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Lehrer mit Verfassungsbeschwerde erfolgreich: Durch­su­chung zur Berech­nung einer Geld­strafe unver­hält­nis­mäßig

15.12.2023

Ein Polizeiwagen vor einem Haus

Um an die gewünschten Informationen zu kommen, hätte nicht gleich die Wohnung des Lehrers durchsucht werden müssen, entschied das BVerfG. Foto: Maren Winter/Adobe.stock.com

Ein Lehrer soll Polizisten beleidigt haben. Daraufhin wurde seine Wohnung nach Auskünften durchsucht, um die Höhe des Tagessatzes einer Geldstrafe bestimmen zu können. Es hätte in diesem Fall aber mildere Mittel gegeben, so das BVerfG nun.

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Ein Lehrer ist mit seiner Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erfolgreich, nachdem die Polizei seine Wohnung durchsucht hatte. Der entsprechende Durchsuchungsbeschluss verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und sei unverhältnismäßig, so der Erste KarlsruherSenat (Beschl. v. 15.11.2023, Az.: 1 BvR 52/23).

Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte gegen den Lehrer wegen des Verdachts der Beleidigung von zwei Polizeibeamten ermittelt. Sie hatte ihm vorgeworfen, als Teilnehmer einer Kundgebung die Beamten als "Scheißkerle" und "Prügelbullen" bezeichnet zu haben. Um die Tagessatzhöhe für die Verurteilung des Lehrers zu bestimmen, sollten dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ermittelt werden. Hierfür ordnete das Amtsgericht (AG) Heilbronn im November 2021 die Durchsuchung der Wohnung des Lehrers an.

Im Januar 2022 gewährte der Lehrer den Beamten daher Zutritt zu seiner Wohnung und händigte ihnen seine jüngsten Bezügemitteilungen sowie seine Einkommensteuererklärung aus. Weitere Durchsuchungen gab es nicht. Im Januar 2023 kam es schließlich zur Hauptverhandlung, an deren Ende das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde.

Man hätte auch einfach die Besoldungsstelle fragen können

Die Karlsruher Richter urteilten nun, dass die Staatsanwaltschaft zwar durchaus Informationen über die Einkommensverhältnisse ermitteln dürfe, um für etwaige rechtliche Konsequenzen die Tagessatzhöhe bestimmen zu können. Allerdings hätte es nach Auffassung des BVerfG in diesem Fall reichlich alternative und grundrechtsschonendere Möglichkeiten gegeben. 

Naheliegend wäre es nach Auffassung des BVerfG beispielsweise gewesen, den Beschwerdeführer einfach selbst über dessen Verteidiger zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu befragen. Das BVerfG weist die Staatsanwaltschaft und das AG Heilbronn in seinem Beschluss außerdem darauf hin, dass auch ein Antrag bei der Besoldungsstelle oder Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und anschließende Bankanfragen mildere Mittel dargetellt hätten. Erst wenn auf Basis dieser Informationen eine Schätzung nicht möglich ist, seien Durchsuchungen zur Ermittlung der Einkünfte zur Bestimmung der Tagessatzhöhe verhältnismäßig, so das BVerfG.

Weil die Staatsanwaltschaft aber schon gar nicht versucht habe, die Einkünfte auf diesen Wegen zu ermitteln, sei die Durchsuchung der Wohnung unverhältnismäßig. Die Durchsuchung habe zudem außer Verhältnis zur Schwere der in diesem Fall verfolgten Straftat gestanden und den Lehrer somit in Art. 13 Abs. 1 GG verletzt.

dpa/lmb/LTO-Redaktion

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Lehrer mit Verfassungsbeschwerde erfolgreich: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53427 (abgerufen am: 22.05.2025 )

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