Druckversion
Montag, 12.05.2025, 17:10 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/olg-hamm-22u3321-klassenfahrt-corona-abgesagt-reise-storniert-erstattung-rueckzahlung
Fenster schließen
Artikel drucken
45999

OLG Hamm zu wegen Corona abgesagter Klassenfahrt: Rei­se­ver­an­stal­terin muss Kosten erstatten

13.09.2021

Kinder winken aus dem Fenster eines Schulbusses

(c) Viktoriia/stock.adobe.com

Eigentlich sollte es für eine Klasse aus Niedersachsen Mitte März 2020 nach Liverpool gehen. Als dann aber das Coronavirus bekannt wurde, stornierte die Lehrerin die Fahrt. Reiseveranstalterin und Schulträgerin streiten nun um die Kosten.

Anzeige

Die Kosten für eine Klassenfahrt, die wegen einer akuten Pandemielage im Reiseland abgesagt wurde, sind entschädigungslos zu erstatten. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 30. August 2021, geht aus einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung hervor (Urt. v. 30.08.2021, Az. 22 U 33/21).

Eine Klasse einer Schule in Niedersachsen hatte für März 2020 eine Klassenfahrt geplant. Die Lehrerin hatte bei einer Reiseveranstalterin eine einwöchige Reise nach Liverpool gebucht. Dafür stellte die Reiseveranstalterin einen Betrag in Höhe von 10.000 Euro in Rechnung, den die Schulträgerin, eine Stiftung, zahlte.

Als sich dann jedoch das Coronavirus auch in Europa immer stärker verbreitete und die gesundheitlichen Folgen und Risiken bekannt wurden, stornierte die Lehrerin die Reise kurz vor der geplanten Abfahrt am 12. März 2020. Die Reiseveranstalterin erstattete allerdings nur knapp 1.000 Euro des gezahlten Betrages.

LG Detmold: Vertragspartner sind nur die Schülerinnen und Schüler

Dagegen klagte die Stiftung. Sie forderte die Rückzahlung des Restbetrags von 9.000 Euro. Sie sei nämlich zum entschädigungslosen Reiserücktritt berechtigt gewesen, da zum Zeitpunkt der Stornierung in England wegen der Coronapandemie "außergewöhnliche Umstände" im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB vorgelegen hätten.

Das Landgericht Detmold wies die Klage jedoch ab (Urt. v. 01.02.2021, Az. 01 O 153/20). Das Gericht begründete die Entscheidung damit, die Stiftung selbst könne keine Rückzahlung des Betrages verlangen. Vertragspartner seien nämlich nur die für die Klassenfahrt angemeldeten Schülerinnen und Schüler selbst geworden. Sie seien bei Vertragsschluss durch die Lehrerin vertreten worden.

OLG gibt Stiftung Recht

Dieser Argumentation folgte das OLG nun jedoch nicht, sodass die Berufung ganz überwiegend Erfolg hatte. Zwischen der Stiftung und der Reiseveranstalterin sein ein Pauschalreisevertrag über eine Gruppenreise nach Liverpool zustande gekommen. Aus den Umständen der Vertragsabwicklung und der Korrespondenz sei aus Sicht der Reisveranstalterin deutlich geworden, dass die Lehrerin die Buchung nicht im Namen der Schülerinnen und Schüler oder ihrer Erziehungsberechtigten abgeschlossen habe. Vielmehr habe sie im Namen der Schule und damit der Schulträgerin, also der Stiftung, gehandelt.

Darüber hinaus hat der 22. Zivilsenat des OLG entschieden, dass die Reiseveranstalterin den vollen Reisepreis an die Stiftung zurückzahlen müsse. Die Covid-19-Pandemie habe eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB dargestellt. In Liverpool bestand ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko, sodass ein konkretes Risiko für ernsthafte Gesundheitsschäden vorgelegen hätte. Zwar habe das Auswärtige Amt erst am 17. März 2020 eine Reisewarnung für Reisen ins Ausland ausgesprochen. Allerdings sei bereits am 12. März 2020, als die Lehrerin die Reise stornierte, bekannt gewesen, dass es sich beim Coronavirus um einen neuartigen Krankheitserreger handele. Dieser könne akute Atemwegserkrankungen hervorrufen, die im schlimmsten Fall tödlich enden könnten.

