Das OVG Münster schützt Autofahrer vor Bloßstellung im Internet. Außerdem in der Presseschau: LG Bonn verurteilt Vergewaltiger, OVG Berlin lehnt Jungenquote ab, Europarat macht Druck zur Umsetzung von EGMR-Entscheidung.
Thema des Tages
OVG NRW zu Verkehrspranger: Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat eine Anordnung der Datenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen gebilligt, mit der das Portal www.fahrerbewertung.de entschärft werden soll. Auf dieser Webseite kann jeder einen Autofahrer unter Angabe des Kfz-Kennzeichens bewerten und auch entsprechende Bewertungen einsehen. Dies solle Autofahrer zur Selbstreflexion anhalten. Die Datenschutzbeauftragte forderte jedoch eine Umgestaltung des Portals. Nur der Kfz-Halter solle die zu seinem Fahrzeug abgegebenen Bewertungen einsehen können, nicht jeder Interessierte. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen billigte die Anordnung. Schließlich seien missbräuchlich falsche Bewertungen zu erwarten, diese könnnten zu Reputationsschäden führen. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch), die FAZ (Reiner Burger) und lto.de.
Rechtspolitik
E-Privacy: Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hat mit knapper Mehrheit seine Position zum Kommissionsvorschlag für eine E-Privacy-Verordnung festgelegt. Dabei haben sich datenschutz- und privacy-freundliche Positionen gegen die Interessen der Werbewirtschaft durchgesetzt, beschreibt netzpolitik.org (Ingo Dachwitz). Die Reform soll zum Beispiel regeln, wann Kommunikationsdaten ohne Zustimmung der Nutzer kommerziell verwertet werden dürfen. Die noch ausstehende Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments ist dann Grundlage für den sogenannten Trilog mit Rat und Kommission.
StVO: spiegel.de gibt einen Überblick über Änderungen der Straßenverkehrsordnung, die jetzt in Kraft traten. So wurden Bußgelder für den Handy-Gebrauch am Steuer erhöht, ebenso für Autofahrer, die im Stau keine Rettungsgasse bilden. Autofahrer dürfen künftig zudem ihr Gesicht nicht mehr verdecken oder verhüllen.
Geldanlagen: Ab dem kommenden Jahr müssen Banken die Beratung von Kunden über Geldanlagen aufzeichnen und die Aufnahmen den Kunden auf Wunsch aushändigen. So soll sichergestellt werden, dass Kunden über die Risiken ausreichend aufgeklärt werden. Die von der SZ (Markus Zydra) vorgestellten Änderungen setzen die EU-Wertpapier-Richtlinie "Markets in Financial Instruments Directive II" (MiFID-II) um. Ein weiteres Ziel ist Transparenz bei Kosten und Provisionen.
Justiz
BVerfG zu katholischer Schule: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines muslimischen Jungen abgelehnt, der nicht in eine nahe gelegene katholische Schule aufgenommen wurde, u.a. weil er nicht den katholischen Religionsunterricht besuchen wollte. Das Gericht hielt die Klage für unsubstantiiert, weil sie sich nicht ausreichend mit dem in Artikel 7 Abs. 5 Grundgesetz statuierten Grundrecht auf Gründung von Privatschulen auseinandergesetzt habe, berichtet bayrvr.de (Klaus Kohnen).
LG Bonn zu Vergewaltigung: Das Landgericht Bonn hat einen abgelehnten Asylbewerber aus Ghana wegen schwerer Vergewaltigung zu elfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Opfer war eine Studentin, die mit ihrem Freund in der Bonner Siegaue gezeltet hatte, Der Angeklagte wurde u.a. durch DNA-Spuren überführt, bestritt die Tat jedoch und beschimpfte das Opfer, berichten spiegel.de (Christian Parth) und FAZ (Reiner Burger).
OVG Berlin-Bbg. zu Jungenquote: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hält laut lto.de eine Geschlechterquote in der Berliner Rechtsverordnung über die Aufnahme an Schulen besonderer pädagogischer Prägung für verfassungswidrig und deshalb unanwendbar. Außerdem fehle eine entsprechende Verordnungsermächtigung im Berliner Schulgesetz. Die Mindestquote von einem Drittel sollte den koedukativen Charakter des Unterrichts sicherstellen, auch wenn Mädchen wegen ihrer besseren Schulnoten im Auswahlverfahren größere Chancen haben.
BGH zu Pferdemangel: Rechtsprofessor Roland Schimmel beschreibt auf lto.de eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Mittwoch. Der BGH hält an seiner Rechtsprechung fest, dass ein von der Norm abweichender Röntgenbefund bei einem Tier noch kein Sachmangel sei. Ein Sachmangel könnten aber die "Rittigkeitsprobleme" des Pferdes sein. Die Beweislastumkehr nach § 476 Bürgerliches Gesetzbuch komme hier jedoch nicht zum Tragen, weil der Verkäufer, ein Reitlehrer, kein "Unternehmer" im Sinne des Gesetzes sei.
BVerwG zu Ferienwohnungen: Der Anwalt Johannes Grüner analysiert auf lto.de ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Mittwoch. Danach dürfen Kommunen in Bebauungsplänen ein bestimmtes Mischverhältnis von Ferien- und Dauerwohnungen vorschreiben, um sogenannte Rollladensiedlungen zu vermeiden. Das Urteil erging noch zur alten Rechtslage, vor Einfügung von § 13a in die Baunutzungsverordnung, mit der der Gesetzgeber den Kommunen helfen wollte.
BGH zu "Ritter Sport": Nun berichtet auch der Anwalt Ingo Jung auf lto.de über die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Mittwoch, wonach quadratische Schokoladentafeln als dreidimensionale Marke geschützt werden können, weil die Form nicht durch die Art der Ware bedingt ist.
LG Nürnberg/Fürth – Reichsbürger I: Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess gegen den sogenannten Reichsbürger Wolfgang P., der einen Polizisten erschossen hat, lebenslange Freiheitsstrafe und Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. P. behauptet, er habe den Polizeieinsatz für einen Überfall gehalten. Das Urteil soll am Montag verkündet werden, so spiegel.de.
LG Halle – Reichsbürger II: Der Prozess gegen den mutmaßlichen Reichsbürger Adrian Ursache wird ohne den Angeklagten fortgeführt, meldet lto.de. Ursache hatte zuvor zum wiederholten Male einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt. Ursache ist wegen versuchten Mordes an einem Polizisten angeklagt.
EuGH – Flugverspätung: Fluggäste können auch dann in Deutschland gegen eine spanische Fluggesellschaft auf Ausgleichszahlung für eine Verspätung klagen, wenn die spanische Fluggesellschaft nur eine erste Teilstrecke innerhalb Spaniens abwickelte. Entscheidend sei, dass deren Verspätung zu einer verspäteten Ankunft auf der letzten Teilstrecke nach Deutschland führte. So argumentierte Generalanwalt Michal Bobek laut lto.de in seinem Schlussantrag. Auf einen direkten Vertrag zwischen den Fluggästen und der spanischen Fluggesellschaft komme es nicht an.
Recht in der Welt
Europarat – EGMR/Aserbaidschan: Das Ministerkomitee des Europarats wird am 25. Oktober voraussichtlich zum ersten Mal das Verfahren nach Artikel 46 Abs. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Gang setzen, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch). Danach kann das Ministerkomitee mit Zweidrittel-Mehrheit feststellen, dass ein Staat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht umsetzt, was letztlich zum Ausschluss führen könnte. Konkret geht es um die Inhaftierung des Oppositionsführers Ilgar Mammadov in Aserbaidschan. Der EGMR hatte 2014 entschieden, dass Mammadov zu Unrecht im Gefängnis sitzt.
Spanien – Katalonien: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy will am Samstag Artikel 155 der spanischen Verfassung aktivieren, um gegen eine mögliche Sezession Kataloniens vorzugehen. spiegel.de stellt diesen Verfassungsartikel vor.
USA – Trump: In New York hat sich ein Gericht mit der Frage befasst, ob US-Präsident Donald Trump die US-Verfassung bricht, wenn Staatsgäste in Trump-Hotels übernachten und seine Unternehmen damit Zahlungen von ausländischen Regierungen erhalten. Geklagt hatte laut spiegel.de eine NGO. Ähnliche Klagen von Bundesstaaten sind ebenfalls anhängig.
Tunesien – Eherecht: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Julius Dihstelhoff und Matthias Friehe stellen auf juwiss.de das reformierte tunesische Eherecht vor, das zum Beispiel muslimischen Frauen erstmals die Heirat von Nicht-Muslimen ermöglicht. Sie würdigen Tunesiens "Vorreiterrolle unter den islamisch geprägten Staaten".
Österreich – Verhüllungsverbot: Die österreichische Polizei verhängte gegen eine Frau, die einen hohen Schal trug, eine Geldstrafe von 50 Euro, meldet lto.de. Die Sanktion beruht auf dem Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, das Anfang Oktober in Kraft trat. Eigentlich wollte die Polizei mit der Frau nur ein Informationsgespräch führen, doch habe sich diese provokant verhalten.
Sonstiges
Diesel-Skandal und Leasing: Die FAZ (Christian Siedenbiedel) macht darauf aufmerksam, dass die Nutzer von geleasten VW-Diesel-Fahrzeugen Probleme bekommen können, wenn sie einen sogenannten Restwertvertrag abgeschlossen haben. Mit einem derartigen Vertrag verpflichte sich der Leasingnehmer, bei der Rückgabe des Wagens die Differenz zwischen kalkuliertem und tatsächlichem Zeitwert des Wagens an die Leasinggesellschaft zu zahlen.Welcher Wertverlust bei Diesel-Pkw droht, ist noch umstritten.
Glyphosat-Experte: Ein sachverständiger Gegner des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, der von der Industrie bezahlte Wissenschaftler kritisierte, erhielt selbst 160.000 Euro von US-Anwaltsfirmen, die gegen Glyphosat klagen. Den daraus entstehenden Disput schildert die taz (Jost Maurin).
Ankunftszentrum: Die BadZ (Christian Rath) schildert die Funktionsweise des Ankunftszentrums Heidelberg und erklärt, dass dieses zu Unrecht von der Unionsspitze als "Vorbild" für die geplanten "Entscheidungs- und Rückführungszentren" genannt werde. Erläutert wird zudem, welche Möglichkeiten es im Asylgesetz heute schon gibt, abgelehnte Asylantragsteller in zentralen Einrichtungen zu belassen und nicht auf die Kommunen zu verteilen.
Das Letzte zum Schluss
Hund gefeuert: Der US-Geheimdienst CIA hat die als Bombenspürhund ausgebildete Hündin Lulu entlassen, weil sie keine Lust hatte, Bomben zu suchen. Doch Lulu hatte Glück, ihr Hundeführer nahm sie als Haushund auf und sie darf jetzt mit seinen Kindern spielen, meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 20. Oktober 2017: Pranger für Autofahrer entschärft / Siegaue-Vergewaltiger verurteilt / Aserbaidschan soll Urteil umsetzen . In: Legal Tribune Online, 20.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25137/ (abgerufen am: 03.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag