Wer aufgrund von Verkehrsverstößen acht Punkte in Flensburg erhalten hat, verliert die Fahrerlaubnis. Ob der Fahrer vor dem letzten Verkehrsverstoß für frühere Verstöße ermahnt wurde, hält das VG Koblenz für unbeachtlich.
Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz lehnte einen Eilantrag gegen den Entzug einer Fahrerlaubnis aufgrund der Überschreitung der Flensburger "Höchstpunktzahl" von acht Punkten ab (Beschl. v. 19.07.2023, Az. 4 L577/23.KO). Die Behörde habe dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen, so das Gericht.
Der Antragsteller habe zum Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung die Grenze von acht Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem – wie das Flensburger Punktesystem offiziell heißt – erreicht. Für diesen Fall sehe das Gesetz den Entzug der Fahrerlaubnis vor. Die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems habe der Mann ordnungsgemäß durchlaufen.
Das Punkte- und Maßnahmensystem ist in § 4 Abs. 5 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt und kennt für Punktesammler folgende Eskalationsstufen: Vier oder fünf Punkte führen zur schriftlichen Ermahnung (Nr. 1), sechs oder sieben zur schriftlichen Verwarnung (Nr. 2). Ab acht Punkten – die der Mann hier erreicht hatte – "gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen" (Nr. 3).
Tatsächlich hatte der Berufskraftfahrer zunächst alle Verkehrsverstöße begangen, die in Summe zu den acht Punkten geführt hatten, bevor eine erste Ermahnung bei ihm einging. Erst nachdem er mehrmals zu schnell gefahren war und einmal falsch überholt hatte, wurde er entsprechend dem Stufensystem ermahnt und verwarnt. Daher hatte er vor Gericht vorgebracht, dass ihm vor dem Entzug der Fahrerlaubnis keine Möglichkeit gegeben worden sei, sein Verhalten zu ändern.
Punkteberechnung hat keine Erziehungsfunktion
Mit dieser Argumentation konnte der Mann die Koblenzer Richter nicht überzeugen. Es sei unbeachtlich, dass der Fahrer die zum Fahrerlaubnisentzug berechtigenden Verstöße bereits vor der Ermahnung und Verwarnung durch die Fahrerlaubnisbehörde begangen habe. Insoweit komme der Verkehrssicherheit ein höheres Gewicht zu als der Erziehungsfunktion. Das Gericht begründet dies zudem mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 StVG: Demnach würden Zuwiderhandlungen gegen die Verkehrsregeln bei der Berechnung des Punktestandes unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden seien.
Das solle die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, bei dieser Maßnahme aber noch nicht habe verwertet werden können, zum Beispiel weil die Behörde erst später davon erfahren hat. Dem Gericht zufolge kommt es somit nicht darauf an, ob die Maßnahmen dem Antragsteller die Möglichkeit einer Verhaltensänderung effektiv eröffnet hätten. Dem Fahrer müsse nicht durch rechtzeitige Ermahnung und Verwarnung die Möglichkeit zur Besserung vor dem Entzug der Fahrerlaubnis gegeben werden.
Dass der Berufskraftfahrer infolge des Fahrerlaubnisentzugs auch sein Arbeitsverhältnis verloren habe, sei eine hinzunehmende Härte, so das Gericht. Insgesamt sei der Schutz anderer Verkehrsteilnehmer vor einem ungeeigneten Fahrer höher zu gewichten.
lfo/mk/LTO-Redaktion
VG Koblenz zum Flensburger Punktesystem: . In: Legal Tribune Online, 26.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52345 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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