Gerade bei Schülerreisen bestehe nun die Erwartung der Erziehungsberechtigten, dass sich die Schülerinnen und Schüler in einem sicheren Umfeld bewegten. Das Risiko einer Coronainfektion sei aber bei einer Reise nach Liverpool deutlich höher gewesen als in Deutschland, wo bereits am 12. März 2020 auch Schuldschließungen konkret im Raume standen und am nächsten Tag beschlossen wurden.

ast/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

OLG Hamm zu wegen Corona abgesagter Klassenfahrt: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45999 (abgerufen am: 14.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Reiserecht
    • Coronavirus
    • Gesundheit
    • Kinder
    • Reise
    • Schulen
  • Gerichte
    • Oberlandesgericht Hamm
Ursula von der Leyen 14.05.2025
EU-Kommission

EuG gibt der New York Times Recht:

Von der Leyen darf "Pfizer­gate"-SMS nicht ein­fach zurück­halten

Milliardenschwere Impfstoff-Deals, SMS mit einem Konzernchef: Im Prozess um die Herausgabe von Ursula von der Leyens Textnachrichten gibt es ein Urteil aus Luxemburg. Wenn es keine wichtigen SMS geben sollte, müsse das gut begründet werden.

Artikel lesen
Gerhard Delling und Christina Block 13.05.2025
Sorgerecht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde im Sorgerechtsstreit:

Ste­ak­haus-Erbin Chris­tina Block unter­liegt auch vorm BVerfG

Die Erbin der Hamburger Steakhaus-Kette Block House Christina Block ist mittlerweile im Entführungskomplex ihrer Kinder selbst angeklagt. Vor dem BVerfG scheiterte sie nun mit ihrer Verfassungsbeschwerde.

Artikel lesen
Mann sitzt besorgt in seiner Wohnung 12.05.2025
Mietwohnung

BGH zu Härtefall nach Eigenbedarfskündigung:

Gesund­heits­zu­stand muss nicht zwin­gend mit ärzt­li­chem Attest belegt werden

Ein Mieter mit psychischen Beschwerden muss diese nicht mit einem fachärztlichen Attest belegen. Die Beurteilung seines Psychoanalytikers genügt, um einen Härtefall gegen die Eigenbedarfskündigung zu begründen, stellt der BGH klar.

Artikel lesen
Sonnenblume 30.04.2025
Unfallversicherung

LSG Sachsen-Anhalt zur Vorbereitung eines Referats:

Schüler beim Son­nen­blu­menpflü­cken nicht unfall­ver­si­chert

Für eine bessere Note will ein Schüler eine Blume pflücken. Dabei kommt es zu einem schweren Unfall. Wann er hierbei gesetzlich unfallversichert ist, entschied nun das LSG Sachsen-Anhalt.

Artikel lesen
"Arbeit macht Frei"-Toraufschrift im KZ Auschwitz 29.04.2025
Volksverhetzung

BGH bestätigt LG Köln:

Volks­­ver­­het­zungs-Urteil wegen "Impfen macht frei"-Post rechts­kräftig

Wer suggeriert, dass Impfgegner ähnliches Unrecht erlitten haben, wie Juden in der NS-Zeit, verharmlost den Holocaust – das ist strafbar, entschied nun auch der BGH.

Artikel lesen
Das Bild zeigt zwei Personen in eleganter Kleidung, posierend in einem stilvollen Raum mit Blumen und einer Aussicht. 25.04.2025
Strafprozess

Verdacht der Kindesentführung:

Anklage gegen Ste­ak­haus-Erbin Chris­tina Block und Mode­rator Ger­hard Del­ling

Ein Familien-Krimi: In der Silvesternacht 2023/24 wurden die Kinder der Unternehmerin Christina Block, Erbin der berühmten Steakhaus-Kette "Block House" entführt. Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft Anklage u.a. gegen die Mutter erhoben. 

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter & Re­fe­ren­da­re | Ar­beits­recht | Ber­lin, Frank­furt,...

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von CMS Deutschland
Re­fe­ren­da­riat

CMS Deutschland , Ber­lin

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Ju­ris­ti­sche Mit­ar­bei­ter & Re­fe­ren­da­re | Ar­beits­recht | Ber­lin, Frank­furt,...

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Frank­furt am Main

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Prak­ti­kan­ten

BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB , Mün­chen und 1 wei­te­re

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Karriere als Notar:in - Workshop der Bundesnotarkammer und der Notarkammer Koblenz

22.05.2025, Koblenz

Gesellschaftsrechtliche Gestaltung von Familienunternehmen

14.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Vermögensverwaltende Personengesellschaften

15.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH