Druckversion
Freitag, 23.05.2025, 20:24 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/Bayerischer-Verfassungsgerichtshof-Vf15VII18-polizeiaufgabengesetz-pag-verfassungskonform-klage-abweisung
Fenster schließen
Artikel drucken
51990

Erneute Entscheidung des BayVerfGH: Klage gegen Poli­zei­auf­ga­ben­ge­setz abge­wiesen

14.06.2023

Bayerische Polizisten

Der BayVerfGH hat erneut entschieden: Das umstrittene Polizeiaufgabengesetz ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Foto: griangraf/Adobe.stock.com

Der BayVerfGH hat erneut über das umstrittene Polizeiaufgabengesetz entschieden und es abermals für verfassungskonform erachtet. Insbesondere die Vorschriften zum Präventivgewahrsam verstießen nicht gegen das Freiheitsgrundrecht.

Anzeige

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat erneut eine Entscheidung über das umstrittene Polizeiaufgabengesetz (PAG) gefällt (Az. Vf. 15-VII-1). Wie bereits im vergangenen Jahr hat das Gericht das PAG erneut als verfassungskonform angesehen und eine weitere Klage damit abgewiesen.

Schon 2018 hatten der Bund für Geistesfreiheit München und der Bund für Geistesfreiheit Bayern eine Popularklage eingereicht, über die nun entschieden wurde und mit der sie die Feststellung der Verfassungswidrigkeit zahlreicher Regelungen des PAG anstrebten. Dabei hatten sie insbesondere den Präventivgewahrsam und den im Gesetz verankerten Begriff der "drohenden Gefahr", der demnach als Voraussetzung für einige polizeiliche Maßnahmen ausreicht, kritisiert. Nach Ansicht der Kläger verstößt das PAG gegen das Rechtsstaatsprinzip, den Grundsatz der Gewaltenteilung und mehrere Grundrechte.

Der BayVerfGH entschied nun, dass die Klage zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Die Rüge an der Voraussetzung der "drohenden Gefahr" sei nicht ausreichend begründet worden. Auch eine mögliche Grundrechtsverletzung sei nicht hinreichend dargelegt worden, insoweit erachtete der Gerichtshof die Klage bereits als unzulässig.

Mit den Regeln für ein Präventivgewahrsam hat sich das Gericht jedoch im Detail auseinandergesetzt und kam zu dem Ergebnis: Die Vorschriften sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.

Präventivgewahrsahm mit Freiheitsgrundrecht vereinbar

Das PAG sieht die Möglichkeit des richterlich angeordneten Präventivgewahrsams vor, von der zuletzt häufig im Zusammenhang mit Demonstrationen von Klimaaktivisten Gebrauch gemacht worden war. Früher war dieser auf eine Dauer von 14 Tagen beschränkt. Mittlerweile darf er für einen Monat  mit Verlängerungsmöglichkeit bis zu einer Gesamtdauer von zwei Monaten angeordnet werden, wenn er der Verhinderung von Straftaten dient.

Der BayVerfGH erkennt in seiner Entscheidung zwar an, dass die präventive Ingewahrsamnahme einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt. Das Freiheitsgrundrecht der Betroffenen werde aber sowohl durch die im Gesetz vorgesehenen materiellen Eingriffsschwellen als auch durch verfahrensrechtliche Flankierungen ausreichend abgesichert. Zum staatlichen Schutzauftrag gehöre es nicht nur, kurzfristige Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren, sondern auch, solchen Gefahrenlagen zu begegnen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Insoweit verfolge die Regelung ein legitimes Ziel.

Da eine Ingewahrsamnahme zudem nur "als letztes Mittel" erlaubt sei, genüge die Vorschrift auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Gericht argumentiert, dass die Ausschöpfung der Höchstfrist schließlich nicht zwingend vorgegeben sei. Der jeweils zuständige Richter entscheide über die Dauer der Maßnahme vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalles. Eine Gewahrsamshöchstdauer von zwei Monaten werde daher in der Praxis nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen.

Entscheidung wenig überraschend

Mit diesem Ausgang des Verfahrens hatten die Kläger nach eigenen Angaben schon gerechnet. Ziel der Klage sei vielmehr gewesen, Bedenken aus der Bürgerschaft an die Justiz und Staatsregierung zu tragen.

Die juristische Debatte um das Gesetz geht aber trotz dieses Urteils weiter. Weitere Klagen gegen das Gesetz der Oppositionsparteien SPD und der Grünen sind noch anhängig.

lmb/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Erneute Entscheidung des BayVerfGH: . In: Legal Tribune Online, 14.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51990 (abgerufen am: 23.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Polizei- und Ordnungsrecht
    • Bayern
    • Gesetzgebung
    • Polizei
    • Rechtsstaat
    • Verfassung
  • Gerichte
    • Bayerischer Verfassungsgerichtshof
Bundespolizei im Einsatz 21.05.2025
Migration

Dobrindt zu Grenzkontrollen:

"Polizei kann das auch über einen län­geren Zei­traum stemmen"

Juristisch umstritten, politisch gewollt: Scheitern die verschärften Grenzkontrollen womöglich, weil schlicht zu wenig Polizei vorhanden ist? Nach Kritik der Polizeigewerkschaft äußert sich der Innenminister – auch zur rechtlichen Kritik.

Artikel lesen
Benjamin Ruß mit einem Plastikvisier mit dem Aufdruck "Empört Euch" 20.05.2025
Versammlungen

EGMR verurteilt Deutschland:

Stra­fur­teil wegen selbst­ge­bauten Plas­tik­vi­siers ver­letzt EMRK

Der linke Aktivist Benjamin Ruß nahm an einer Demonstration gegen die EZB teil und trug ein Plastikvisier vor dem Gesicht. Er wurde wegen Verstößen gegen das Schutzwaffenverbot verurteilt. Das verletzt seine Versammlungsfreiheit, so der EGMR.

Artikel lesen
Wahlplakate in Polen 16.05.2025
Nachrichten

Polen wählt am Sonntag:

Prä­si­den­ten­wahl mit­ent­schei­dend für Jus­tiz­re­form

Die Präsidentenwahl in Polen entscheidet mehr als nur über ein Amt – sie könnte den Kurs der Justizreform, die Zukunft des Rechtsstaates sowie die Rolle des Landes in der EU bestimmen. Europa schaut genau hin.

Artikel lesen
Razzia gegen 'Königreich Detuschland' 13.05.2025
Reichsbürger

Bundesweite Festnahmen von Reichsbürgern:

Dobrindt ver­bietet "Kön­ig­reich Deut­sch­land"

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungserzählungen und zahlen oft keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war zuletzt angewachsen. Die größte Vereinigung ist jetzt verboten.

Artikel lesen
Das Bild zeigt den Schriftzug der AfD und einen Kommentar zu ihrer Einstufung durch den Verfassungsschutz. 09.05.2025
AfD

Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz:

Rechts­ex­t­re­mis­tisch ein­ge­stuft – so gut wie ver­boten?

Wie viel ist mit der neuen Einstufung der AfD rechtlich schon vorentschieden für ein Parteiverbot? In der Diskussion gerät aus dem Blick, dass Einstufung und Verbotsverfahren unterschiedliche Voraussetzungen haben, meint Markus Sehl. 

Artikel lesen
Alexander Dobrindt 09.05.2025
AfD

Nach teils veröffentlichtem BfV-Papier:

Dobrindt prüft Ver­öf­f­ent­li­chung des kom­p­letten AfD-Gut­ach­tens

Medien zitieren munter daraus. Doch das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD bleibt für die Allgemeinheit unter Verschluss – zumindest vorerst. Bundesinnenminister Dobrindt will entscheiden, ob die brisanten 1.108 Seiten publik werden.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter & Re­fe­ren­da­re | Ar­beits­recht | Ber­lin, Frank­furt,...

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von LAFP NRW (Polizei)
Füh­rungs­kraft (m/w/d) in der Lauf­bahn­grup­pe 2.2

LAFP NRW (Polizei) , Düs­sel­dorf

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von ARQIS
Prak­ti­kan­ten (m/​w/​d) AR­QIS Sum­mer School 2025

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für al­le Rechts­be­rei­che

FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG , Ham­burg

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Prak­ti­kan­ten

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Mün­chen und 1 wei­te­re

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Moovijob Day Luxembourg in Trier

23.05.2025, Trier

Plötzlich doch selbständig? Wie aus einer Scheinselbständigkeit von Lehrkräften eine selbständige Tätigkeit werden kann

26.05.2025, Bonn

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fachanwaltslehrgang Erbrecht im Fernstudium/ online

23.05.2025

Konfliktvermeidung durch Vertragsgestaltung und Vertragsgestaltung zur Konfliktlösung

26.05.2025, Frankfurt am Main

Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH