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Verkaufte Examenslösungen in Niedersachsen: Acht ehe­ma­lige Refe­ren­dare ange­klagt

15.09.2015

Akte der Staatsanwaltschaft und StGB-Kommentar

© Gerhard Seybert - Fotolia.com

Nach Verurteilung des ehemaligen Richters Jörg L. müssen sich seine mutmaßlichen Kunden vor Gericht verteidigen. Die Staatsanwaltschaft Verden hat acht Juristen angeklagt, die als Referendare Klausurlösungen von L. erhalten haben sollen.

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Der niedersächsische Justizskandal um verkaufte Examensklausuren wird weiter juristisch aufgearbeitet. Nachdem im Februar dieses Jahres der einstige Referatsleiter des Niedersächsischen Justizprüfungsamtes (JPA) Jörg L. wegen Bestechlichkeit, Nötigung und Verrats von Dienstgeheimnissen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, werden sich demnächst die ersten Abnehmer der angebotenen Lösungen vor Gericht verantworten müssen.

Die Staatsanwaltschaft Verden hat am Dienstag die Klageerhebung gegen acht ehemalige Referendare bestätigt - sieben davon vor dem Amtsgericht (AG) Celle, eine vor dem AG Lüneburg. Da bei der Ermittlungsbehörde in Verden die Zentralstelle für die Bekämpfung von Korruption angesiedelt ist, ist sie für die strafrechtliche Aufarbeitung des Skandals zuständig.

Bestechung und Beihilfe zum Geheimnisverrat

Gegenüber vier der acht Absolventen lautet der Vorwurf auf Bestechung, die Übrigen sind wegen Beihilfe bzw. Anstiftung zum Geheimnisverrats angeklagt. In ihren Fällen habe man eine konkrete Gegenleistung für die Aushändigung der Klausuren bzw. Lösungen nicht ermitteln können, teilte die Staatsanwaltschaft gegenüber LTO mit.

Jörg L. hatte im Rahmen seines Prozesses vor dem Landgericht (LG) Lüneburg eingeräumt, Referendaren Lösungen für das Zweite Staatsexamen verkauft oder teilweise auch nur angeboten zu haben. Insgesamt flossen nach den Feststellungen des Gerichts 5.000 Euro in die Tasche des einstigen Referatsleiters. Er soll sich aber auch sexuelle Beziehungen versprochen haben. Ein intimes Verhältnis mit einer Referendarin hatte er selbst eingeräumt. Den Kandidaten habe er nach eigener Aussage lediglich helfen wollen. Manchen von ihnen soll er allerdings Anzeigen wegen übler Nachrede und Verleumdung angedroht haben, falls sie ihn verraten würden, hatten Zeugen berichtet.

Erster Prozesstermin bekannt

Wann es zu Prozessen gegen die acht Angeklagten kommt, ist noch weitgehend ungewiss. Nur in einem Fall wurde bereits terminiert, so ein Sprecher des AG Celle. Demnach wird sich ein Angeklagter schon am 8. Oktober verantworten müssen. Das AG Lüneburg hat am Dienstag lediglich den Eingang einer Anklage bestätigt. Gegen sieben weitere Juristen laufen derzeit noch Ermittlungen. In einem Fall habe man das Verfahren eingestellt, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft am Dienstag.

Die Anzahl der Verdächtigen deckt sich nahezu mit den Ergebnissen der Ermittlungen des Justizministeriums. Nach Bekanntwerden des Skandals hatte dieses die Klausuren von rund 2.000 Kandidaten seit 2011 einer umfassenden Prüfung unterzogen. Daraufhin wurden gegenüber 15 Absolventen Verfahren zur Aberkennung des Zweiten Staatsexamens eingeleitet. Wie das Ministerium auf Anfrage bestätigte, wehren sich derzeit noch sechs Betroffene gegen die Aberkennung vor den Verwaltungsgerichten. Die anderen hätten die Bescheide entweder gleich akzeptiert oder ihre Klage inzwischen zurückgenommen.

Mit Material von dpa

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Verkaufte Examenslösungen in Niedersachsen: Acht ehemalige Referendare angeklagt . In: Legal Tribune Online, 15.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16902/ (abgerufen am: 31.05.2023 )

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