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Kündigung wegen Facebook Post: Besser privat pöbeln

von Christian Oberwetter

03.08.2012

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© N-Media-Images - Fotolia.com

Die Nutzung von Sozialen Netzwerken am Arbeitsplatz gehört längst zur Unternehmensrealität. Der eine oder andere Arbeitnehmer übersieht dabei,  dass ein unbedachter "Post" bei Facebook, XING oder Twitter unangenehme Folgen haben kann. In diesem Jahr hatten sich die ersten Arbeitsgerichte mit den Tücken von Facebook & Co. zu beschäftigen. Christian Oberwetter weiß, was sie entschieden haben.

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Wer seinen Unmut über den Arbeitgeber im Internet kundtut, sollte genau darauf achten, wer mitliest: Negative Äußerungen über das eigene Unternehmen auf Facebook können schnell den Arbeitsplatz gefährden. Das erfuhr eine Beschäftigte, die durch ihren Arbeitgeber als Sicherheitsmitarbeiterin am Empfang von O2  eingesetzt war. Sie hatte auf ihrem privaten Facebook-Account gegenüber ihren Freunden gepostet: "Boah kotzen die mich an von O2, da sperren sie einfach das Handy, obwohl man schon bezahlt hat….und dann behaupten die es wären keine Zahlungen da. Solche Penner…Naja ab nächsten Monat hab ich einen neuen Anbieter." O2 erfuhr sehr schnell von dieser Äußerung und beschwerte sich bei dem Arbeitgeber über den diffamierenden Eintrag. Ein klarer Fall für eine Kündigung, meinte dieser.

Da die junge Frau jedoch wegen ihrer Schwangerschaft unter besonderem Kündigungsschutz stand, musste der Arbeitgeber die Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes zu der Kündigung einholen. Das Amt ließ die Kündigung per Bescheid zu. Hiergegen ging die Sicherheitsmitarbeiterin gerichtlich vor.

Der VGH München gewährte ihr nun zunächst Prozesskostenhilfe (Beschl. v. 29.02.2012, Az. AN 14 K 11.02132). Das Gericht wies darauf hin, dass sich die Frau über die Firma O2 im Rahmen der Abwicklung ihres privaten Handyvertrages geäußert habe. Ihr Eintrag wäre noch vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt.  Vor allem stellte der VGH jedoch darauf ab, dass es darauf ankomme, unter welcher Privatsphäreeinstellung das posting erfolge. Wenn ein posting nur im Facebook-Freundeskreis erfolge, könne der Nutzer darauf vertrauen, dass es vertraulich bleibt.

Azubi-Artenschutz auch im Internet

Wenig später hatte das Arbeitsgericht Bochum über die fristlose Kündigung eines Auszubildenden wegen eines verunglimpfenden Facebook-Eintrags zu entscheiden. Der 27-Jährige hatte auf seinem privaten Facebook-Profil unter "Arbeitgeber" eingetragen: "Arbeitgeber:  menschenschinder & ausbeuter. Leibeigener- Bochum. dämliche scheisse für mindestlohn -20% erledigen".

Das Arbeitsgericht Bochum hielt die Kündigung für unwirksam. Zwar handele es sich eindeutig um Beleidigungen, aber das Gericht erinnerte daran, dass ein Ausbildungsverhältnis und kein Arbeitsverhältnis vorliegt. In einem Ausbildungsverhältnis bestünde die Pflicht des Arbeitgebers zur Förderung der geistigen und charakterlichen Entwicklung des Azubis. Der Chef hätte daher erst einmal zu einer Abmahnung greifen müssen, um den jungen Mann wieder auf Linie zu bringen (Urt. v. 29.03.2012, Az. 3 Ca 1203/11).

Nicht nur im Süden und Westen, auch im Osten der Republik beschäftigen unbedachte Facebook-Posts die Arbeitsgerichte. Die Abteilungsdirektorin einer Sparkasse in Wittenberg erhielt die fristlose Kündigung. Grund war eine Beleidigung des Vorstands auf Facebook. Der Ehemann der Angestellten hatte über die Chefs auf Facebook gepostet: "Irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger". Außerdem hatte er eine Fischdarstellung mit Sparkassenlogo veröffentlicht und daneben geschrieben: "Unser Fisch stinkt vom Kopf". Zu dem Kommentar gab es ein "Gefällt mir" mit dem Namen seiner Frau.

Pöbelei auf enge Freunde begrenzen

Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau sah die daraufhin von der Sparkasse ausgesprochene fristlose Kündigung als unwirksam an. Die sächsische Bank habe nicht beweisen können, dass die Angestellte den "Gefällt mir" Button selbst gedrückt habe. Außerdem meinte das Gericht, nach 25 Jahren Beschäftigungsdauer dürfe man einen solchen einmaligen Verstoß nicht so eng sehen, zumal die Parteien bereits vor dem Vorfall einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und das Arbeitsverhältnis ohnehin sechs Monate später geendet hätte (Urt. v. 21.03.2012, Az. 1 Ca 148/11).

Die Arbeitsgerichte haben damit auf den ersten Blick drei arbeitnehmerfreundliche Entscheidungen getroffen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zwei der Beschäftigten einem besonderen Kündigungsschutz unterlagen und das dritte Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag bereits vor der Beendigung stand.

Interessant ist deshalb allein die Auffassung des VGH München, wonach bei einer negativen Äußerung zu berücksichtigen ist, an welchen Kreis sie auf Facebook gerichtet ist. Wer also einen Eintrag öffentlich stellt, muss sich eher Sorgen um seinen Job machen als derjenige, der sein Posting auf enge Freunde begrenzt. Für die Arbeitnehmer bedeutet das, dass sie bei kritischen Äußerungen über ihren Arbeitgeber genau darauf achten müssen, die richtige Einstellung bei Facebook vorzunehmen. Sonst wird bald ein anderer an ihrer Stelle eingestellt.

Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.

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Christian Oberwetter, Kündigung wegen Facebook Post: Besser privat pöbeln . In: Legal Tribune Online, 03.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6765/ (abgerufen am: 26.03.2023 )

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