Gemeinnützigkeit, Entfernungspauschale, steuermindernde Prozesskosten und gewerbesteuerpflichtige Datenschutzbeauftragte: Der BFH hat in diesem Jahr einige Urteile gefällt, die nicht nur Steuerrechtler:innen kennen sollten.
Halber Weg, halbe Entfernungspauschale
Damit Arbeitnehmer bei der Steuererklärung die volle Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anrechnen lassen kann, müssen sie auch wirklich beide Wege zurückgelegt haben. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in München im Fall eines Flugbegleiters entschieden (Urt. v. 12.02.2020, Az. VI R 42/17).
Der Mann war an 31 Tagen mit seinem Auto von seiner Wohnung zum 271 Kilometer entfernten Flughafen gefahren, aber erst nach einem oder mehreren weiteren Arbeitstagen wieder nach Hause zurückgefahren. In diesen Fällen machte er sowohl für die Hin- als auch für die Rückfahrt die volle Entfernungspauschale von 30 Cent als Werbungskosten geltend.
Das geht nicht, stellte der BFH klar. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, die die Wege zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte an unterschiedlichen Arbeitstagen zurücklegt, kann die Entfernungspauschale für den jeweiligen Arbeitstag nur zur Hälfte, also in Höhe von 15 Cent pro Entfernungskilometer, geltend machen. Die Entfernungspauschale von 30 Cent je Kilometer gilt für Hin- und Rückweg, so der BFH.
Wer als externer Datenschutzbeauftragter arbeitet, ist gewerbesteuerpflichtig
Eine unerfreuliche Entscheidung für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die auch als externe Datenschutzbeauftragte tätig sind, hat der BFH im Januar gefällt (Urt. v. 14.01.2020, Az. VIII R 27/17). Externe Datenschutzbeauftragte sind als gewerbliche Unternehmer einzustufen - damit sind sie gewerbesteuerpflichtig und, sofern sie bestimmte Gewinngrenzen überschreiten, auch buchführungspflichtig.
Geklagt hatte ein selbstständiger Rechtsanwalt, der im Bereich des IT-Rechts tätig ist und nebenbei externer Datenschutzbeauftragter für verschiedene größere Unternehmen war. Das Finanzamt stufte diese Tätigkeit als gewerblich ein, setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Anwalt gem. § 141 Abgabenordnung (AO) auf, künftig Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen.
Der Anwalt erhob Einspruch und klagte vor dem Finanzgericht - ohne Erfolg. Auch beim BFH unterlag er. Als Datenschutzbeauftragter übe der Mann keine dem Beruf des Rechtsanwaltes vorbehaltene Tätigkeit aus, so die Münchener Richter. Vielmehr werde er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig.
Datenschutzbeauftragte beraten interdisziplinär und müssen neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Kenntnisse in Bereichen wie Informations- und Kommunikationstechnik und Betriebswirtschaft haben. Eine spezifische akademische Ausbildung müssen sie dabei aber – anders als die Rechtsanwälte - nicht nachweisen. Daher sei der Anwalt als Datenschutzbeauftragter auch nicht in einem dem Rechtsanwalt ähnlichen Beruf tätig.
Der Beruf des Datenschutzbeauftragten ist laut BFH zudem keine selbstständige Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommenssteuergesetz (EstG). Es fehle an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen wie Ärzte, Notare, Architekten oder Übersetzer.
Auch eine erfolglose Klage kann die Steuer mindern
Ein Erbe kann die Kosten eines Zivilprozesses, in dem er vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, von der Erbschaftsteuer abziehen. Das gilt auch, wenn er den Prozess verloren hat, entschied der BFH in einem im Mai veröffentlichten Urteil (Urt. v. 06.11.2019, Az. II R 29/16). Dass damit eine Erbschaft im Ergebnis steuerfrei werden kann, steht dem nicht entgegen.
In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte ein 1999 verstorbener Mann seine Porzellansammlung vier Jahre vor seinem Tod einem städtischen Museum geschenkt. Seine Erben forderten später die Rückgabe der Sammlung. Der Erblasser sei bei der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen, behaupteten sie. Ihre Klage und die eingelegten Rechtsmittel waren jedoch erfolglos, und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten diese daher bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd geltend.
Das geht in Ordnung, urteilte der BFH. Die obersten Steuerrichter begründeten das mit Verweis auf § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u.a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Das können laut Gericht auch Kosten sein, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Grundsätzlich also sind die vergeblich aufgewendeten Prozesskosten abzugsfähig, sie müssen aber im Einzelnen nachgewiesen werden. Das gleiche gelte für die Kosten für die anwaltliche Vertretung, so der BFH.
Steuerpflichtiger Ticketverkauf
Schlechte Nachrichten für Fußballfans: Wer Tickets für das Finale der UEFA Champions League ergattert hat, aber weiterverkaufen muss, weil er verhindert ist, der muss den Gewinn versteuern, so der BFH in einem im April veröffentlichten Urteil (Urt. v. 29.10.2019; Az. IX R 10/18).
Ein Fußballfan aus Baden-Württemberg hatte im Jahr 2015 für 330 Euro zwei Tickets für das Champions-League-Finale in Berlin zwischen Juventus Turin und dem FC Barcelona gekauft. Der Mann wollte das Spiel ursprünglich mit seinem Sohn besuchen. Weil das aber nicht klappte, verkaufte er die Tickets weiter - für mehr als 2.900 Euro, also fast das Neunfache des Kaufpreises.
Der Mann gab dieses profitable Geschäft in seiner Steuererklärung an, und das Finanzamt setzte auf den Gewinn in Höhe von exakt 2.577 Euro Einkommensteuer an. Zu Recht, so der BFH. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen der Einkommensteuer, ausgenommen sind "Gegenstände des täglichen Gebrauchs". Fußballtickets für die Finalspiele der Champions League gehören laut Urteil aber nicht dazu.
Zu hohes Gehalt: Keine Gemeinnützigkeit
Ein Urteil, das sich gemeinnützige Körperschaften besonders genau ansehen sollten, fällte der BFH im März 2020. Denn die Gemeinnützigkeit kann ihnen entzogen werden, wenn sie ihrer Geschäftsführung unverhältnismäßig hohe Vergütungen zahlen – weil dies eine Fehlverwendung der Mittel sein kann (Urt. v. 12.03.2020, Az. V R 5/17).
Nach dem Urteil hatte eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) einem als Geschäftsführer angestellten Sozialarbeiter recht hohe Bezüge gezahlt: Im Jahr 2010 waren es einschließlich Altersvorsorge gut 283.000 Euro. Das Finanzamt versagte der gGmbH die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 bis 2010, was das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern und im Wesentlichen auch der BFH bestätigten. Die Revision der gGmbH war nur in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil in diesen Jahren die Angemessenheitsgrenze nur wenig überschritten wurde.
In seiner Entscheidung machte der BFH auch Angaben dazu, wann eine Vergütung unangemessen ist. Dies muss im Einzelfall über einen sogenannten Fremdvergleich ermittelt werden, teilte das Gericht mit. Ein Vergleich mit den Gehältern anderer Geschäftsführer zeige, ob eine gemeinnützige Einrichtung zu hohe Gehälter zahle. Ein "Abschlag" für Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen müsse dabei nicht vorgenommen werden, erklärten die obersten Steuerrichter. Unangemessen sind laut BFH Bezüge, die den oberen Rand der Bandbreite um mehr als 20 Prozent übersteigen.
Der Entzug der Gemeinnützigkeit ist allerdings nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht bloß um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.
Sollte man kennen: 5 wichtige BFH-Urteile aus 2020 . In: Legal Tribune Online, 01.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43861/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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