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EuGH: Rich­ter­liche Unab­hän­gig­keit in Malta ist gewähr­leistet

20.04.2021

Sicht auf Valetta auf Malta.

aapsky - stock.adobe.com

Obwohl der Premierminister in Malta eine starke Stellung bei der Ernennung von Richterinnen und Richtern inne hat, verstößt dies nicht gegen EU-Rechtsstaatsvorschriften. So der EuGH, der dabei auch Fortschritte Maltas seit dem EU-Beitritt lobt.

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Hat der Premierminister eines Mitgliedstaats eine entscheidende Befugnis bei der Richterernennung, dann verstößt das nicht zwangsläufig gegen Unionsrecht. Entscheidend ist, ob die Beteiligung eines unabhängigen Gremiums ebenfalls vorgesehen ist. So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Richterbenennung in Malta entschieden und dabei betont, dass die Unabhängigkeit der dortigen Richterinnen und Richter seit dem EU-Beitritt gestärkt wurde (Urt. v. 20.4.21, Rs. C-896/19).

Der EuGH hat sich mit dem Vorabentscheidungsersuchen eines maltesischen Gerichts auseinandergesetzt, welches über die Klage des Vereins "Repubblika" zu entscheiden hat. In seiner Klage beanstandet der auf Schutz von Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit gerichtete Verein das in der maltesischen Verfassung vorgesehene Verfahren zur Ernennung von Richterinnen und Richtern. Konkret sehen diese Verfahren laut Pressemitteilung des EuGH die Befugnis des Premierministers vor, dem Präsidenten der maltesischen Republik einen Richteramtskandidaten vorzuschlagen. In der Praxis verfügt daher der Premierminister über eine entscheidende Befugnis bei der Ernennung maltesischer Richter. "Repubblika" hegt Zweifel daran, dass so die Unabhängigkeit der Gerichte gewährt wird. 

Allerdings sieht laut EuGH die Verfassung daneben bestimmte Voraussetzungen für die Richteramtskandidatinnen und –kandidaten vor sowie einen Ausschuss, der sie beurteilt und dem Premierminister dies in einer Stellungnahme darlegt.

EuGH: "Gremium trägt zur Objektivierung der Richterernennung bei"

Der EuGH hat nun entschieden, dass diese maltesischen Vorschriften nicht gegen Unionsrecht verstoßen. Zunächst erklären die Luxemburger Richterinnen und Richter die Vorschrift des Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV für anwendbar, welcher die Mitgliedstaaten verpflichte, die erforderlichen Rechtsbehelfe für einen wirksamen Rechtsschutz zu schaffen. In seine Auslegung bezieht der EuGH Art. 47 der Grundrechtecharta ein, das Grundrecht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz und ein faires Verfahren.

Diesen Vorschriften stehe ein Richterernennungsverfahren, das dem Premierminister zwar eine große Befugnis einräumt, aber auch die Stellungnahme eines unabhängigen Gremiums vorsieht, nicht entgegen. Ein solches Gremium trage zu einer Objektivierung des Richterernennungsverfahrens bei, wenn dieses Gremium selbst hinreichend unabhängig ist. Außerdem sei die Befugnis des Premierministers durch die in der Verfassung festgelegten Voraussetzungen für die Befähigung des Richteramts beschränkt.

Zudem betont der EuGH laut Pressemitteilung, dass seit dem Zeitpunkt des EU-Beitritts Maltas die Unabhängigkeit der dortigen Richterinnen und Richter "nicht untergraben, sondern gestärkt wurde". Maßgeblich dafür sei die 2016 eingeführte Einrichtung des genannten Gremiums gewesen.

pdi/LTO-Redaktion 

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EuGH: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44763 (abgerufen am: 18.11.2025 )

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