Das Personalkarussell in den großen Wirtschaftskanzleien hat sich auch in den ersten Monaten 2019 munter gedreht. Einige Anwälte sind sogar abgesprungen und machen nun ihr eigenes Ding. Ein Überblick über die spannendsten Transfers.
Was bewegt einen erfolgreichen Partner in einer renommierten Anwaltskanzlei dazu, alles hinzuschmeißen und noch einmal ganz klein anzufangen? Das Management von Allen & Overy wird sich das auch gefragt haben, denn gleich zwei sehr bekannte und überaus erfolgreiche Anwälte haben die Sozietät verlassen und sich selbstständig gemacht.
Ein ganz typisches Problem vieler mittelständischer Unternehmen wurde einer Münchener Traditionskanzlei zum Verhängnis: Man wird sich über die Nachfolgeregelung nicht einig. Normalerweise helfen Anwälte gerne bei einer Lösung, aber manchmal scheitern sie in eigener Sache. So konnte sich auch Bub Gauweiler & Partner nicht über die Nachfolge einigen – und hat sich schließlich aufgelöst. Einige Anwälte schlossen sich einer kleinen Transaktionsboutique an.
Besonders wechselfreudig waren im ersten Quartal dieses Jahres neben den Corporate-Anwälten die Arbeits- und Insolvenzrechtler. Gleich vier Arbeitsrechtspartner schlossen sich neuen Kanzleien an, ebenfalls mit vier Insolvenzverwaltern verstärkte Wellensiek die Partnerschaft.
Tschüss, Allen & Overy!
Tobias Neufeld hat eine steile Karriere in den internationalen Großkanzleien gemacht. Nach Stationen bei Cleary Gottlieb, Ashurst und Taylor Wessing stieg er 2010 als Partner bei Allen & Overy ein. Dort war er nicht nur ein anerkannter Arbeitsrechtler. Er hatte auch einige Management-Positionen inne und leitete zuletzt die weltweite Arbeitsrechtpraxis der Sozietät.
Doch nach 20 Jahren Großkanzlei sollte Schluss sein. Neufeld hat Allen & Overy verlassen und führt seit Jahresbeginn mit Neufeld Legal seine eigene Kanzlei in Düsseldorf. Spezialisiert ist die Einheit auf die Bereiche Arbeitsrecht, betriebliche Altersversorgung und Datenschutz.
Und nochmal Tschüss!
Noch ein anerkannter Partner hat Allen & Overy kürzlich den Rücken gekehrt und eine eigene Kanzlei gegründet: Daniel Busse, langjähriger Leiter der Konfliktlösungspraxis der Kanzlei, hat sich zum 1. März mit der Spezialkanzlei Busse Disputes selbstständig gemacht. Ihm haben sich weitere Anwälte von Allen & Overy angeschlossen.
Insgesamt sind neun Berufsträger für die Kanzlei tätig, deren Fokus auf Schiedsverfahren liegt. Damit dürfte Busse Disputes vom Start weg eine der größten ausschließlich auf Konfliktlösung spezialisierten Anwaltskanzleien hierzulande sein.
In München sagt man Servus
Vor der "gefürchtetsten Wirtschaftskanzlei Deutschlands", wie das Handelsblatt kürzlich titelte, muss niemand mehr Angst haben: Bub Gauweiler & Partner, bekannt insbesondere für Prozessführung und gesellschaftsrechtliche Beratung, wird aufgelöst. Zwischen den beiden Namenspartnern Dr. Peter Gauweiler (69) und Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub (72) gab es offenbar Meinungsverschiedenheiten über die Nachfolge.
Bub Gauweiler & Partner bestand seit 1996 und ihre Anwälte haben in diesen Jahren zahlreiche prestigeträchtige Mandate bearbeitet. So vertrat die Kanzlei etwa den Medienunternehmer Leo Kirch im Schadensersatzprozess gegen die Deutsche Bank nach der Insolvenz der Kirch-Gruppe.
Nun haben sich insgesamt zehn Berufsträger um Bub und den Partner Dr. Franz Enderle mit der Frankfurter Transaktionskanzlei Memminger zusammengeschlossen. Der ehemalige Milbank-Partner Dr. Peter Memminger (45) hatte die Kanzlei Anfang 2017 gegründet. Ihr gehörten bislang sieben Berufsträger an. Die Sozietät firmiert nun als Bub Memminger & Partner und ist in den Bereichen Prozessführung und Transaktionen tätig.
Von Shearman zu Gleiss Lutz
Gleiss Lutz ist üblicherweise eher zurückhaltend damit, Partner oder ganze Teams von anderen Kanzleien aufzunehmen. Bei Dr. Andreas Löhdefink hat die Kanzlei aber eine ihrer seltenen Ausnahmen gemacht.
