICRO

25.09.2023

Noerr Practice - Nachhaltigkeit

12.10.2023, Dresden

UN World Conference on Human Rights in Vienna 1993 - Strengthening Imperatives 30 Years After

27.09.2023, Wien

Innovationstag für Anwaltskanzleien Herbst 2023 bei K2L

27.09.2023, Nürnberg

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH