Ein von Flüchtlingsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und der Interessenvertretung der Deutschen Anwaltschaft in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten hat bestätigt, dass deutsche Asylgesetze europäischen Grundrechten widersprechen. Gemeinsam fordern diese die Bundesregierung nun auf, die Asylgesetzgebung in Deutschland umgehend zu ändern.
Nach einer Pressemitteilung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) vom Mittwoch kommt das Gutachten von Dr. Reinhard Marx zu dem Ergebnis, dass der deutsche Gesetzgeber gewährleisten muss, dass Schutzsuchenden gegen ihre Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat effektiver Rechtsschutz gewährt wird. Ein blindes Vertrauen, dass die Menschenrechte von Asylsuchenden in anderen Mitgliedstaaten beachtet werden, stehe nicht im Einklang mit EU-Recht.
Bislang habe die Bundesregierung diesen Verbesserungsbedarf im Dublin-Verfahren zurückgewiesen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verpflichte die Mitgliedstaaten jedoch, sowohl die Aufnahmebedingungen als auch das Asylverfahren im anderen Mitgliedstaat zu überprüfen, wenn vorgetragen wird, dass dort "systemische Mängel" vorliegen. In einem solchen Fall habe die Abschiebung zu unterbleiben; dies müsse notfalls auch gerichtlich durchsetzbar sein.
Für Deutschland führt das Urteil des EuGH zu weitreichendem gesetzgeberischen Änderungsbedarf, so der DAV. Denn derzeit werde es Asylsuchenden per Gesetz verwehrt, sich gegen ihre drohende Abschiebung in einem Eilverfahren zur Wehr zu setzen.
In einem gemeinsamen Schreiben haben sich die Organisationen und Verbände, die das Gutachten in Auftrag gegeben haben, an Bundesinnenminister Dr. Friedrich und Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger gewandt und einen besseren Rechtsschutz für Asylsuchende gegen Abschiebungen in andere EU-Staaten gefordert.
DAV/tko/LTO-Redaktion
Rechtsgutachten zur Asylgesetzgebung: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5718 (abgerufen am: 13.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag