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Aussage im Prozess am LG München I: Ex-Auf­sichts­rats­chef von Wire­card zunächst ohne Vor­würfe gegen Braun

04.10.2023

Markus Braun

Markus Braun im Gerichtssaal der JVA München-Stadelheim. Bild: picture alliance / dpa / Matthias Balk

Ist der frühere Wirecard-Chef Markus Braun ein Milliardenbetrüger oder selbst Opfer einer kriminellen Bande? Die Aussage des früheren Aufsichtsratschefs Eichelmann soll zur Klärung der Frage beitragen.

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Im Wirecard-Prozess vor dem Landgericht München I (Az. 4 KLs 402Js 108194/22) hat der frühere Aufsichtsratsvorsitzende des 2020 kollabierten Konzerns bislang keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen den angeklagten Ex-Vorstandschef Markus Braun erhoben. Zu Beginn seiner auf zwei Tage angesetzten Zeugenvernehmung berichtete Thomas Eichelmann am Mittwoch, dass es in dem Kontrollgremium zwar Ärger über Braun gegeben habe. Doch beschuldigte Eichelmann den wegen mutmaßlichen Milliardenbetrugs vor Gericht stehenden österreichischen Manager keiner Straftat.

"Wer ist schon davon ausgegangen, sich in einer Art Spionagethriller wiederzufinden, wenn er im Aufsichtsrat eines Dax-Unternehmens sitzt", sagte der 58 Jahre alte Eichelmann lediglich. Der ehemalige Unternehmensberater war ein Jahr vor der Wirecard-Insolvenz im Juni 2019 Mitglied des Aufsichtsrats geworden. Dessen Vorsitz übernahm er im Januar 2020. Im April 2020 stellte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bei einer Sonderuntersuchung der Konzernbilanzen fest, dass es für knapp zwei Milliarden Euro an verbuchten Erlösen keine zweifelsfreien Belege gab.

Ärger ja, Konsequenzen nein

Der Aufsichtsrat forderte Braun deswegen auf, die von KPMG genannten Mängel in einer Ad-hoc-Mitteilung publik zu machen. In dem von Braun veröffentlichten Text dieser Börsenpflichtmeldung war davon jedoch keine Rede. Stattdessen hieß es in der Ad-hoc-Meldung, dass die Prüfer keine belastenden Belege für Bilanzmanipulation gefunden hätten. Der Aufsichtsrat diskutierte anschließend, ob Braun gefeuert werden sollte, und holte deswegen Rechtsberatung ein.

"Man hat sich über den Dr. Braun geärgert", sagte Eichelmann dazu. Für eine Abberufung habe es nach Meinung der Rechtsanwältin aber nicht gereicht. Das Aus für Braun kam dann zwei Monate später und wenige Tage bevor der Konzern Insolvenz anmeldete. "Herr Dr. Braun hatte wenige Minuten, zu überlegen, ob ich ihn rausnehme, oder ob er freiwillig zurücktritt", sagte Eichelmann. Braun entschied sich für "freiwillig".

Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager stehen seit Dezember wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs vor Gericht. Laut Anklage sollen sie seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. Braun bestreitet sämtliche Vorwürfe.

dpa/sts/LTO-Redaktion

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Aussage im Prozess am LG München I: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52842 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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