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Sebastian Edathy auf der Bundespressekonferenz: "Ich habe einen hohen Preis bezahlt"

von Constantin Baron van Lijnden

18.12.2014

Sebastian Edathy wirkt nachdenklich und angespannt, während er auf der Bundespressekonferenz seine belastende Situation schildert.

Sebastian Edathy während der Pressekonferenz am 18.12. 2014 Foto: TOBIAS SCHWARZ / AFP

Lange Zeit war es still um ihn geworden, am Donnerstagvormittag stellte sich das ehemalige Bundestagsmitglied Sebastian Edathy der Öffentlichkeit auf der Bundespressekonferenz. Fragen zum gegen ihn laufenden Strafverfahren wollte er nicht beantworten, das Gericht habe aber eine Einstellung gegen Geldzahlung angeregt. Auf die teils sehr persönlichen Fragen der Reporter reagierte er scharf.

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Nachdem Sebastian Edathy über viele Monate hinweg im Ausland abgetaucht war, hat er sich am Donnerstagvormittag der Bundespressekoferenz gestellt. Details zu dem laufenden Strafverfahren gegen ihn wollte er zwar nicht preisgeben; er erklärte aber, dass das Gericht eine Einstellung gegen Geldzahlung angeregt habe und er dazu auch potentiell bereit sei. Dieser Darstellung widerspricht das zuständige Landgericht (LG) Verden jedoch nach einem Bericht der Welt. Danach sei die Verfahrenseinstellung lediglich eine Anregung von Edathys Verteidigern.

Edathy erklärte weiter, es sei "moralisch falsch" gewesen, Darstellungen Minderjähriger per Internet zu bestellen, "aber es war legal."

Er habe eine persönlich schwere Zeit durchgemacht, habe immer wieder Anfeindungen bis hin zu Todesdrohungen erhalten: "Ich bin in Deutschland verbrannt." Dabei solle das, was Menschen in ihrem Privatleben tun, eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gezerrt werden, so lange es legal sei. Auf die Frage eines Reporters, ob er pädophil sei, entgegnete Edathy: "Wissen Sie, das geht Sie einfach nichts an."

Edathy erklärte zudem, dass sein Parteifreund Michael Hartmann ihn Ende 2013 über die laufenden Ermittlungen informiert habe. Das sei für ihn eine schwere Zeit gewesen, in der er "das ein oder andere Mal" zu viel getrunken habe. Als er Mitte Dezember 2013 bei einem Zählappel der Fraktion nicht anwesend gewesen sei, habe Parteikollege Thomas Oppermann zu Hartmann gesagt: "Wie kommunizieren wir das eigentlich, wenn Sebastian sich umgebracht hat?"

Den laufenden Untersuchungsausschuss, der die zahlreichen im Zuge der Affäre lautgewordenen Fragen klären soll, will Edathy unterstützen.

Kurze Chronik des Geschehenen

Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Edathy, damals noch SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses, wegen des Verdachts auf Bezug von kinderpornographischem Material ermittelt. Edathys Wohnung und Büroräume wurden durchsucht, in der Welle der öffentlichen Empörung war der Politiker bald gezwungen, seine Ämter niederzulegen – obwohl keine eindeutig kinderpornographischen Medien auf seinen Rechnern entdeckt werden konnten und Experten sein Verhalten bereits frühzeitig als nicht strafbar eingeschätzt hatten. Eine deshalb später von Edathy erhobene Verfassungsbeschwerde blieb indes erfolglos.

In der Folge des Eklats wurde bekannt, dass der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich frühzeitig über den Verdacht gegen Edathy informiert war, und seinerseits SPD-Chef Sigmar Gabriel ins Vertrauen gezogen hatte. Friedrich stürzte über die Affäre, ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats wurde jedoch später eingestellt. Im Zuge der Aufarbeitung der Geschehnisse wurden zahlreiche weitere Fragen laut, die letztlich zur Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses führten. Dieser spürt insbesondere der Frage nach, wer zu welchem Zeitpunkt über den Verdacht gegen Edathy informiert war, und ob er frühzeitig gewarnt wurde. Dabei geht es auch um die mögliche Weitergabe von Informationen durch Ex-BKA-Chef Jörg Ziercke.

Parallel dazu, und offenkundig durch die Edathy-Affäre angestoßen, machte Bundesjustizminister Heiko Maas sich an den Entwurf eines schärferen Sexualstrafrechts, das insbesondere auch nicht explizit sexuelle Nacktdarstellungen von Kindern pönalisieren sollte. Frühere und spätere Entwürfe stießen auf heftige Kritik von Experten, die die Reform als wenig zielführend und zugleich zu weitgehend bezeichneten. Inzwischen hat sie in einer abgemilderten Form den Rechtsausschuss passiert.

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Constantin Baron van Lijnden, Sebastian Edathy auf der Bundespressekonferenz: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14159 (abgerufen am: 13.11.2025 )

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