Löhdefink, zuletzt Partner bei Shearman & Sterling, hat sich im Februar der M&A-Praxis von Gleiss Lutz in Frankfurt angeschlossen. Mit ihm wechselten zwei Associates. Der Schwerpunkt des kleinen Teams liegt auf M&A-Transaktionen für Finanzinstitute.
Von Luther zu K&L Gates
K&L Gates hat das Frankfurter Büro mit der Corporate-Partnerin Susanna Fuchsbrunner verstärkt. Sie war seit 2012 Partnerin bei Luther, davor arbeitete sie unter anderem für internationale Kanzleien wie King & Spalding und SJ Berwin (heute King & Wood Mallesons).
Ihre Karriere begann die Juristin, die auch als Attorney-at-Law zugelassen ist, bei einer US-Kanzlei in New York.
Fuchsbrunners Schwerpunkte sind internationale M&A-Transaktionen, zudem ist sie im Bereich Private Equity tätig.
Von Luther zu Pusch Wahlig
Die Arbeitsrechtskanzlei Pusch Wahlig Workplace Law holt für ihr Frankfurter Büro einen vierten Partner: Dr. Thomas Thees. Er war seit mehr als 20 Jahren bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft tätig und leitete dort zuletzt den Bereich Arbeitsrecht am Frankfurter Standort.
Thees berät Unternehmen vor allem bei Transaktionen und Restrukturierungen sowie im Bereich der betrieblichen Altersversorgung.
Von Watson Farley zu Latham & Watkins
Latham & Watkins bleibt auf Wachstumskurs: Die Kanzlei hat sich in den vergangenen Jahren wie kaum eine andere mit Quereinsteigern auf Partnerebene verstärkt und setzt dies auch 2019 fort. Mitte März stieß die Arbeitsrechtlerin Anne Kleffman zum Münchener Standort der Kanzlei. Sie war in den vergangenen sechs Jahren für Watson Farley & Williams tätig.
Die neue Partnerin berät laut einer Mitteilung von Latham & Watkins in individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragen, wobei ihre Schwerpunkte auf Restrukturierungen, Verhandlungen mit Betriebsräten und der arbeitsrechtlichen Transaktionsbegleitung liegen.
Von Latham & Watkins zu Goodwin Procter
Es ist nicht so, dass Latham & Watkins ständig nur Quereinsteiger hinzuholt. Hin und wieder verlassen auch Anwälte die Kanzlei. So etwa Gregor Klenk, der zu Goodwin Procter wechselte.
Klenk war 15 Jahre lang bei Latham & Watkins tätig, zuletzt als Partner der Frankfurter Corporate-Praxis. Er ist auf Private Equity und Venture Capital spezialisiert und soll bei Goodwin den Ausbau dieses Bereichs in Deutschland vorantreiben.
Goodwin ist seit Anfang 2016 in Deutschland vertreten und war zunächst mit vier Partnern von Ashurst gestartet. Insgesamt arbeiten derzeit rund 30 Anwälte hierzulande für die Sozietät.
Vier auf einen Streich bei Wellensiek
Gleich vier Partner mitsamt Teams haben sich der auf Sanierungen und Insolvenzverwaltung spezialisierten Kanzlei Wellensiek angeschlossen.
Von Jost Roth und Collegen wechselten Prof. Dr. Jan Roth, Dr. Daniel Wozniak und Moritz-K. Polonius – die Kanzlei firmiert nach den Weggängen jetzt als Jost Rechtsanwälte. Als vierte Partnerin hat sich Dr. Silke Wehdeking Wellensiek angeschlossen. Sie war zuvor für Leonhardt Rattunde tätig.
Roth führt bei Wellensiek neben seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter auch den neuen Geschäftsbereich Nachlassvermögensverwaltung. Durch die Zugänge sind nun zehn Insolvenzverwalter an elf Standorten bundesweit bei der Kanzlei tätig.
Von Ogletree Deakins zu PwC Legal
Der Name Ogletree Deakins dürfte nur wenigen ein Begriff sein. Dabei zählt die US-Kanzlei rund 850 Berufsträger; sie ist ausschließlich auf das Arbeitsrecht spezialisiert. In Deutschland ist Ogletree Deakins seit rund fünf Jahren mit einem kleinen Büro in Berlin präsent.
Der Berliner Standort ist noch weiter geschrumpft, denn zwei Partner - Hendrik Muschal und Dr. Marcus Longino – haben sich PwC Legal angeschlossen. Muschal war auch Managing Partner des Berliner Ogletree-Büros.
Die beiden Arbeitsrechtler haben Schwerpunkte im Individualarbeitsrecht, Betriebsverfassungsrecht, Beschäftigtendatenschutz und arbeitsrechtsbezogenem Strafrecht. Zudem beraten sie etwa zu Mitarbeiterentsendungen oder grenzüberschreitendem Outsourcing.
Transfermarkt im ersten Quartal 2019: Wer kommt? Wer geht? . In: Legal Tribune Online, 04.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34739/ (abgerufen am: 09.12.2023 )
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